24. Mai 2016

Personalsituation und Ausstattung der bayerischen Polizei

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze, Bündnis 90/DieGrünen, vom 22.02.2016 mit den Antworten des Staatssekretärs im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, Gerhard Eck, vom 24.05.2016 (kursiv dargestellt)

Bezüglich der Antwort zur Anfrage zum Plenum vom 02.02.2016 zur Zahl der Polizeistellen in Bayern ergeben sich weitere Fragen:
1. Was bedeutet die in der oben genannten AzP-Antwort enthaltene Erläuterung, dass „jeweils diejenigen Stellen gezählt [wurden], die mit Beamten und Beamtinnen des Polizeivollzugsdienstes besetzt werden können [Hervorhebung d. Verf.]“?
zu 1.: Die Erläuterung bedeutet, dass Beamtenstellen nicht mitgezählt wurden, soweit sie ausdrücklich mit der Amtsbezeichnung einer anderweitigen Fachrichtung ausgebracht sind (z. B. Polizeirealschullehrer) und daher nicht mit Beamtinnen und Beamten des Polizeivollzugsdienstes besetzt werden können.

2. a) Wie entwickelte sich seit 2000 bis heute die Anzahl der tatsächlich besetzten Stellen, also der personelle Ist-Stand, zum Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres in Relation zur Bevölkerungzahl in Bayern (getrennt nach Bayerischer Landespolizei – hier aufgeschlüsselt nach Polizeipräsidien -, Landeskriminalamt, Bereitschaftspolizei und Polizeiverwaltungsamt)?
zu 2. a): Siehe Beantwortung unter Frage 2. b).

2. b) Wie viele laut Stellenplan vorhandene Stellen blieben in Jahren von 2000 bis heute zum Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres unbesetzt (getrennt nach Bayerischer Landespolizei – hier aufgeschlüsselt nach Polizeipräsidien – , Landeskriminalamt, Bereitschaftspolizei und Polizeiverwaltungsamt)?
zu 2. b): Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2. a) und 2. b) zusammenhängend beantwortet.
Die Stellenbewirtschaftung bei der Bayerischen Polizei erfolgt mittels eines elektronischen Systems. Die Aufbewahrungsfrist für entsprechende Aufzeichnungen beträgt fünf Jahre (Ziffer 5.3 der Verwaltungsvorschriften zu Art. 49 der Bayer. Haushaltsordnung). Es können daher nur Daten für die angefragten Stichtage ab dem 31.12.2012 angegeben werden. Gemäß dem Haushaltsvermerk für die Kap 03 17 – 03 21 können die in den Polizeikapiteln ausgebrachten Planstellen bis Besoldungsgruppe A 16 + AZ bei der Ausführung des Stellenplans je Besoldungsgruppe und Amtsbezeichnung zu einer Summe zusammengefasst und gemeinsam bewirtschaftet werden. Darüber hinaus werden Planstellen und Stellen der Besoldungsgruppe A 13 bayernweit durch das Bayer. Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr bewirtschaftet. Eine globale Angabe zum „Personal-Ist“ auf den mit Beamten und Beamtinnen des Polizeivollzugsdienstes besetzbaren Stellen ist aus diesen Gründen nicht mit Bezug auf die einzelnen Behörden des Polizeibereichs, sondern nur differenziert nach dem Haushaltskapitel sinnvoll möglich, welchem die Bewirtschaftung der jeweiligen Stellen zugeordnet ist.
Auf dieser Grundlage stellt sich die Anzahl der tatsächlich besetzten Stellen zu den einzelnen Stichtagen wie folgt dar (Rundung auf eine Nachkommastelle, für 2012-2014: Stand zum 31.12., für 2015: Stand zum 30.06; Quelle: Landesamt für Statistik):

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Die Zahl der mit Beamten und Beamtinnen des Polizeivollzugsdienstes besetzbaren Stellen, die zu den Stichtagen frei und besetzbar waren, ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen (Rundung auf eine Nachkommastelle, für 2012-2014: Stand zum 31.12., für 2015: Stand zum 30.06; Quelle: Landesamt für Statistik):

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Die zum 31.12. des jeweiligen Jahres freien Stellen wurden jeweils für Neueinstellungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt genutzt, soweit sie nicht aus beamtenrechtlichen Gründen anderweitig benötigt wurden. 
So wurden die freien Stellen zum 31.12.2015 für Neueinstellungen zum 01.01. (25) und 01.03. (517) des Folgejahres genutzt, verbleibende Stellen wurden für Erhöhung von Teilzeitanteilen, Rückkehr aus Elternzeit und Beurlaubung benötigt.

