Zugausfälle und Schienenersatzverkehr bei der Bayerischen Regiobahn
Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 09.07.2019, mit den mit den Antworten des Staatsministers für Wohnen, Bau und Verkehr, Dr. Hans Reichart, vom 16.08.2019 (kursiv dargestellt)
Seit Fahrplanwechsel im Dezember 2018 haben sich knapp 50 Prozent aller bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) eingegangenen Fahrgastbeschwerden auf eines der Netze der BOB (Bayerische Oberlandbahn) bzw. BRB (Bayerische Regiobahn) bezogen. Besonders stark ist von den Beschwerden die seit Dezember 2018 neu eingesetzte Ostallgäu-Lechfeld-Bahn betroffen. So lag deren Pünktlichkeitswert beispielsweise bereits im Dezember nur bei 80 Prozent. Zur weit unterdurchschnittlichen Pünktlichkeit kommen weitere Probleme wie beispielsweise vermeidbare Anschlussverluste am Bahnhof Kaufering oder personalbedingte Ausfälle der Taktverstärker zwischen Augsburg und Bobingen sowie der Züge auf dem Abschnitt Kaufering – Landsberg seit 01.02. hinzu. Nach Ende des vergangenen Winters wurden im Anschluss an Gespräche zwischen der BEG und der BRB Verbesserungen der Betriebsabläufe versprochen. Diese sind jedoch aus Sicht der Fahrgäste nicht spürbar, erzeugen Unmut bei den Pendlerinnen und Pendlern und schrecken Gelegenheitsfahrerinnen und -fahrer, die für den ÖPNV zwecks Minimierung des Individualverkehrs langfristig zu gewinnen wären, von der Fahrzeugwahl Bahn nachhaltig ab.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung;
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:
1.a: Wann kam es nach Fahrplanänderung im Dezember 2018 auf der Strecke Landsberg – München via Kaufering zu Anschlussverlusten in Kaufering (bitte jeweils auflisten nach Datum, Uhrzeit und Zugnummern)?
Antwort: Nach Angaben der Bayerischen Regiobahn (BRB) konnten im Auswertungszeitraum vom 09.12.2018 bis zum 30.06.2019 auf der Strecke Landsberg – München via Kaufering insgesamt 20 Anschlüsse in Kaufering sicher nicht erreicht werden, d. h. der Zubringerzug aus Landsberg ist erst nach Abfahrt des Anschlusszuges in Kaufering eingetroffen. Bei weiteren acht Verbindungen war die Anschlusserreichung nicht sichergestellt, d. h. der Zeitraum zwischen der Ankunft des Zubringerzuges aus Landsberg und der Abfahrt des Anschlusszuges lag unter der für den Bahnhof Kaufering festgelegten Übergangszeit von 01:20 Minuten bis 01:30 Minuten). In den Fällen, bei denen diese Übergangszeit nur um wenige Sekunden unterschritten wurde, ist anzunehmen, dass die Fahrgäste den Anschlusszug dennoch erreicht haben.
Eine zugscharfe Auflistung der Anschlussverluste ist als Anlage 1 beigefügt.
(Anmerkung: Diese finden Sie am Ende dieses Beitrags in der dort verlinkten pdf-Datei.)
1.b: Aus welchen Gründen kam es nach Fahrplanänderung im Dezember 2018 auf der Strecke Landsberg – München via Kaufering zu Anschlussverlusten in Kaufering?
Antwort: Anschlussverluste können eintreten, wenn die Verspätung eines ankommenden Zuges so groß ist, dass die für einen Bahnhof ausgewiesene Mindestübergangszeit nicht mehr eingehalten werden kann. Lag die Ankunft zeitlich nach der Abfahrt des Anschlusszuges, so wurde der Anschluss sicher nicht erreicht, lag die Ankunft so, dass die Mindestübergangszeit zwar unterschritten, der Anschlusszug aber noch nicht abgefahren war, so war die Anschlusserreichung zwar nicht sichergestellt, der Zug wurde aber möglicherweise doch erreicht.
2.a: Wann kam es nach Fahrplanänderung im Dezember 2018 auf der Strecke München – Landsberg via Kaufering zu Anschlussverlusten in Kaufering (bitte jeweils auflisten nach Datum, Uhrzeit und Zugnummern)?
Antwort: Nach Angaben der BRB konnten im Auswertungszeitraum vom 09.12.2018 bis zum 30.06.2019 auf der Strecke München – Landsberg via Kaufering insgesamt 468 Anschlüsse in Kaufering sicher nicht erreicht werden. Bei 268 weiteren Verbindungen war die Anschlusserreichung nicht sichergestellt.
Eine zugscharfe Auflistung der Anschlussverluste ist als Anlage 2 beigefügt.
(Anmerkung: Diese finden Sie am Ende dieses Beitrags in der dort verlinkten pdf-Datei.)
2.b: Aus welchen Gründen kam es nach Fahrplanänderung im Dezember 2018 auf der Strecke München – Landsberg via Kaufering zu Anschlussverlusten in Kaufering?
