22. April 2010

Zukunft der Photovoltaik in Bayern

Datum

22.04.2010

Titel

Zukunft der Photovoltaik in Bayern

Zeit/Ort

46. Plenum am Donnerstag, dem 22. April 2010, 09.00 Uhr, in München

Meine Rede zu unserem Dringlichkeitsantrag am 22.04.2010 im Plenum des Bayerischen Landtags

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben zu dem Thema den Dringlichkeitsantrag eingebracht; denn aktuell handelt es sich um die Frage: Wie geht es weiter mit der Einspeisevergütung für PV-Anlagen? Es ist bekannt, dass sich die Regierungsfraktionen in Berlin und auch hier in Bayern uneinig darin sind, wie weiter verfahren werden soll. Es wird schon ziemlich viel hin- und hergeschoben. Gibt es nun eine Kürzung zum Stichtag?
Mit unserem Antrag möchten wir erreichen, dass die Staatsregierung endlich einmal einen Bericht gibt und uns erklärt, wie sie zu der Kürzung jetzt steht. Uns geht es nicht darum, die Kürzung zu verschieben oder zu verhindern, sondern darum, was wir in der letzten Plenarsitzung angesprochen haben. Uns geht es um die Art der Kürzung. Wie wird die Kürzung gemacht? Soll die Kürzung um 16 % zu einem bestimmten Stichtag gemacht werden, oder soll sie stufenweise erfolgen? Im Bundestag hat der Umweltausschuss zur Novellierung des EEG gestern eine Fachanhörung durchgeführt. Die Mehrheit der Fachleute vertritt zu dem Thema die Meinung, dass eine Kürzung zu einem Stichtag nicht zweckmäßig und in der Größenordnung von 16 % zu viel ist. Das gilt einmal für die Modulhersteller, die vorwiegend in Ostdeutschland angesiedelt sind, aber auch für die Handwerksbetriebe; Letzteres trifft uns in Bayern ganz stark.
Erstaunlich bei der Sache ist, dass man den Pfad der rationalen Debatte verlassen hat und eigentlich schon in einen modernen Kuhhandel eingetreten ist. Wir müssen einmal nach Ostdeutschland schauen. Ohne dass eine Absprache stattgefunden hat, sage ich: Die Fördergelder von 100 Millionen Euro für die Modulhersteller in Ostdeutschland sind durchaus berechtigt. Aber ich frage mich schon: Wo war eigentlich die Bayerische Staatsregierung, als verhandelt wurde?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der bayerische Ministerpräsident, Herr Seehofer, der sich selber zum Retter der Solarbranche ernannt hat er ist bei diesem Thema heute nicht mal mehr anwesend -, hat im März, also vor einem Monat, gesagt: „Die Pläne des Bundeskabinetts haben für Bayern nicht hinnehmbare Konsequenzen.“ – Ja, so ist es. Aber was wird getan? Wir möchten wissen: Wie steht die Staatsregierung zur Kürzung der Vergütungen? Steht sie für eine einmalige 16-prozentige Kürzung? Tritt die Staatsregierung für eine Absenkung in Stufen ein, was den Handwerksbetrieben entgegenkommen würde?
Und wie geht die Staatsregierung eigentlich mit den Freiflächen um? Einer heutigen Pressemitteilung des Agrarministers Brunner ist zu entnehmen, dass er sich für die Beibehaltung der Einspeisevergütung auf Freiland- und Ackerflächen ausgesprochen hat.
Die Kollegen der CSU im Bundestag haben der Abschaffung aber zugestimmt, also jenen, die fordern, dass die Einspeisevergütung abgeschafft wird, dass es also keine Förderung mehr gibt. Wir fragen uns: Wo möchte Bayern eigentlich hin, wenn es um die PV-Förderung geht? Darauf braucht man eine klare Antwort.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die klare Antwort sind wir nicht nur den Unternehmen schuldig, die auf diesem Gebiet handeln, nämlich den Modulherstellern, sondern ganz deutlich auch den bayerischen Handwerkern und den bayerischen mittelständischen Betrieben, die in diesem Land die Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen. Diese Betriebe befinden sich immer noch in einer Unsicherheit darüber, was jetzt wirklich kommt. Wir reden, wenn es um den Zeitpunkt der Änderung geht, nicht mehr von Monaten oder einem halben Jahr, sondern von Wochen. Aktuell ist festzustellen, dass die Handwerker im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr vom Dach herunterkommen. Bereits jetzt gibt es Verwerfungen in den Preisen. Die Modulpreise ziehen an. Die Preise für Wechselrichter haben gewaltig angezogen. Bei den Wechselrichtern gibt es bereits erste Lieferschwierigkeiten.
Wir haben also ein kurzes Strohfeuer. Es wurde durch die Unsicherheit auf dem Markt ausgelöst. Es ist Aufgabe der Bayerischen Staatsregierung, der Unsicherheit entgegenzutreten und klipp und klar zu sagen, was sie will. Ich bitte darum, dass der Wirtschaftsminister heute ausführlich dazu Stellung nimmt.