2. c) Wie viele Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte, die nach ihrer Ausbildung und Verwendung in den Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei nach rund vier Jahren zur Personalzuteilung an den polizeilichen Einzeldienst wechseln, wurden von 2000 bis 2015 jährlich eingestellt?
zu 2. c):

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Die Übersicht beinhaltet Einstellungen im Polizeivollzugsdienst der 2. und 3. Qualifikationsebene.

3. a) Wie entwickelte sich die Anzahl der teilzeitbeschäftigten Polizeibeamtinnen und -beamten hinsichtlich tatsächlich besetzter Stellen seit 2000 bis heute (absolut und prozentual zur Gesamtzahl aller aktiven Beamtinnen und Beamten und aufgeschlüsselt nach Polizeipräsidien)?
zu 3. a): Eine Auswertung der teilzeitbeschäftigten Polizeivollzugsbeamten vor dem Jahr 2011 ist wegen Einführung des neuen Personalverwaltungssystems VIVA-PSV im Jahr 2010 leider nicht möglich. Der Anlage 1 kann eine detaillierte Aufstellung über die Entwicklung der Teilzeiten bei Polizeivollzugsbeamten entnommen werden.

3. b) Wie entwickelte sich die Stellenanzahl der sogenannten “Mobilen Reserve” seit 2000 bis heute (bitte aufgeschlüsselt nach Polizeipräsidien)?
zu 3. b): Zurückgehend auf einen Beschluss des Bayer. Landtags (Drs. 12/9761) werden seit 1995/1996 für Ausfallzeiten von Polizeibeamtinnen aufgrund Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeiten zwischenzeitlich 240 zusätzliche Stellen bereitgestellt. Im Jahr 2000 standen 150 Stellen zur Verfügung. Das Kontingent wurde im Haushalt 2001/2002 auf 230 und 2003 auf 240 Stellen erhöht.
Die Stellen werden zentral beim Präsidium der Bayer. Bereitschaftspolizei in einem Stellenpool verwaltet. Im Rahmen der halbjährlichen Personalzuteilungen werden unter Berücksichtigung der für den Zeitpunkt der Zuteilung gemeldeten Schwangerschafts-, Mutterschutz- und Elternzeiten für jedes Präsidium die Zuteilungsansprüche ermittelt und zweckgebunden verteilt. Nach Ablauf der Zweckbindung kann die mobile Reserve im Verband verbleiben, der Zuteilungsanteil wird mit der Verteilung zum nächsten Zuteilungstermin verrechnet.
Gesonderte Übersichten, aus denen die Verteilung auf die einzelnen Präsidien hervorgeht, liegen erst seit dem Jahr 2014 vor.

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3. c) Wie viele BeamtInnen und Beamte wurden seit 2000 jährlich für besondere Fachrichtungen, Sondereinsatzgruppen etc. abgestellt (bitte absolut und prozentual von allen Beamten im Polizeidienst und aufgeschlüsselt nach Polizeipräsidien)?
zu 3. c): Hierzu liegen uns keine Aufzeichnungen vor.

4. a) Wie viele Mehrarbeitsstunden sammelten sich in den Jahren 2000 bis 2015 jeweils bei der bayerischen Polizei an (getrennt nach Bayerischer Landespolizei – hier aufgeschlüsselt nach Polizeipräsidien – , Landeskriminalamt, Bereitschaftspolizei und Polizeiverwaltungsamt)?
zu 4. a): Der Anlage 2 kann eine detailgenaue Aufstellung der gewünschten Daten entnommen werden. Das Bayer. Polizeiverwaltungsamt (PVA) meldet keine angeordneten oder genehmigten Mehrarbeitsstunden. Arbeitszeitguthaben unterfallen dort der Gleitzeitvereinbarung des PVA.

