16. September 2014

Kosten für Polizeieinsätze im Rahmen von kommerziellen Großveranstaltungen

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 07.08.2014, mit den Antwortend des Staatsministers des Innern, für Bau und Verkehr, Joachim Herrmann, vom 16.09.2014 (kursiv dargestellt)

In der aktuellen Diskussion um die finanzielle Beteiligung von Fussballclubs an den begleitenden Polizeieinsätzen bei deren Spielen, werden stark divergierende Angaben über den entsprechenden Aufwand und die daraus entstehenden Kosten von Polizeieinsätzen bei kommerziellen Großveranstaltungen genannt. Auch bleibt zumeist unklar, wann Amtshilfe aus welchen anderen Bundesländern geleistet und nach welchen Kriterien diese entlohnt wird. Laut einem europäischen Vergleich im Onlineangebot des Handelsblatts werden z.B. in Frankreich Profivereine mit einem Stundenlohn von mind. 20 Euro pro Polizeibeamt*in beteiligt. In Italien entzündet sich zur Zeit eine ähnliche Debatte wie in Deutschland, nachdem staatliche Kosten von 12,5 Millionen Euro für die wöchentlich rund 6000 eingesetzten Polizist*innen rund um die Stadien getragen werden müssen. Von der Koordinierungsstelle der Fanprojekte in Deutschland (KOS) ist hingegen zu hören, dass sie die Linie der Landesregierung Nordrhein-Westfalens unterstützt, die auf mehr Eigenverantwortung der Fans und eine zurückhaltendere, auf Kommunikation ausgerichtete, Polizeistrategie setzt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Bayerische Staatsregierung:

1. a) Wie haben sich die jährlichen Gesamtkosten von Polizeieinsätzen am Rande von Fussballspielen in den letzten zehn Jahren in Bayern entwickelt?

Die Polizeieinsätze bei den Fußballspielen dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und erfolgen im überwiegenden öffentlichen Interesse. Es handelt sich dabei um eine Kernaufgabe der Bayerischen Polizei.

Da hierfür nach der geltenden Rechtslage keine Kosten erhoben werden können, werden diese, um einen unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, nicht fest- gestellt und auch nicht gesondert ausgewiesen. 
Insoweit lässt sich daher die Frage bezüglich der Entwicklung der Polizeikosten in den letzten zehn Jahren nicht beantworten.

b) Wie hat sich die Zahl der jährlich beteiligten Polizeikräfte in den letzten zehn Jahren in Bayern entwickelt?

Die statistischen Aufzeichnungen können erst ab dem Jahr 2005, also lediglich in einer Betrachtungsperspektive von neun Jahren, beantwortet werden. Berücksichtigt wurden für die Spielzeiten vor der Saison 2008/2009 (hier Einführung der
3. Liga) Spiele der Bundesliga, 2. Bundesliga, DFB-Pokal, europäische Wettbewerbe und Länderspiele. Ab der Saison 2008/2009 wurden zusätzlich die Spiele der 3. Liga integriert. Nicht berücksichtigt wurden Spiele im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2006 sowie Vorbereitungs- und Freundschaftsspiele.

141006_Tabelle 1 Anfrage Großveranstaltungen


2. a) Wie haben sich die jährlichen Gesamtkosten von Einsätzen bayerischer Polizist*innen am Rande von Fussballspielen in anderen Bundesländern in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Bezüglich der Gesamtkosten von Einsätzen bayerischer Polizeibeamter in anderen Bundesländern werden keine Aufzeichnungen geführt.
Es werden auch erst ab dem Jahr 2005, also lediglich in einer Betrachtungsperspektive von neun Jahren, die jeweiligen Einsatzanlässe sowie die eingesetzten Einsatzkräfte und Einsatzstunden aufgezeichnet.

Die jeweiligen Einsatzanlässe sowie die eingesetzten Einsatzkräfte und Einsatzstunden sind nachfolgend dargestellt.

141006 Tabelle 2.1 Anfrage Großveranstaltungen

141006 Tabelle 2.2 Anfrage Großveranstaltungen

 

b) Mit welchen Bundesländern hat Bayern eine Regelung zur Amtshilfe?