Antwort: Anschlussverluste können eintreten, wenn die Verspätung eines ankommenden Zuges so groß ist, dass die für einen Bahnhof ausgewiesene Mindestübergangszeit nicht mehr eingehalten werden kann. Lag die Ankunft zeitlich nach der Abfahrt des Anschlusszuges, so wurde der An-schluss sicher nicht erreicht, lag die Ankunft so, dass die Mindestübergangszeit zwar unterschritten, der Anschlusszug aber noch nicht abgefahren war, so war die Anschlusserreichung zwar nicht sichergestellt, der Zug wurde aber möglicherweise doch erreicht.
3.a: Wann kam es im genannten Zeitraum auf beiden Strecken/Fahrtrichtungen zu Zugausfällen?
5.a: Wurde in den in Frage 3 erfragten Fällen den Fahrgästen jeweils ein Schienenersatzverkehr (SEV) angeboten?
5.b: Falls nein, warum nicht?
Antwort: Die Fragen 3a, 5a und 5b werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Im Auswertungszeitraum vom 09.12.2018 bis zum 30.06.2019 sind auf den Strecken Landsberg – Kaufering sowie Kaufering – München (jeweils in beiden Fahrtrichtungen) insgesamt 6.943 Zugkilometer entfallen. Hiervon wurden 5.619 Zugkilometer mit einem Schienenersatzverkehr (SEV) ersetzt. Nach Mitteilung der BRB standen in den Fällen, in denen kein SEV bereitgestellt wurde, wegen der Kurzfristigkeit der Ausfälle keine Busse zur Verfügung.
Eine zugscharfe Einzelauflistung der Zugausfälle sowie der erbrachten SEV-Leistungen ist als Anlage 3 beigefügt.
(Anmerkung: Diese finden Sie am Ende dieses Beitrags in der dort verlinkten pdf-Datei.)
3.b: Welche Gründe hatten diese jeweils?
Antwort: Nach Mitteilung der BRB sind die Ausfälle im Auswertungszeitraum vom 09.12.2018 bis zum 30.06.2019 auf nachfolgend dargestellte Ursachen zurückzuführen (jeweiliger Anteil an den ausgefallenen Zugkilometern):
Bauarbeiten 67,6 %
Verkehrliches Personal (EVU) 9,3 %
Umlauf-/Einsatzplanung 7,2 %
Fahrzeuge 3,7 %
Witterung 3,6 %
Personal DB Netz 2,2 %
Leit- und Sicherungstechnik 2,1 %
Sonstiges 4,2 %
Eine zugscharfe Auflistung der Ausfallgründe ist gleichfalls der Anlage 3 zu entnehmen.
(Anmerkung: Diese finden Sie am Ende dieses Beitrags in der dort verlinkten pdf-Datei.)
4.a: Wer ist für die in Frage 1 – 3 benannten und erfragten Gründe und Umstände verantwortlich?
Antwort: Zu den Gründen für Anschlussverluste wird auf die Antwort zu den Fragen 1.b und 2.b verwiesen, die Ursachen für Zugausfälle ergeben sich aus der Antwort zu Frage 3.b.
4.b: In wie vielen Fällen kam es in den letzten 12 Monaten zu weiteren Zugausfällen auf von der BRB befahrenen Strecken in Bayern?
Antwort: Die BRB betreibt neben dem Dieselnetz Augsburg I (München – Kaufering Buchloe/Landsberg, Augsburg – Füssen) auch das Dieselnetz Augsburg II (Augsburg – Ingolstadt – Eichstätt sowie Augsburg – Schongau). In diesem Netz sind den letzten 12 Monaten (Auswertungszeitraum 01.07.2018 bis 30.06.2019) insgesamt 50.516 Zugkilometer entfallen. Dies entspricht einer Ausfallquote von rund 1,7 Prozent der bestellten Zugkilometer.
4.c: In wie vielen dieser Fälle wurde Schienenersatzverkehr (SEV) angeboten?
Antwort: 33.359 der 50.516 ausgefallenen Zugkilometer wurden mit Bussen ersetzt.
6.: Welche Maßnahmen beabsichtigt die Staatsregierung bzw. die BEG zu ergreifen, um die andauernden Missstände zu beheben?
Antwort: Die BRB verkehrt seit dem Jahr 2008 im Dieselnetz Augsburg II mit in der Regel überdurchschnittlichen Pünktlichkeitswerten und guten Ergebnissen im Qualitätsmesssystem der BEG. Insofern hat sich die BRB in diesem Netz in den vergangenen Jahren durch einen insgesamt sehr stabilen Betrieb ausgezeichnet. Nennenswerte betriebliche Probleme sind erstmals durch die personalbedingten Zugausfälle im Juli 2019 aufgetreten. Die aktuellen Personalengpässe stellen kein spezifisches Problem der BRB dar, sondern betreffen mittlerweile alle Regionen in Deutschland sowie alle Verkehrsunternehmen. So ist es in den vergangenen Monaten deutschlandweit immer wieder zu Zugausfällen gekommen, insbesondere wenn vermehrte Krankheitsfälle während der Urlaubszeit auftreten.
