Bayerisches Klimaschutzgesetz: Unsere Änderungsanträge
Das sogenannte „Bayerische Klimaschutzgesetz“ ist ein ein unverbindliches „Alles-kann-nichts-muss-Gesetz“, über das am 12.11.2020 im Landtag abgestimmt wird. Statt echtem Klimaschutz enthält es lediglich unverbindliche Phrasen. Die Klimaschutzziele werden ebenso wenig erwähnt wie eine Strategie, wie der Freistaat bis 2050 klimaneutral werden könnte. Das Gesetz ist schlicht enttäuschend und es ignoriert die Dringlichkeit, mit der wir handeln müssten, um unseren Planeten für unsere Kinder und Enkelkinder zu schützen.
Hier ein paar Beispiele:
- Die Zielsetzung des Gesetzes ist nicht ausreichend, um das 1,5°-Ziel zu erreichen. Eine Emissionsreduktion um x % bis zu einem Jahr x sagt nichts über die tatsächliche Menge an Treibhausgasen aus. Die Physik orientiert sich nicht an Prozentzahlen, sondern wieviel CO2 tatsächlich in der Atmosphäre ist. Eine bestimmte Gesamtmenge sollte weltweit verteilt auf die verschiedenen Staaten der Erde emittiert werden dürfen.
- Das Gesetz ist zum überwiegenden Teil eine Sammlung von Kann-Bestimmungen, Soll-Bestimmungen und Empfehlungen. Es fehlt an Verbindlichkeit von Anfang bis zum Ende. Das beginnt bei der Zielformulierung: „soll … um mindestens 55 % gesenkt werden“. „Jeder soll nach seinen Möglichkeiten dazu beitragen.“ „Bildungseinrichtungen sollen über …. Klimawandel aufklären.“ „Den kommunalen Gebietskörperschaften wird empfohlen ….“ „Die Behörden … sollen die verbleibenden Treibhausgasemissionen mit geeigneten Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes ausgleichen.“ „Der Staatsminister …… kann zur Beratung und Unterstützung … Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunen heranziehen.“ Der Gipfel des schwammigen Gesetzestextes ist schließlich der Ausschluss der Klagbarkeit: „Subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen werden durch oder auf Grund dieses Gesetzes nicht begründet. Sämtliche finanzwirksamen Maßnahmen erfolgen nach Maßgabe des Staatshaushalts.“
- Die im Gesetz vorgesehenen Klimaschutzprogramm- und Anpassungsstrategie sind sehr unbestimmt ausgestaltet. Es ist unklar, wie oft diese Programme fortgeschrieben werden. Es gibt keine Beteiligung der Öffentlichkeit, des Klimabeirats oder des Landtags für die Entwicklung und Fortschreibung der Programme. Der Inhalt des Klimaschutzprogramms ist genauso unbestimmt. Wir GRÜNE wollen – wie in den meisten bereits existierenden Klimaschutzgesetzen Deutschlands – die Minderungsziele auf die einzelnen Sektoren (Strom, Wärme, Verkehr, Landwirtschaft …..) runterbrechen.
- Das Gesetz fordert und fördert den kommunalen Klimaschutz nicht. Wesentliche Handlungsmöglichkeiten und -potentiale liegen bei den Kommunen, egal ob es um öffentlichen und privaten Verkehr, um Bebauung und Wärmenetze oder um kommunale Energieversorgung und den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Fläche geht. Im Gesetzentwurf wird den Kommunen Klimaschutz nur empfohlen. Das ist vollkommen unzureichend.
- Es gibt kein vernünftiges Monitoring und keine festgelegte Nachsteuerung. Der Inhalt der im zweijährigen Rhythmus geplanten Validierung des Gesetzes ist sehr dünn und beurteilt nicht den Erfolg oder Nichterfolg der verschiedenen Maßnahmen des Klimaschutzprogramms bzw. der Anpassungsstrategie. Über diese Maßnahmen soll frühestens 2025 erstmals berichtet werden. Vor allem beinhaltet es auch keine Möglichkeiten der Nachsteuerung. Es ist vollkommen unklar, ob bzw. wer bei der Erstellung des Klimaberichts einbezogen wird.
- Der Bayerische Klimarat verkommt endgültig zur Staffage. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung macht den Bayerischen Klimarat zu einem Schaufenstergremium des Unweltministers. Der Umweltminister entscheidet alleine, ob es überhaupt einen Klimarat gibt, er entscheidet alleine über die Mitglieder und er hat auch noch selbst den Vorsitz bei den Tagungen des Klimarats. Inhaltliche Zuständigkeiten sind nicht geregelt.