Die Unterstützung anderer Bundesländer durch Einheiten der Bayerischen Bereitschaftspolizei ist gesetzlich im Art. 10 Abs. 3 Polizeiorganisationsgesetz (POG) geregelt. Danach ist „einer Anforderung von Polizei durch ein anderes Land oder den Bund zu entsprechen, soweit nicht die Verwendung der Polizei in Bayern drin- gender ist als die Unterstützung der Polizei des anderen Landes oder des Bundes. Die Anforderung soll alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrags enthalten“.

Darüber hinaus ist die gegenseitige Unterstützung mit Verwaltungsabkommen über die Zusammenarbeit der Polizeikräfte mit den Ländern Hessen, Baden- Württemberg, Thüringen sowie zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern bezüglich der Bereitschaftspolizei geregelt.

c) Erhält Bayern von einzelnen Bundesländern Kostenerstattungen für den außerbayerischen Einsatz bayerischer Polizeibeamt*innen?

Grundsätzlich werden bei Unterstützungseinsätzen in anderen Bundesländern die sogenannten „einsatzbedingten Mehrkosten“ dem unterstützten Land in Rechnung gestellt. Diese Mehrkosten sind insbesondere Reisekosten, Einsatzzulagen, Mehrarbeitsvergütungen und Betriebskosten (z. B. Kraftstoff für Dienstfahrzeuge). Reine Personalkosten werden nicht abgerechnet. Die Unterbringungskosten tragen die einsatzführenden Länder. Dies gilt jedoch nicht bei Unterstützungseinsätzen von weniger als 24 Stunden in den Ländern mit denen Verwaltungsabkommen geschlossen wurden (Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen). Hier werden die einsatzbedingten Mehrkosten erst bei längeren Einsätzen erstattet.

3. a) Falls ja, wie hoch waren in den letzten 10 Jahren die diesbezüglichen jährlichen Einnahmen je Bundesland für außerbayerische Polizeieinsätzen am Rande von Fussballspielen?

Folgende Einnahmen wurden jährlich erzielt:

141006 Tabelle 3 Anfrage Großveranstaltung

b) Wie wird die Höhe der jeweiligen Ersatzleistungen errechnet?

Wie bereits bei Frage 2c dargestellt, werden grundsätzlich die einsatzbedingten Mehrkosten des Unterstützungseinsatzes erstattet. Dies gilt jedoch nicht bei Unterstützungseinsätzen von weniger als 24 Stunden in den Ländern mit denen Verwaltungsabkommen geschlossen wurden (Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen). Hier werden die einsatzbedingten Mehrkosten erst bei längeren Einsätzen erstattet.
c) Wie viel Prozent der Gesamtkosten der außerbayerischen Polizeieinsätze am Rande von Fussballspielen werden dadurch gedeckt?

Unabhängig davon, dass es sich bei den genannten Ersatzleistungen nur um die einsatzbedingten Mehrkosten handelt, kann aufgrund der fehlenden Aufzeichnung bzw. Ermittlung der Gesamtkosten kein Prozentwert angegeben werden.

4. a) Von welchen Bundesländern wurden in den letzten zehn Jahren für Polizeieinsätzen am Rande von Fussballspielen in Bayern jeweils wie viele Unterstützungskräfte angefordert?

Eine Recherchemöglichkeit hinsichtlich der Anzahl der im Zusammenhang mit Fußballspielen in Bayern eingesetzten Polizeibeamten aus anderen Bundesländern und dem Bund konnte nur bis ins Jahr 2008 rückwirkend getätigt werden.

141006 Tabelle 4 Anfrage Großveranstaltungen

b) Welche Kosten entstanden dadurch?

Dem Bund wurden 2009 124.284 € bzw. 2012 38.395 € und Baden-Württemberg wurden 2012 29.766 € für die Unterstützungseinsätze erstattet.

5. a) Muss Bayern einzelnen Bundesländern Kostenerstattungen für den Einsatz ihrer Polizeibeamt*innen in Bayern entrichten?

