26. Juli 2013

Einsatz derivativer Finanzierungsinstrumente in bayerischen Kommunen

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 20.06.2013, mit den Antworten des Staatsministers des Inneren, Joachim Herrmann, vom 26.07.2013 (kursiv dargestellt)

Anlässlich eines Urteils des OLG Bamberg aus dem Jahre 2009, welches kommunale Klagen auf Rückerstattung im Zusammenhang mit CMS-Spread-Ladder-Swaps abgewiesen hatte, gab das Bayerische Innenministerium mit Stand vom 14.09.2009 ein Schreiben über den Einsatz derivativer Finanzierungsinstrumente an die Bayerischen Regierungsbezirke heraus. Dieses Schreiben baut auf den vorläufigen Ausführungen des Innenministeriums vom 08.11.1995 zum gleichen Thema auf.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:
Vorwort: Die Schriftliche Anfrage wird bzgl. Frage 4 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen sowie bzgl. Frage 6 im Einvernehmen auch mit den übrigen Ressorts wie folgt beantwortet:

1. a) Wie viele bayerische Kommunen haben im Zusammenhang mit den sog. Swap-Geschäften riskante Derivatgeschäfte getätigt?
zu 1. a): Der Abschluss kommunalrechtlich zulässiger Swap-Geschäfte ist weder anzeige- noch genehmigungspflichtig. Das Staatsministerium des Innern führt daher keine Statistik hierüber. Eine Umfrage war mit Blick auf den für die Beantwortung gesetzten engen Zeitrahmen nicht möglich.
Als kreditähnliche Rechtsgeschäfte genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig, sind der Abschluss derivativer Finanzinstrumente, die rein der Vermögensverwaltung (Vereinnahmung von Prämien unter Inkaufnahme von Zinsrisiken) dienen, ohne in sachlichem Zusammenhang zu einem konkret vorhandenen oder neu abgeschlossenen Kreditvertrag, dem Grundgeschäft, zu stehen (sog. Konnexität).
Das Staatsministerium des Innern plant, im 2. Halbjahr 2013 eine umfassende Erhebung zu derivativen Finanzgeschäften der Kommunen durchzuführen und hierzu im Landtag schriftlich zu berichten (vgl. Landtagsbeschlüsse vom 16.07.2013, LT-Drs. 16/18019 und 16/18018).

1. b) Wie viele bayerische Kommunen hatten oder haben dadurch finanzielle Schäden zu verzeichnen?
zu 1. b) Auf die Antwort zu Frage 1 a wird hingewiesen.

1. c) Auf welche Summe belaufen sich diese Schäden insgesamt bis dato?
zu 1. c) Auf die Antwort zu Frage 1 a wird hingewiesen.

2. a) Ist dem Bayerischen Innenministerium bekannt, von welchen Banken die Kommunen dabei jeweils beraten wurden?
zu 2. a) Auf die Antwort zu Frage 1 a wird hingewiesen.

2. b) Sind dem Bayerischen Innenministerium erfolgreiche Klagen von Bayerischen Kommunen bekannt, die sich auf fälschliche Beratung der jeweilig beteiligten Kreditinstitute berufen haben?
zu 2. b): Zwei dem Staatsministerium des Innern bekannte Fälle eines kommunalen Unternehmens bzw. eines Eigenbetriebs endeten jeweils mit einem Vergleich.

2. c) Falls nein, an welchen Gründen scheiterte eine Klage zumeist?
zu 2. c): Dem Staatsministerium des Innern sind bisher keine Fälle bekannt, in denen eine bayerische Kommune vor Gericht vollständig gescheitert wäre.

