27. September 2012

Handeln gegen Rechtsextremismus – Aktionsprogramm für Bayern 7: Landeszentrale für politische Bildungsarbeit umstrukturieren Handeln gegen Rechtsextremismus

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, die politische Bildungsarbeit in Bayern zu modernisieren und inhaltlich sowie organisatorisch neu ausrichten und dazu
– der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit neue Aufgaben zuzuweisen, etwa wissenschaftliche Konzepte zu entwickeln und zu fördern, die sich nicht auf den Bereich der Jugendarbeit beschränken, mit dem Ziel über Erwachsenen- und betriebliche Weiterbildung („Lebenslanges Lernen“), sowie über die außerschulische Bildungsarbeit in gesellschaftliche Regelstrukturen wie Ausbildung, berufliche Tätigkeit und Freizeitorganisation (Vereine, Verbände) hineinzuwirken, sowie Anreize für die Umsetzung solcher Konzepte zu setzen,
– die Landeszentrale u.a. zu einer Service- und Supportorganisation für diejenigen institutionellen und nicht-institutionellen Akteure weiterzuentwickeln, die vor Ort häufig anlassbezogen politische Bildung betreiben, und dabei auch kleinere Initiativen durch Fortbildung, Medienbeschaffung und finanziell in ihrer Arbeitsfähigkeit zu unterstützen,
– das pädagogische Personal öffentlicher Bildungseinrichtungen zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (inhaltliche Auseinandersetzung, Durchsetzen von Grenzen) und dem Eintreten für Demokratie aus- und fortzubilden,
– ein Förderprogramm „Lebendige Demokratie“ aufzulegen, das alle öffentliche und private Bildungseinrichtungen dabei unterstützt, Projekte und Maßnahmen durchzuführen, die Interesse und Freude an Demokratie wecken und sie in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und jeder Form von Diskriminierung stärken können;
– auch regionale Aktivitäten und Betroffenheiten in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus als Anknüpfungspunkt zu nutzen, um das Programm „Lebendige Demokratie“ umzusetzen;
– bayerischen Schulklassen Fahrtkostenzuschüsse zu allen bayerischen „musealen zeithistorischen Institutionen, die die NS-Geschichte thematisieren“ und zur Gedenkstätte Auschwitz zu gewähren; zur Unterstützung dieser schulischen Aktivitäten pädagogische Begleitmaterialien entwickeln;
– die Stelle des Leiters der Landeszentrale öffentlich auszuschreiben;
– die politische Bildungsarbeit in Bayern organisatorisch eigenständig und finanziell zu stärken.

Begründung:
Angesichts aktueller Umfragen zum Rückhalt unserer Demokratie bzw. zur Verbreitung von Ungleichwertigkeitsvorstellungen (wie Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus) auch in der Mitte unserer Bevölkerung muss die Landeszentrale dringend Antworten darauf finden, wie die politische Bildungsarbeit gestärkt werden kann.
Inhaltlich klammert die Landeszentrale u.E. in ihrer Arbeit bisher wichtige Aspekte aus. Wie dem 2011 vorgelegten Grundsatzpapier „Identität und Kohärenz. Das Tätigkeitsprofil der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit“ zu entnehmen ist, sind für sie die Grundpfeiler der politischen Bildungsarbeit Erinnerungsarbeit und Landesgeschichte. Fragen nach mehr Teilhabe und wie gelebte Demokratie heute zu fördern wäre, lassen sich aus diesen Quellen aber nur schwerlich beantworten. Gleichzeitig bleiben erhebliche Arbeitsfelder direkter und aktiver Demokratieförderung bei Kindern und Jugendlichen gänzlich oder großteils unbearbeitet.
Dazu passt, dass die Landeszentrale bei ihren Angeboten heutige Möglichkeiten wie Internet, Direktverleih audiovisueller Medien und interaktive Kommunikationsformen kaum nutzt und auf eine direkte Ansprache von Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch bei ihrem Veranstaltungsprogramm häufig verzichtet.
So positiv die Förderung der Erinnerungsarbeit an Orten wie Flossenbürg oder Dachau ist, so wichtig ist auch das dezentrale phantasievolle Gedenken. Deshalb sollte das nahezu flächendeckende Netz kleiner, parteipolitisch unabhängiger Vereine und Initiativen künftig stärker in die politische Bildungsarbeit einbezogen und unterstützt werden.
„Erinnerungsarbeit und Landesgeschichte bzw. Landesbezug“ sind zentrale Aufgaben politischer Bildungsarbeit, aber sie dürfen nicht ihre einzigen Schwerpunkte sein. Sie müssen Teil eines weiter gefassten Konzepts zur Demokratieförderung sein und durch vielfältige Maßnahmen der Demokratieentwicklung und -er­ziehung ergänzt werden. Was nicht nur unseren Kindern und Jugendlichen, sondern auch vielen Erwachsenen fehlt, sind direkte und unmittelbare Erfahrungen demokratischer Teilhabe.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag leider durch die Stimmen der Regierungsfraktionen von CSU und FDP abgelehnt.