Bayern muss den anderen Bundesländern und dem Bund (Bundespolizei) die einsatzbedingten Mehrkosten für deren Einsatz in Bayern erstatten. Für Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen trifft dies nur zu, wenn der Einsatz länger als 24 Stunden dauerte.

b) Wie wird die Höhe der jeweiligen Ersatzleistungen errechnet?

Grundsätzlich muss Bayern den anderen Bundesländern die sogenannten „einsatzbedingten Mehrkosten“ erstatten. Diese Mehrkosten sind insbesondere Reise- kosten, Einsatzzulagen, Mehrarbeitsvergütungen und Betriebskosten (z.B. Kraftstoff für Dienstfahrzeuge). Reine Personalkosten werden nicht erstattet. Die Unterbringungskosten trägt Bayern.
c) Nach welchen Regelungen wird entschieden, welches Bundesland zur Unterstützung angefragt wird?

Generell werden bei Unterstützungsbedarf zeitgleich alle anderen Bundesländer sowie der Bund (Bundespolizei) angefragt. Bei den Rückmeldungen werden vorrangig Einheiten/Kräfte von Bundesländern angefordert, mit denen der Freistaat Bayern Verwaltungsabkommen geschlossen hat (siehe Ziffer 2b). Die weiteren Entscheidungen richten sich nach ökonomischen sowie ressourcenschonenden Aspekten wie z. B. Anreisedauer.

6. a) Gibt es andere Kategorien von kommerziellen Großveranstaltungen, bei denen ähnliche Kosten und vergleichbarer Aufwand für Polizeieinsätze entstehen?
b) Falls ja, um welche Kategorien handelt es sich dabei?
c) Wie haben sich die jährlichen Gesamtkosten von Polizeieinsätzen am Rande jeweils jeder Kategorie dieser kommerziellen Großveranstaltungen in den letzten zehn Jahren in Bayern entwickelt?

Aufgrund Sachzusammenhangs werden die Fragen 6a, 6b und 6c gemeinsam beantwortet.

Bei der Bayerischen Polizei werden kommerzielle Großveranstaltungen nicht kategorisiert. Umfang und Durchführung eines polizeilichen Einsatzes und damit auch die Anzahl eingesetzter Kräfte werden jeweils anlass- und lagebezogen fest- gestellt. In diesem Zusammenhang wären z. B. das Münchner Oktoberfest, Rock im Park in Nürnberg sowie das Chiemsee Reggae Festival zu nennen. Polizeilich zu betreuen sind darüber hinaus auch (Brauchtums-)Veranstaltungen wie z.B. Faschingsumzüge.

Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist Kernaufgabe der Bayerischen Polizei. Da für dieses hoheitliche Handeln nach geltender Rechtslage vom Veranstalter keine Kosten erhoben werden können, werden auch keine Aufzeichnungen bezüglich der Höhe, Zusammensetzung, örtlichen Verteilung oder nach sonstigen Kriterien geführt. Insoweit können hierzu auch keine belastbaren Zahlen benannt werden.

7. Hält die Bayerische Staatsregierung den Vorstoß Nordrhein-Westfalens für eine zurückhaltendere, auf mehr Eigenverantwortung der Fans ausgelegte Polizeistrategie und weniger einzusetzende Einsatzkräfte für unterstützenswert?

Eine pauschale Reduzierung der polizeilichen Einsatzkräfte ist aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr abzulehnen. Für die Sicherheit in den Stadien sind grundsätzlich die Veranstalter (Vereine) verantwortlich. Diese bedienen sich hierzu professioneller Sicherheitsdienste, welche z. B. Einlass- und Zugangskontrollen durchführen. Umfang und Durchführung eines polizeilichen Einsatzes – und damit auch die Anzahl eingesetzter Kräfte – werden anlass- und lagebezogen individuell festgelegt. Hierbei spielen unter anderem Kriterien wie Gesamtzuschauerzahl, Anzahl der anreisenden Gastfans insgesamt, Anzahl der anreisenden sog. „Problemfans“ sowie insbesondere das Verhältnis zwischen den Anhängerschaften eine Rolle.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.