4. b) Welche Maßnahmen zum Ausgleich bereits angefallener und potentiell weiter anfallender Mehrarbeitsstunden existieren?
zu 4. b): In den Dienstbesprechungen des StMI mit den Polizeiverbänden (Behördenleiter und Fachebene) wird wiederkehrend auf das gemeinsame Ziel des Mehrarbeitsstundenabbaus durch großzügige Gewährung von Freizeit hingewirkt. Die Polizeipräsidenten sind deshalb angehalten, durch konsequente Dienstaufsicht in ihren Präsidien für eine entsprechende Umsetzung Sorge zu tragen. Parallel sind negative Auswirkungen auf die Einbringung des Urlaubsanspruchs zu vermeiden. Bei den Polizeiverbänden werden Belastungsspitzen im Rahmen des Controllings frühzeitig erkannt. Individuelle Maßnahmen zur Gegensteuerung, wie Unterstützungsleistungen durch benachbarte Dienststellen, z. B. auch Bereitschaftspolizei, sollen helfen, die besonderen Belastungen zu verteilen und dadurch beim Einzelnen niedriger zu halten. Der Abbau von Mehrarbeitsstunden liegt insbesondere in der Führungsverantwortung des jeweiligen Vorgesetzten. Mehrarbeitsstunden sind grundsätzlich innerhalb eines Jahres durch Freizeit abzubauen. Ist dieser Freizeitausgleich aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, sollen Mehrarbeitsstunden auch im Rahmen der zugewiesenen Haushaltsmittel und den bestehenden rechtlichen Möglichkeiten vergütet werden. Durch Zuweisung zusätzlicher Haushaltsmittel zur Abgeltung von Mehrarbeitsstunden z. B. im Rahmen des G7- Gipfels konnte 2015 ein umfangreicher finanzieller Ausgleich für Mehrarbeitsstunden erreicht werden.

4. c) Welche Maßnahmen zum Ausgleich bereits angefallener und potentiell weiter anfallender Mehrarbeitsstunden sind zukünftig ergänzend geplant?
zu 4. c): Eine Milderung der Belastungssitiation durch Mehrarbeit sollte sich durch die Zuführung und Verteilung zusätzlichen Personals ergeben.
 Die vorhandenen Sollstellen und das zur Verfügung stehende Personal werden durch die Polizeipräsidien bedarfs- und belastungsorientiert unter Berücksichtigung der bestehenden Organisation auf die Dienststellen verteilt. Es ist ständige Aufgabe der Polizeipräsidien, für ausgeglichene Belastungen z. B. durch entsprechende Personalzuführung/ -verteilung zu sorgen. Zusammen mit 345 weiteren neuen Polizeistellen, die zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus geschaffen wurden, sind für die Bayerische Polizei 2016 insgesamt 41.370 Stellen ausgebracht, was den höchsten Personalstand aller Zeiten bedeutet. Allein im Jahr 2016 sind auf dieser Grundlage mehr als 1.400 Neueinstellungen geplant. Ergänzend ist anzumerken, dass die Staatsregierung am 09.10.2015 das Sonderprogramm „Zusammenhalt fördern, Integration stärken“ beschlossen hat, welches auch weitreichende personelle Maßnahmen zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms enthält. Für die Bayerische Polizei sind in diesem Zusammenhang 500 neue Ausbildungsstellen für den Vollzugsdienst enthalten sowie 80 neue Arbeitnehmerstellen, mit deren Hilfe die Vollzugsbeamtinnen und -beamten von Verwaltungsaufgaben entlastet und Kapazitäten für den Streifendienst gewonnen werden können. Der Stellenzufluss wurde im Rahmen des Nachtragshaushaltsgesetzes 2016 am 09.12.2015 vom Bayerischen Landtag beschlossen.

5. a) Welche Neueinstellungen tariflicher Angestellter plant die Staatsregierung zu diesem Zweck an geeigneten Stellen, bspw. in der Verwaltung?
zu 5. a): Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bayerischen Polizei leisten ihren wichtigen Beitrag mit Servicediensten und Unterstützungen dort, wo kein Vollzugs- und Beamtenstatus erforderlich ist. Beispielhaft für die Vielfalt der Dienstleistungsfunktionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern können die Tätigkeitsbereiche des allgemeinen Bürodienstes, des Schreibdienstes, der Datenerfassung, der technischen Kfz-Berufe oder der Sachbearbeitung in den Abteilungen Personal und Versorgung der Polizeipräsidien genannt werden. Weitere Unterstützungsleistungen für den Vollzugsdienst erbringen beispielsweise Verkehrsdienstangestellte oder wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Bayer. Landeskriminalamt. Zusätzliche Einstellungen tariflicher Beschäftigter sind in dem Maße möglich, in dem der Haushaltsplan entsprechende Möglichkeiten in Form von zusätzlichen Stellen bereitstellt. Der Nachtragshaushalt 2016 enthält hier 80 neue Arbeitnehmerstellen, mit deren Hilfe die Vollzugsbeamten in Zusammenhang mit der Asylthematik von Verwaltungsaufgaben entlastet und so Kapazitäten für den Streifendienst gewonnen werden können. Die Stellen werden derzeit ausgeschrieben und besetzt.

