2. September 2021

10 Forderungen für effektiven Klimaschutz in Bayern: Damit die Folgen der Klimaerhitzung händelbar bleiben

Bald ist er weg, der Gletscher an der Zugspitze. Die Alpengletscher schmelzen mit bemerkenswerter Geschwindigkeit. Die Klimakrise schreitet in erschreckendem Tempo voran und ihre Auswirkungen sind auch in Bayern bereits deutlich spürbar, das zeigen zuletzt drastisch die Dürre-Jahre 2018 bis 2020, die nicht zu übersehenden Waldschäden, der Rückgang der Gletscher und die verheerenden Überschwemmungen in diesem Jahr.

In einem breiten Bündnis kooperieren jetzt Organisationen, Verbände, Parteien und Vereine, um gemeinsam effektiven Klimaschutz für Bayern zu fordern. Für ein zukunftsfähiges Bayern fordern wir GRÜNE, zusammen mit dem BUND, der Gregor Louisoder Umweltstiftung, dem Landesbund für Vogelschutz (LBV), Klimaschutz Bayerns Zukunft e.V., Scientists for Future, der Jugendorganisation Bund Naturschutz (JBN), der ÖDP und der SPD, die bayerische Staatsregierung und den bayerischen Landtag auf, endlich zu handeln. Im Einzelnen fordern wir ein ambitioniertes bayerisches Klimaschutzgesetz verbunden mit wirksamen Maßnahmen, von denen wir folgende für besonders wichtig erachten.

1. Klimaschutzgesetz

PARISER KLIMAABKOMMEN EINHALTEN!

Das bayerische Klimaschutzgesetz muss überarbeitet werden und einer strikten Einhaltung des 1,5°C Ziels dienen. Dazu nötig ist die Festlegung eines maximalen CO2-Budgets von 650 Millionen Tonnen CO2 ab jetzt und die Klimaneutralität ab dem Jahr 2035.

2. Klimaneutralität 2035 zum Maßstab machen

AUSRICHTUNG AUF DAS HAUPTZIEL FÜR UNSERE ZUKUNFT!

Das staatliche Handeln des Freistaates Bayern ist konsequent am Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 auszurichten. Dies gilt für alle Bereiche staatlichen Handelns einschließlich des bayerischen Staatshaushaltes und des Beschaffungswesens. Das Einhalten dieses Ziels muss durch ein ausführliches und öffentliches Reporting für alle Einzelbereiche gewährleistet sein.
1 – Forderungen für effektiven Klimaschutz

3. Ausbau der erneuerbaren Energien

ERNEUERBARE ENERGIEN JETZT!

Um die Energieversorgung in Bayern bei gleichzeitigem Ende der fossilen Energiegewinnung sicher zu stellen, ist ein starker Ausbau der erneuerbaren Energien durch Photovoltaik und Windenergie in Bayern unerlässlich.

Wir fordern die Abschaffung der 10-H-Regel und die Ausweisung von Vorrangflächen von 2% der Landesfläche für Windenergie.

Weiterhin fordern wir eine Solarpflicht für Neu- und Umbauten, die Nutzung aller staatlichen Einrichtungen und eine Ausweisung von Vorrangflächen von 1% der Landesfläche für Freiflächenphotovoltaik mit ökologischen Standards.

4. Förderung der Wärmedämmung von Gebäuden

DÄMMEN STATT AUFHEIZEN!

Wir fordern das Auflegen eines Förderprogramms, mit dem die Wärmedämmung von Gebäuden massiv gefördert wird. Weiterhin müssen die Kommunen dabei unterstützt werden, eine Energieberatung aufzubauen, bei der die Bürger*innen aktiv aufgesucht und angesprochen werden. Die energetische Sanierung aller staatlichen Liegenschaften muss umgehend begonnen werden. Die Staatsregierung erlässt ein Wärmegesetz, um die Sanierung des Bestandes einzuleiten. Ziel ist die Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis spätestens 2040.

5. Erarbeitung eines Landesklimaschutzkonzepts

KONKRETE MASSNAHMEN FÜR BAYERN!

Zur Erarbeitung konkreter Strategien und Maßnahmen fordern wir von der Staatsregierung und dem bayerischen Landtag ein Landesklimaschutzkonzept unter Beteiligung der Öffentlichkeit.
Dabei werden insbesondere konkrete Zwischenziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen für die Jahre 2025 und 2030 erarbeitet. Außerdem enthält es spezifische Maßnahmen zu den sektorenspezifischen Klimazielen, zu den Ausbauzielen für die erneuerbaren Energien sowie für jedes Ressort verpflichtende Umsetzungspläne und ein Landeswärmekonzept, mit dem ein kosteneffizienter Pfad zur Erreichung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes ermittelt wird.

6. Erarbeitung kommunaler Klimaschutzkonzepte

DIE ENERGIEWENDE IST KOMMUNAL!

Städte und Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohner:innen müssen bis Ende 2025 für ihren Wirkungsbereich ein Klimaschutzkonzept erstellen, für dessen Kosten der Freistaat aufkommen muss. Dieses beinhaltet jeweils eine Bestandsaufnahme der in der jeweiligen Kommune verursachten Treibhausgasemissionen aufgegliedert nach Sektoren, eine Übersicht der von der Kommune beabsichtigten Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen einschließlich einer qualifizierten Abschätzung ihrer Klimaschutzwirkungen und ein Konzept zur Entwicklung eines klimaneutralen Betriebs ab 2030.

