Queerpolitisches Vernetzungstreffen 2018
Es war wieder ein großartiges Vergnügen, die queere Community bei uns im Landtag zu haben. Das queerpolitische Vernetzungstreffen ist schon seit Jahren ein fester Bestandteil im Grünen Veranstaltungskalender. Auch dieses Jahr haben wir mit vielen queerpolitisch Engagierten, Interessierten und Unterstützer*innen diskutiert. Wir haben ihnen zugehört. Und wir haben mit ihnen gefeiert, zum Beispiel ein Jahr Ehe für alle.
Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender und queerpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion erinnerte an den historischen Beschluss im Bundestag vor einem Jahr. Und wie reagierte die CSU auf die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben? Sie kündigte eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an und gab zwei sündhaft teure Rechtsgutachten im Wert von 40.000 Euro im Auftrag. Das Ganze ging aber nach hinten los. Denn die Gutachter*innen stellen fest, dass das Grundgesetz gar kein Problem mit der Ehe für alle hat. Ludwig Hartmann sagte, dass so mancher queerer Verein, der Jugendliche im ländlichen Raum berät und aufklärt, sich mächtig über 40.000 Euro freuen würde. Für Ludwig Hartmann ist die queere Vernetzung außerhalb der Großstädte eines seiner wichtigsten queerpolitischen Anliegen für die anstehende Landtagswahl. Wir Grünen setzen uns ein für niedrigschwellige Beratungsangebote und zwar auch außerhalb von München und Nürnberg, damit v.a. queere Jugendliche eine Anlaufstelle haben.
Claudia Roth, unsere Grüne Bundestagsvizepräsidentin, freute sich über die vielen Gäste im Landtag an diesem „Regenbogensonnentag“. Auch sie erinnert an den langen Weg, den wir bis zur Ehe für alle gegangen sind. Sie machte aber auch klar, dass wir damit noch lange nicht am Ziel sind. Wir Grüne werden uns weiter einsetzen für gleiche Rechte für alle. Wir wollen die Gleichstellung von Regenbogenfamilien und die Abschaffung des Transsexuellengesetzes. Wir werden, bis es soweit ist, nerven ohne Ende, versprach sie. Claudia Roth erzählte auch davon, was sie wenige Stunden vorher in Augsburg erlebt hatte. Dort war sie, um die Demo gegen den AfD-Bundesparteitag tatkräftig zu unterstützen. So wie in Augsburg müssen wir aufstehen gegen Rassismus und Ausgrenzung, sagte sie. Denn für alle Demokratinnen und Demokraten heißt es heute: Gesicht zeigen! Und wie in Augsburg lautet unsere klare Ansage: Wir sind die große Mehrheit und wir lassen uns nicht unterkriegen.
Auch in Bayern, so sieht es derzeit aus, werden wir es nach der Landtagswahl im Oktober mit einer neuen rechtspopulistischen Tonart im Maximilianeum zu tun bekommen. Sachsen hat diese Erfahrungen schon länger gemacht. Katja Meier, queerpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion im Sächsischen Landtag sprach über ihre Erfahrungen im Umgang mit der AfD im Parlament. Sie machte deutlich, dass die AfD eine Partei des antifreiheitlichen Roll-Back ist. Die Rechtspopulisten werden nicht nur verbal ausfällig und dass auch gegenüber LGBTIQ* in einer oft unerträglichen Weise. Ebenso ihre Anträge im Parlament würden zeigen, wohin diese Partei will, zum Beispiel wenn sie die Abschaffung der Gleichstellungsbeauftragten fordert. Besorgniserregender sei aber, dass das Feuer, das die AfD legt, von anderen Parteien erst so richtig verbreitet wird. CDU und CSU nähern sich der AfD-Programmatik an. Der Ruf, endlich wieder „Politik für die Mehrheit“ zu machen, gefährdetet die weitere Liberalisierung der Gesellschaft, so Katja Meier. Die AfD ebnet den Weg für eine neue LGBTIQ*-Feindlichkeit. Um das zu verhindern, müssen alle zusammenstehen. Und wir brauchen dazu unbedingt die Unterstützung aus der Zivilgesellschaft.
Ein äußerst engagierter Vertreter eben jener Zivilgesellschaft ist Ronald Zenker. Er ist Landeskoordinator Sachsen für queere Geflüchtete – allerdings nicht bei der Sächsischen Staatsregierung, sondern beim CSD Dresden e.V.. Er erzählt, wie alles vor ein paar Jahren anfing mit vier queeren Flüchtlingen, die er aus einer Erstaufnahmeeinrichtung herausholte und in Sicherheit brachte. Der CSD Dresden e.V. hat dann aus eigener Kraft die Unterbringung von queeren Flüchtlingen in Sachsen auf die Beine gestellt. Ronald Zenker erzählt von unkonventionellen Mitteln, die es gebraucht hat, um die Politik wachzurütteln, z.B. als er mit queeren Geflüchteten, die dringend Hilfe benötigten, bei einer Staatsministerin an deren Haustür klingelte. Für Ronald Zenker ist es enorm wichtig, dass wir gut vernetzt, wenn wir etwas bewegen wollen. Er fordert mehr Koordinierung auf Landes- und Bundesebene.
Das hätte sicher auch Ralph Hoffmann gefallen. Der queere Vorkämpfer ist Ende Juni gestorben. Ralph war von 2010 bis 2014 Vorsitzender der Grünen in Nürnberg, er war langjähriges Vorstandsmitglied bei Fliederlich e.V. und hatte in seiner Funktion dort unter anderem einen erheblichen Anteil an der Einrichtung der ersten Unterkunft für queere Geflüchtete in Bayern. Er war eisern engagiert für Vielfalt und Menschenrechte, gegen Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung. Ludwig Hartmann und Claudia Roth erinnerten an ihn.
Im weiteren Verlauf des Abends konnten unsere Gäste die Redner*innen und andere Grüne Mandatsträger*innen beim Speeddating näher kennenlernen. Später beim Showact füllte die großartige Stimme von Princess Ray den Steinernen Saal im Landtag. Die Message war auch hier klar: I Am What I Am. Auf der Tanzfläche und v.a. auf den Arkaden des Maximilianeums fand dieser wunderbare Abend seinen Ausklang. Gegen rechte Politik und für Vielfalt in Bayern steht die queere Community zusammen – fröhlich, ernst, protestierend, tanzend, engagiert, bunt und entschlossen.