5. b) Wie entwickelte sich der Krankenstand im Polizeivollzugsdienst in den Jahren 2010 bis 2015 relational zur allen tätigen Beamtinnen und Beamten (pro Monat, getrennt nach Bayerischer Landespolizei – hier aufgeschlüsselt nach Polizeipräsidien – , Landeskriminalamt, Bereitschaftspolizei und Polizeiverwaltungsamt)?
zu 5. b): Aufgrund des Ministerratsbeschlusses vom 10.01.2005 erfolgt alle zwei Jahre für die staatlich Bediensteten in Bayern durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen eine Fehlzeitenerhebung. Aufgrund der teils umfangreichen Änderung der Geschäftsbereiche der Staatsregierung während des Jahres 2013 wurde die Fehlzeitenerhebung 2013 um ein Jahr verschoben. Die Differenzierung der Fehlzeiten erfolgt dabei nicht nach Polizeivollzugsbeamten und sonstigen Beamten. Darüber hinaus liegen für die Beschäftigten der Bayerischen Polizei keine weiteren statistischen Zahlen vor. Die uns vorliegenden Daten aus den Jahren 2011 und 2014 für die Beschäftigten der Bayerischen Polizei (Beamte und Tarifbeschäftigte) können der untenstehenden Tabelle entnommen werden.

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6. a) Ist angesichts des gestiegenen Anforderungsvolumens für Polizeibeamtinnen und -beamte die Anschaffung “interaktiver Funkstreifenwagen“, wie sie bspw. in Brandenburg bereits eingesetzt werden (vgl. http://www.polizei-dein-partner.de/nc/themen/internet-mobil/detailansicht-internet-mobil/artikel/neue-interaktive-funkstreifenwagen.html), geplant?
zu 6. a) Die Bayer. Polizei verfügt seit vielen Jahren insbesondere für die Schleierfahndung über CAR-PCs und CAR-PADS, die seit 2015 um mobile vollwertige Notebook-Arbeitsplätze ergänzt wurden. Dies wird im Rahmen der technischen und rechtlichen Möglichkeiten fortentwickelt.

6. b) Wenn ja, wann sollen die interaktiven Streifenwagen zur Verfügung stehen?
zu 6. b): Entfällt.

7. Wie erklärt sich die Staatsregierung die extreme Diskrepanz zwischen den Auffassungen der GdP Bayern (Bericht der SZ, 04.02.2016: http://www.sueddeutsche.de/bayern/fluechtlinge-landespolizei-lehnt-grenzsicherung-ab-1.2847180) und des Innenministers (Pressemitteilung vom 03.02.2016: „Bayerische Polizei top in Form“) hinsichtlich des Potentials der bayerischen Polizei zur Grenzsicherung mit der vorhandenen Personalausstattung?
zu 7.: Die Aussage von Herrn Staatsminister Joachim Herrmann zur Möglichkeit, der Bundespolizei beim Schutz der Grenzen zu Österreich durch Kräfte der Bayerischen Polizei Unterstützung zukommen zu lassen, resultiert im Wesentlichen aus folgenden Überlegungen:
Seit Beginn der Grenzkontrollen durch die Bundespolizei müssen diese Kontrollen durch Schleierfahndungsmaßnahmen der Bayerischen Polizei ergänzt werden, um Lücken zu schließen.
Eine Verlagerung des Aufgabengebiets dieser Kräfte an die Grenze sowie die flexible Zuführung von weiteren Einsatzkräften für gemeinsame und ergänzende Grenzkontrollen ist grundsätzlich leistbar. Informationen darüber, wie die Gewerkschaft der Polizei Bayern ihre Auffassung begründet, sind hier nicht vorhanden.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.