Unsere Fraktion hat 11 Änderungsanträgen gestellt, die aus dem schlechten Gesetzentwurf der Staatsregierung zwar noch kein gutes Gesetz machen, aber doch zu mehr Wirksamkeit führen würden:
Änderungsantrag zu Artikel 1: Auftrag und Verantwortung
- Wir wollen mit der Nennung des 1,5°-Ziels etwas deutlicher werden, als nur vom „Pariser Klimaabkommen“ zu sprechen, dass ja ein „möglichst“ vor das 1,5°-Ziel gesetzt hat.
Wir wollen den Begriff „angemessenen Beitrag“ konkretisieren indem wir Bezug auf die Generationengerechtigkeit und die internationale Gerechtigkeit nehmen. - Wir wollen (mit Satz 5) die Handlungskompetenzen der Staatsregierung in dem Gesetz deutlicher benennen, weil insbesondere in der Begründung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung die Handlungsmöglichkeiten deutlich heruntergespielt werden und die Staatsregierung vorgibt, dass die größten Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Staatsverwaltung liegen würden.
- Weil unter der Überschrift Auftrag und Verantwortung letztlich wenig konkretisiert wurde, haben wir in Satz 6 noch die Forderung nach verbindlichen Reduktionszielen aufgenommen. Diese wird zwar in Art. 2 noch konkretisiert, aber gehört für uns zum Thema Auftrag und Verantwortung.
Änderungsantrag zu Artikel 2: Minderungsziele
- Die Staatsregierung nennt Ziele (-55 % bzw. unter 5 t CO2 pro Kopf) bis 2030. Mittelfristige Reduktionsziele sind nicht hilfreich, es kommt auf die realen Emissionen im Zeitraum dazwischen an. Das kann nur über einen Budgetansatz erfolgen. Wir beantragen daher die Zielsetzung nach dem Budgetansatz zu ermitteln und kommen dabei auf wesentlich höhere Ziele, nämlich 2,5 t/Kopf bis 2030 in möglichst stetigen Schritten ab sofort.
- Wir fordern, das Jahr der Erreichung der Klimaneutralität von 2050 auf 2040 vorzuziehen.
- Wir wollen die Verbindlichkeit der Zielsetzung sowie die Umsetzung in Sektorenziele regeln und fordern verbindliche Zwischenziele (im 5-Jahreszeiträumen) um so den Budgetgedanken konkreter zu fassen.
- Wir wollen mit der Änderung die Ausweitung von der Quellenbilanz zur Verursacherbilanz erreichen, dass wir eben auch die Emissionen erfassen, die von Bayern aus verursacht werden, die aber nicht in Bayern stattfinden, z.B. Stromimporte, aber perspektivisch eben auch Warenimporte.
- Wir wollen die Verwirklichung der Klimaschutzziele vom Bereich der Energiepolitik auch auf die Bereiche Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft ausweiten.
- Und wir wollen durch eine Anpassungsklausel regeln, dass verschärfte Klimaziele auf europäischer bzw. deutscher Ebene geprüft werden sollen, ggf. zu veränderten Zielen im Bayerischen Klimaschutzgesetz führen.
Änderungsantrag zu Artikel 3: Vorbildfunktion des Staates
- Die Vorbildfunktion soll auf alle Liegenschaften erweitert werden: um die Liegenschaften, die nur im Besitz des Freistaats sind (aber nicht im Eigentum) und auf die Gebäude und sonstigen Einrichtungen des Freistaats.
- Wir wollen die Bildungstätigkeit erweitern und fordern aktive Unterstützung der freien Umweltbildung für Projekte zur Stärkung des Klimabewusstseins.
- Auch kommunale Gebietskörperschaften sollen der Vorbildfunktion nachkommen. Klimaschutz und Klimaanpassung ist Teil der Daseinsvorsorge der Gebietskörperschaften.
- Wir wollen die Vorbildfunktion des Staates in einigen Punkten konkretisieren: Bei Beschaffungsleitlinien und Vergabeentscheidungen, bei Planungs- und Abwägungsentscheidungen, bei der Landes- und Regionalplanung für EE-Flächen (Erneuerbare Energien).
Änderungsantrag zu Artikel 4: Kompensation von Treibhausgasen
- Kompensationsmaßnahmen sollen möglichst frühzeitig eingeleitet werden, damit die Kompensationswirkung, die sich in der Regel erst später entfaltet (z.B. Baumwachstum), ab 2030 angerechnet werden kann.