(Margarete Bause (GRÜNE): Aber dann weiß man doch auch noch nicht, ob es die Position der Staatsregierung ist!)

– Ja, das ist das andere, Frau Kollegin. Aber ich würde schon mal gerne wissen, was der Wirtschaftsminister dazu meint, und mich würde darüber hinaus interessieren, was die CSU dazu meint, was die Staatsregierung dann machen wird.
Es kann nicht sein – darüber sind wir uns in diesem Hohen Hause sicherlich alle einig -, dass wir die bayerischen Interessen in Berlin nicht vertreten. Wenn klipp und klar deutlich ist, dass die bayerischen Interessen dort bei dieser schlagartigen Kürzung der Einspeisevergütung alles andere als gewahrt werden, dann betrifft das unsere Handwerksbetriebe hier im Lande.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Betriebe zu einer kleinen PR-Aktion einzuladen und zu sagen, dass man nun auch für die Solarkraft sei, ist einfach zu wenig. Der Minister ist uns die Antwort auf die Frage schuldig, was jetzt gemacht wird. Ich bin gespannt auf Ihre Antwort, Herr Minister!

(Beifall bei den GRÜNEN)

(…)

Staatsminister Martin Zeil (Wirtschaftsministerium):
Herr Präsident, gestatten Sie drei Sätze.
Erstens wird auch diese Debatte nach dem Motto geführt: Es ist alles gesagt, nur nicht von jedem.

(Hubert Aiwanger (FW): Das ist ja immer so!)

Zweitens verweise ich auf meine Rede von letzter Woche.
Drittens sage ich Ihnen: Die Dinge sind aus heutiger Sicht auf gutem Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

(…)

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen!
Bei so einer enttäuschenden Aussage eines Ministers muss man sich noch einmal zu Wort melden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ich weiß nicht, ob Ihnen der Ernst der Lage der Handwerksbetriebe überhaupt ansatzweise bewusst ist.

(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Das denke ich doch!)

Wissen Sie auch nur ansatzweise, was das für Zwei-, Drei-Mann-Betriebe bedeutet, die mit Aufträgen planen müssen, die vorher Module kaufen müssen, die zu bestimmten Stichtagen fertig werden müssen? Ist Ihnen das bewusst, wenn Sie hier einfach auf das verweisen, was Sie letztes Mal gesagt haben?
Sie wissen doch genau: Gestern wurde im Umweltausschuss des Bundestages darüber diskutiert, es hätten sich Dinge geändert, es gebe eine neue Art Förderprogramm für die Modulhersteller, davon sei Ostdeutschland betroffen, es hätten sich Fakten geändert. Was macht die Bayerische Staatsregierung? Sie lehnt sich zurück und sagt: Die in Berlin machen das schon. Damit vertreten Sie nicht die Interessen Bayerns. Das ist doch ein Armutszeugnis.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD – Unruhe bei der CSU)

Damit komme ich zur Aussage des Kollegen Reiß.

Dritter Vizepräsident Peter Meyer:
Herr Kollege Hartmann, ich bitte um Entschuldigung. Ich möchte die CSU-Fraktion um mehr Ruhe bitten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Bitte, fahren Sie fort.

