Mein fünfter Brief an den Präsidenten des IOC
München, den 27.06.2011
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Rogge,
vor Kurzem habe ich Ihnen im Namen der olympiakritischen Plattform „NOlympia“ ein Schreiben zugesendet, in dem ich Sie über die schlechten Umfragewerte der deutschen Bewerbung, über die mangelnde Unterstützung der Bewerbung durch die deutsche Wirtschaft und über Un- und Halbwahrheiten, die im Bid Book der Münchner Bewerbung gemacht wurden, hingewiesen habe. Inzwischen ist eine ausführliche kritische Bewertung des Bid Book der Presse vorgestellt und veröffentlicht worden (http://www.nolympia.de/wp-content/uploads/Gesamt.pdf). In dieser Stellungnahme wird auch die von einem deutschen Landgericht festgestellte Verfassungswidrigkeit des OlympiaSchutzGesetzes und die möglichen Folgen erläutert. Das OlympiaSchutzGesetz soll die Olympischen Marken und Symbole in Deutschland schützen.
Über die weiterhin völlig ungeklärte Situation vieler benötigter Grundstücke in Garmisch-Partenkirchen und über das medial sehr intensiv aufgenommene Bürgerbegehren habe ich Sie bereits informiert. Zwar unterlag der Antrag der Olympiagegner auf Prüfung der Verträge knapp mit 49,5 zu 50,5 %, jedoch beweist dieses magere Ergebnis abermals, dass auch kurz vor der Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Winterspiele keinesfalls von einer Begeisterung vor Ort gesprochen werden kann. Vielmehr ist der Ort weiterhin tief gespalten.
Wie ich Ihnen in meinem vorigen Brief bereits geschrieben hatte, wollten wir als Plattform Nolympia die Verträge Ihrer Organisation von einem führenden Rechtswissenschaftler prüfen lassen, da wir der Ansicht waren, das diese Verträge nationales Recht brechen und missachten.
Nun, einige Tage vor der Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 in Durban, möchte ich Sie auf ein von der Gesellschaft für ökologische Forschung in Auftrag gegebenes diesbezügliches Rechtsgutachten hinweisen, das deutlich formulierte kommunalrechtliche Bedenken an der Gültigkeit eines eventuell zu unterschreibenden Host-Ciy-Vertrages aufwirft.
Der renommierte Verwaltungsjurist Prof. Dr. Gerrit Manssen von der Universität Regensburg kommt darin u.a. zu dem Schluss, dass der Vertrag nahezu alle finanziellen Lasten und Risiken für die Durchführung der Spiele auf die Stadt München abwälzt. Ferner wird hervorgehoben, dass die Landeshauptstadt mit Abschluss des Host-City-Vertrages außerhalb ihrer gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen handeln würde und laut geltendem kommunalem Haushaltsrecht solch finanziell unbezifferbare Risiken nicht übernehmen darf. Das Gutachten diagnostiziert schwere Verstöße gegen die Bayerische Gemeindeordnung. Eine Unterschrift des Oberbürgermeisters von München unter den Host-City-Vertrag kann daher nicht rechtswirksam werden.
Im Anhang dieses Briefes finden Sie zum einen die juristische Zusammenfassung der Ergebnisse und zum anderen das komplette Gutachten – beide in englischer Übersetzung – zu Ihrer werten Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Ludwig Hartmann
Anbei habe ich Ihnen dieses Schreiben in der englischen Version, sowie die Kurzfassung des Rechtsgutachtens, als auch die gesamte Untersuchung, in deutscher und englischer Sprache hinterlegt.
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