7. Stopp weiterer Straßenbauprojekte, Klimaverträglichkeits-prüfung und Ausbau klimafreundlicher Mobilität

MOBILITÄTSGARANTIE STATT STRASSENNEUBAU!

Die Planungen für den Neu- und Ausbau von Staats-, Bundesstraßen und Autobahnen müssen grundsätzlich auf die Einhaltung der Klimaziele (Klimaverträglichkeitsprüfung) und ihre Notwendigkeit im Rahmen einer Mobilitätswende überprüft werden. Bis diese Prüfung erfolgt ist fordern wir einen Stopp (Moratorium) aller Projekte.

Jegliche Förderung der Nutzung fossiler Energien und der Ausbau der Flughäfen sind sofort zu beenden.

Wir fordern dagegen die Erhaltung, Reaktivierung und Modernisierung von Bahnlinien und den Neubau von Stadt-Umland-Bahnen. In Siedlungen mit mehr als 1000 Einwohnern muss zwischen 06:00 und 23:00 Uhr mindestens stündlich eine Anbindung an den öffentlichen Personen-Nahverkehr bestehen. Darunter müssen Angebote mit flexiblen Bedienformen geschaffen werden.

Die Fahrradinfrastruktur muss massiv ausgebaut werden. Wir fordern verpflichtende Standards für Radverkehrsanlagen, die Forcierung des Ausbaus von Radschnellwegen auf Landesebene, ausreichende Abstellmöglichkeiten an allen öffentlichen Anlagen des Freistaats, insbesondere Bahnhöfen, Schulen und Hochschulen sowie zwei verpflichtende Fahrradstellplätze pro Wohneinheit bei Neubauten.

8. Schutz von Wald und Moorflächen

WÄLDER, MOORE UND FEUCHTGEBIETE SPIELEN EINE ZENTRALE ROLLE IM KLIMASCHUTZ!

Wir fordern einen Stopp des Verkaufes und der Rodung von staatlichen Wäldern für Gewerbegebiete und andere Nutzungen. Zur Erhöhung der Kohlenstoffspeicherung in Bäumen und Waldboden sind naturferne Wälder ökologisch aufzuwerten und in Klima- und Naturwälder umzuwandeln.

Moore müssen von der Treibhausgasquelle wieder zu einer Senke werden. Die Wiedervernässung entwässerter Niedermoor- und Anmoorböden muss als verbindliches Ziel in staatlichen Vorgaben und der Förderung verankert werden. Die besonders klimaschädliche Ackernutzung auf Moor- und Anmoorboden muss beendet, die Wertschöpfung einer biodiversitätsfördernden nassen Grünlandnutzung deutlich erhöht werden. Klimaneutralität bis 2035 heißt auch Stopp der Emissionen aus entwässerten Mooren bis 2035, die Renaturierung muss bis dahin zumindest in allen bayerischen Moore begonnen haben.

9. Schutz von Boden

FLÄCHENSCHUTZ UND ÖKOLANDBAU FORCIEREN!

Boden ist durch den Humus ein zentraler natürlicher Kohlenstoffspeicher, sowie auch von großer Bedeutung als Wasserspeicher (Hochwasserschutz). Der Verlust von Boden durch Flächenverbrauch ist zu reduzieren und mittelfristig zu stoppen. Die landwirtschaftliche Nutzung – und damit auch die landwirtschaftliche Förderung – ist am Erhalt und der Erhöhung des Humus im Boden auszurichten.

Zur Erhöhung des besonders boden- und klimaschonenden Ökolandbaus muss der Freistaat Bayern alle Staatsgüter auf Ökolandbau umstellen und bis 2030 alle staatlichen Kantinen und geförderten öffentlichen Einrichtungen auf 100% Lebensmittel aus weitestgehend regionalem Ökolandbau umstellen.

10. Einrichtung eines Klima-Bürger*innenrats

KLIMASCHUTZ FUNKTIONIERT NUR MIT BÜRGERBETEILIGUNG!

Wir fordern die Staatsregierung auf einen Klimabürger*innenrat einzurichten.
Als zentrale Frage sollen die Teilnehmenden gemeinsam beraten, wie Bayern die Ziele des Pariser Klimaabkommens noch einhalten kann.

Der Klimabürger*innenrat besteht aus 100 Bürgerinnen und Bürgern ab dem vollendeten 16. Lebensjahr, die nach der seit 1973 bewährten Beratungsform „Bürgergutachten mit Planungszellen“ in Gruppen von je 25 Teilnehmer*innen parallel arbeiten. Die Einladung erfolgt per Los aus dem Einwohnermelderegister, um einen möglichst breiten Querschnitt der Bevölkerung abzubilden. Eine professionelle Moderation und Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft begleiten die Sitzungen. Die Staatsregierung leitet den Prozess ein und unterstützt ihn finanziell und personell.

 

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Hier finden Sie die gelayoutete Version unseres Forderungskatalogs mit den Logos aller Bündnispartner*innen.

Hier geht es zum zweiten Bayerischen Gletscherbericht: „Klimawandel in den Alpen – Zukunft ohne Eis“