- Weiterhin wollen wir die Kompensationsmaßnahmen vorrangig in Bayern, aber auf alle Fälle in Deutschland durchgeführt sehen.
- Die Position des Landesamts für Umwelt (LfU) soll gestärkt werden: die Eignung, Prüfung und Bewertung von Kompensationsmaßnahmen wird zur Aufgabe des LfU erklärt (statt einer unverbindlichen Kann-Formulierung), ebenso die Entwicklung und die Überprüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen.
Änderungsantrag zu Artikel 5: Klimaschutzprogramm und Anpassungsstrategie
- Wir wollen die Verbindlichkeit der Maßnahmen erhöhen, einen festen Rhythmus für die Fortschreibung des Klimaschutzprogramms und der Anpassungsstrategie von 2 Jahren festlegen, eine Öffentlichkeitsbeteiligung realisieren und wir legen die wesentlichen Inhalte des Klimaschutzprogramms und der Anpassungsstrategie fest. Damit nicht wieder ein „96-Maßnahmen-Paket“ als Klimaschutzprogramm verkauft werden kann.
- Für Landkreise und Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern soll die Aufstellung von lokalen/regionalen Klimaschutzprogrammen und Anpassungsstrategien verpflichtend sein, die alle 2 Jahre fortzuschreiben sind. In diesem Zusammenhang ist in den betroffenen Gebietskörperschaften jeweils mindestens eine Vollzeitstelle zu schaffen.
Änderungsantrag zu Artikel 6: Staatliche Zuwendungen
Die vorgeschlagene Regelung ist uns zu lasch: Es sollen Ziele der Zuwendung mit den Minderungszielen abgewogen werden. Wir wollen die Staatsregierung verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die Ziele des Gesetzes unterstützt werden.
Änderungsantrag zu Artikel 7: Klimabericht
Wir wollen einen wesentlich umfassenderen Bericht und wollen den Inhalt ergänzen um die Emissionszahlen nach dem Verursacherprinzip: Um die veränderten Rechtsverordnungen, Fördermittel-Richtlinien und Verwaltungsvorschriften, um die Umsetzung des Klimaprogramms und der Anpassungsstrategie und um deren Wirksamkeit und Effizienz und um Vorschläge für die Nachsteuerung. Unserer Meinung nach soll der Bericht jährlich erstellt werden, und nicht alle zwei Jahre.
Änderungsantrag zu Artikel 8: Bayerischer Klimarat
- Wir ändern die Überschrift in „Bayerischer Klimarat und Bayerischer Klimabeirat“, weil wir zwei Gremien haben wollen: ein Wissenschaftsgremium und ein zivilgesellschaftliches Gremium.
- Die Kann-Bestimmung muss in eine Muss-Bestimmung umgewandelt werden: der Klimarat muss berufen werden und soll sich nur aus Vertreter*innen der Wissenschaft zusammensetzen. Andere gesellschaftliche Gruppen werden in einem anderen Gremium zussammengefasst.
- Dem Klimarat wird eine zentrale Aufgabe zugewiesen: eine Stellungnahme zum Bericht der Staatsregierung über den Stand des Klimaschutzprogramms und der Anpassungsstrategie und Empfehlungen zur Nachsteuerung.
- Die Einrichtung eines Klimabeirats soll geregelt werden. In ihm sollen die wichtigsten gesellschaftlichen Gruppen vertreten sein. Er soll die Empfehlungen des Klimarats bewerten.
Änderungsantrag zu Artikel 9a: Änderung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes
In einer reichlich umständlichen Konstruktion wird hier in Verbindung mit Art. 11 Satz 1 geregelt, dass die Klimaberichterstattung erst ab 2025 auch den Stand der Umsetzung des Klimaberichts und der Anpassungsstrategie enthält. Das wollen wir nicht. Daher beantragen wir die Aufhebung des Artikels 9a, sowie eine entsprechende Änderung in Art 11.
Änderungsantrag zu Artikel 9b: Änderung weiterer Rechtsvorschriften
In diesem Artikel wollen wir einen Absatz 7 anfügen und damit die 10H-Regelungen in der Bayerischen Bauordnung (dort Art 82 und 83 Abs1) wieder aufheben.
Änderungsantrag zu Artikel 10: Ausschluss der Klagbarkeit
Dieser Artikel schränkt einerseits die Klagbarkeit explizit aus und stellt alle finanzwirksamen Maßnahmen unter den Haushaltsvorbehalt. Wir wollen den Artikel streichen, weil er dem Gesetzentwurf den letzten Rest an Verbindlichkeit raubt.