16. Juli 2015

Rechtsstaatliche Reform der Tötungsdelikte im Strafgesetzbuch

Unser Dringlichkeitsantrag vom 16.07.2015

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, an der Reform der Tötungsdelikte konstruktiv im Bundesrat mitzuwirken und diese nicht durch einseitige Vorab-Festlegungen zu blockieren.
Bei dieser Reform sind insbesondere die Relikte der nationalsozialistischen Täter-Typologie („Mörder ist, wer…“) und überkommener patriarchaler Gesellschaftsvorstellungen (so genannte Heimtücke wird als besonders strafwürdig gewertet) zu streichen und der unbestimmte Rechtsbegriff der „niedrigen Beweggründe“ durch bestimmte Begriffe, wie zum Beispiel „rassistische Motive“, zu ersetzen.
Außerdem sollte der unbedingte Automatismus, dass bei besonders schweren Tötungsdelikten immer und ausnahmslos die Höchststrafe zu verhängen ist, durch ein abgestuftes Sanktionssystem abgelöst werden, um der Rechtsprechung angemessene Urteile unter Einbeziehung von Aspekten individueller Strafzumessung zu ermöglichen. Im Rahmen dieser Reformdiskussion sollte auch überprüft werden, ob die lebenslange Freiheitsstrafe in ihrer jetzigen Form dem Ziel gerecht wird, unter Achtung der Menschenwürde die Sicherheit der Bevölkerung vor weiteren Straftaten durch die Resozialisierung der straffällig gewordenen Personen zu gewährleisten.

Begründung:
Seit Jahrzehnten wird über die Reform der Tötungsdelikte im Strafgesetzbuch, also insbesondere der §§ 211 (Mord) und 212 (Totschlag) diskutiert. Eine Initiative Schleswig-Holsteins im Bundesrat hat diese Diskussion aktuell belebt. Viele Stellungnahmen wurden in diesem Zusammenhang abgegeben – beispielsweise vom Deutschen Anwaltverein im Januar 2014. Der Bundesminister der Justiz hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die am 29. Juni 2015 einen umfassenden Bericht vorgelegt hat. Derzeit wird im Bundesjustizministerium ein Gesetzentwurf erarbeitet.
Der derzeitige Gesetzeswortlaut kann zwar von der Rechtsprechung in rechtsstaatlicher Weise und verfassungskonform angewendet werden, es ist aber die Aufgabe der Gesetzgebung gerade im Kernbereich des Strafgesetzbuchs klare und allgemein verständliche Vorschriften zu schaffen, um das menschliche Leben, also das höchste Rechtsgut zu schützen, und in rechtsstaatlicher Weise Tötungsdelikte angemessen zu sanktionieren.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 16.07.2015 leider durch die Stimmen der CSU und der Freien Wähler, bei Enthaltung der SPD-Fraktion, abgelehnt.