3. a) Steht das Innenministerium weiter zu seinen im oben genannten Schreiben vom 14.09.2009 gemachten Aussagen, oder erging in der Zwischenzeit ein aktualisierter Erlass, der sich mit dieser Thematik beschäftigt hätte?
b) Falls sich die Meinung des Innenministeriums in der Zwischenzeit geändert haben sollte, so bitte ich um Aufklärung über die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Argumente.
zu 3. a) und b): Das Staatsministerium des Innern steht weiter zu seinen im Schreiben vom 14.09.2009 gemachten Aussagen. Das Staatsministerium des Innern hat sich in seiner Bekanntmachung zu Aufstellung und Vollzug der kommunalen Haushalte vom 10. März 2010 (AllMBl. S. 87) zum Themenfeld „Eigenverantwortung der Kommune bei derivativen Finanzinstrumenten“ und vom 15. Februar 2012 (AllMBl. S. 167) zum Themenfeld „Derivatgeschäfte kommunaler Unternehmen“ geäußert. Diese Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des Schreibens vom 14.09.2009.

3. c) Wurde das Schreiben vom 14.09.2009 an alle bayerischen Kommunen versendet, bzw. weitergeleitet?
zu 3. c) Im Einklang mit dem Staats- und Verwaltungsaufbau des Freistaats Bayern richtete sich das Schreiben des Staatsministeriums des Innern an die der Aufsicht des Staatsministeriums des Innern unmittelbar unterstehenden Bezirke sowie an die Regierungen. Letztere wurden gebeten, Landratsämter und Gemeinden auf dieser Grundlage zu beraten. Daneben sind die beiden einschlägigen Schreiben vom 08.11.1995 und 14.09.2009 auch auf der Internetpräsenz des Staatsministeriums des Innern veröffentlicht.

4. a) Sieht sich die Bayerische Staatsregierung mitsamt ihrer Ministerien ebenso an den Inhalt des Erlasses gebunden?
b)  Falls nein, wieso nicht?
c)  Falls nein, welche Gründe sprechen aus der Sicht der Bayerischen Staatsregierung dafür, den Einsatz derivativer Finanzierungsinstrumente auf kommunaler Ebene und auf Landesebene differenziert zu bewerten?
zu 4. a) bis c): Das Schreiben des Staatsministeriums des Innern formuliert ausgehend von kommunalrechtlichen Bestimmungen (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 61 Abs. 2 GO, Art. 55 Abs. 2 LKrO, Art. 53 Abs. 2 BezO), Risikominimierungsgebot (Art. 61 Abs. 3 GO, Art. 55 Abs. 3 LKrO, Art. 53 Abs. 3 BezO)) den rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen die Kommunen im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts in eigener Verantwortung über den Einsatz derivativer Finanzinstrumente entscheiden können. Demgegenüber ist die Staatsregierung in ihren Finanzierungsentscheidungen an kommunalrechtliche Bestimmungen nicht gebunden. Sie beurteilt den Einsatz derivativer Finanzinstrumente unter den Gesichtspunkten der Recht- und der Zweckmäßigkeit nach internen Regeln. Diese Regeln sind deutlich restriktiver als der kommunalrechtlich formulierte Rahmen.

5. a) Welche Arten von Swap-Geschäften wurden von bayerischen Kommunen getätigt?
zu 5. a): Auf die Antwort zu Frage 1 a wird verwiesen.

5. b) Wie bewertet die Bayerische Staatsregierung diese unterschiedlichen Arten der Swap-Geschäfte im Einzelnen?
zu 5. b): Auf die Antwort zu Frage 1 a wird verwiesen.

6. a) Welche Arten von Swap-Geschäften wurden von den bayerischen Ministerien getätigt?
zu 6. a): Der ursprüngliche Sinn von Swap-Geschäften besteht in der Absicherung von Risiken, also variable Zinsverpflichtungen in feste Zinssätze zu tauschen (= „swappen“). Durch diesen Tausch unterliegt der Schuldner keinem Zinsänderungsrisiko mehr. In diesem Sinne war und ist grundsätzlich auch bei der staatlichen Kreditaufnahme ein solches Geschäft denkbar.

6. b) Welchen Umfang hatten diese je Ministerium?
zu 6. b): Derzeit sind vier derartige Swaps mit einem Darlehensvolumen von insgesamt 211 Mio. € im Gesamtportfolio von 28 Mrd. € enthalten.

6. c) Kam es auch hier zu finanziellen Verlusten?
zu 6. c): Es kann zu keinen Verlusten kommen, da der Freistaat durch den Swap einen festen Zinssatz zahlt.

Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.