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Nur ganz kurz zum Kollegen Reiß.
Wenn ich es richtig verstanden habe, ging es darum, die Kürzung vielleicht bis zum 1. Oktober hinauszuzögern. Ich glaube, das Problem ist Ihnen nicht bewusst. Wenn Sie die Kürzung vielleicht hinauszögern und bei einem Stichtag bleiben und Ende des Jahres wieder eine Kürzung kommt, verschärfen Sie die Situation ja wieder. Mir scheint, dieses Problem kommt bei Ihnen nicht an. Das ist echt schade, weil in Bayern so viele Firmen davon betroffen sind.
Wenn Sie einfach nur verzögern und eine Absenkung von 16 % zum 1. Oktober beschließen, dann folgt zum Jahresende die im EEG vorgesehene Kürzung, je nach Zubau, die sicher wieder im zweistelligen Bereich liegen wird. Dann haben wir über drei Monate eine Kürzung von wahrscheinlich 26 bis 28 %. Damit tun wir den bayerischen Berieben auch keinen Gefallen. Entscheidend ist, dass man diese Stufe entschärft. Das kann man aber nur erreichen, indem man monatlich oder quartalsweise eine einmalige Sonderkürzung macht, die über mehrere Stufen aufgeteilt wird. Das ist machbar.
Letztes Mal kam vom Kollegen der FDP der Vorwurf: Ihr seid zu bürokratisch. Sie haben sich heute ja nicht mehr zu Wort gemeldet.

(Tobias Thalhammer (FDP): Das habe ich letzte Woche nicht gesagt!)

– Das haben Sie nicht gesagt? Entschuldigung. Dann war es wohl vom CSU-Kollegen.
Aber das Argument, es sei aufwendig, die Kürzung in mehreren Stufen zu machen, ist doch absurd. Jeder weiß, es gibt x Sondertarife im Strombereich. Sie als Privatkunde bekommen das natürlich nicht mit. Aber Firmen haben x Sondertarife. Es ist alles berechenbar und abrechenbar. Es ist doch absurd zu denken, es sei technisch nicht möglich zu sagen: Die Anlage, die zum 1. Juli ans Netz geht, kriegt 1,35 % weniger Einspeisevergütung. Die Anlage, die einen Monat später ans Netz geht, kriegt noch einmal 1,35 % weniger. Das ist doch überhaupt nicht kompliziert. Das ist absolut machbar. Wir haben im EEG eine ganze Reihe verschiedener Instrumente, wie die Einspeisevergütung berechnet wird. Da gibt es eine Grundvergütung, dann gibt es einen Nachhaltigkeitsbonus bei Kraft-Wärme-Anlagen. Das funktioniert dort auch alles mit mehreren Tarifen. Warum sollte das bei den PV-Anlagen nicht gehen?
Zum Schluss noch zu dem, was vorhin von der FDP bei der Zwischenmeldung angesprochen wurde. Es spricht sich bei uns in der GRÜNEN-Fraktion keiner gegen eine Kürzung aus. Das muss man ganz deutlich sagen. Wir halten aber eine angemessene Anpassung in Stufen für angebracht, und zwar aus folgendem Grund: Wir haben ein Ziel, und zwar seit dem Jahr 2000, und bei diesem Ziel sind wir erfolgreicher, als wir je gedacht hatten. Es ist das Ziel, den Solarstrom jedes Jahr günstiger und wettbewerbsfähiger zu machen. Dafür haben wir im EEG auch Stufen vorgesehen, die jedes Jahr reduziert werden. Es ist sehr positiv, dass die Modulpreise schneller gefallen sind. Aber trotzdem kann die Politik doch nicht eine Hauruck-Aktion machen. Eigentlich ist es gar keine richtige Hauruck-Aktion, weil man nicht genau weiß, was man machen möchte. Man braucht trotzdem Planungssicherheit. Die Modulpreise sind ja nur ein Teil der Kosten. Dazu kommen die Handwerker, die auch entsprechend planen müssen, sodass man sagen kann: Eine Kürzung ist richtig, aber bitte in Stufen.
Ich bitte wirklich – eigentlich müsste man das ja fordern -, man kann doch von der Bayerischen Staatsregierung erwarten, dass sie die bayerischen Interessen in Berlin vertritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Leider wurde unser Dringlichkeitsantrag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CSU und FDP abgelehnt.

Anbei finden Sie Links zu Videomitschnitten meiner Rede. Außerdem können Sie in der angefügten pdf-Datei den Diskussionsverlauf als Auszug des Plenarprotokolls nachlesen. Die in Verbindung stehende Nachricht führt Sie zu weiteren Informationen über unseren Antrag.

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