Für die Staatsregierung hat die Verbesserung der Personalsituation höchste Priorität. Der Freistaat engagiert sich deshalb gemeinsam mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen und der Bundesagentur für Arbeit in der „Fachkräfteoffensive Bahn Bayern“, um diesem Problem nachhaltig entgegenzuwirken. Letztendlich bedarf es jedoch auch einer bundesweiten Initiative, um das deutschlandweite Problem des Lokführermangels zu beheben. Das Thema wurde daher bereits in verschiedene bundesweite Gremien eingebracht, um eine Zusammenarbeit von politischen Akteuren sowie den betroffenen Verkehrsunternehmen auf Bundesebene zu forcieren.
Das von der BRB seit Dezember 2018 betriebene Dieselnetz Augsburg I ist zunächst mit erheblichen Problemen in Form von Verspätungen, Zugausfällen und Anschlussverlusten gestartet. Zur nachhaltigen Verbesserung der Situation wurden u. a. die folgenden wesentlichen Maßnahmen vereinbart:
– Verbesserung der Betriebsabläufe durch kurzfristige Umlaufänderungen
– Verbesserung der Betriebsabläufe durch infrastrukturelle Maßnahmen
– Intensivierte Abstimmung zwischen der BRB und den anderen beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen zur verbesserten Anschlusssicherung
– Maßnahmen zur Behebung von Fahrzeugstörungen und Komfortmängeln an den Fahrzeugen
Diese Maßnahmen haben zu einer deutlichen Stabilisierung des Betriebs und der Pünktlichkeit im Dieselnetz Augsburg I geführt. So liegt hier die Pünktlichkeit seit April 2019 über dem bayernweiten Durchschnitt.
7.a: Haben die Verspätungen oder Zugausfälle Sanktionen für die BRB, beispielsweise in Form von Strafzahlungen, zur Folge?
Antwort: Im Rahmen der Verkehrsdurchführungsverträge werden konkrete Mindestpünktlichkeitswerte (Monats- und Jahrespünktlichkeitswerte) vorgegeben. Werden die vertraglich geforderten Pünktlichkeitswerte nicht erreicht, dann fallen Vertragsstrafen (Pönalen) an. Fallen Züge ganz oder auf Teilstrecken aus, so erhalten die Verkehrsunternehmen für die ausgefallenen Zugkilometer kein Bestellerentgelt.
7.b: Falls ja, wie hoch sind diese?
7.c: Falls ja, wie werden diese errechnet?
Antwort: Die Fragen 7b) und 7c) werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die Pönalen für das D-Netz Augsburg II berechnen sich wie folgt:
– Monatspünktlichkeitswerte: Es erfolgt je Zehntelprozentpunkt der Abweichung (d. h. der geforderte Pünktlichkeitswert wird unterschritten) eine Kürzung von einem Zwölftel der jährlichen Ausgleichszahlungen (inkl. Infrastrukturbenutzungsgebühren) um 0,05 Prozent.
– Jahrespünktlichkeitswerte: Es erfolgt je Zehntelprozentpunkt der Abweichung (d. h. der geforderte Pünktlichkeitswert wird unterschritten) eine Kürzung um 0,05 Prozent der jährlichen Ausgleichzahlung (inkl. Infrastrukturbenutzungsgebühren).
In neueren Ausschreibungen werden aufgrund der höheren Anreizwirkung anstatt der gezahlten Ausgleichszahlungen die Betriebskosten als Berechnungsgrundlage für die Pünktlichkeitspönalen herangezogen. Die Pönale im Dieselnetz Augsburg I errechnet sich somit nach der gleichen Formel wie im Dieselnetz Augsburg II – mit dem einzigen Unterschied, dass als Berechnungsgrundlage die Betriebskosten und nicht das gezahlte Bestellerentgelt dient. Zur Höhe der erhobenen Pünktlichkeitspönalen dürfen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen keine Angaben gemacht werden, da sich anhand der Werte ein Rückschluss auf das kalkulierte Bestellerentgelt ziehen lässt.
8.a: Ist angesichts des am 08. Juli 2019 in der Presse bekannt gegebenen aktuellen Lokführermangels mit einer weiteren Verschlechterung der Verkehrssituation bei der BRB zu rechnen?
Antwort: Nach Mitteilung der BRB werden im September 2019 zwei Ausbildungsgruppen für Triebfahrzeugführer für die beiden Netze (Dieselnetze Augsburg I und II) abgeschlossen. Somit wird sich – vorausgesetzt die Auszubildenden bestehen ihre Abschlussprüfungen – die Personalsituation bei der BRB im Laufe des Monats September spürbar entspannen. Weitere Ausbildungsgruppen sollen in den kommenden Monaten sukzessive abgeschlossen werden.
8.b: Auf welchen Strecken plant die BRB Schienenersatzverkehr für die ausfallenden Züge anzubieten?
8.c: Werden alle Zugausfälle durch SEV ersetzt werden?
Antwort: Die Fragen 8b) und 8c) werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nach Kenntnis der Staatsregierung wird die BRB wegen akutem Personalmangel bis zum Ende der Sommerferien auf den Strecken Ingolstadt – Eichstätt und Landsberg – Kaufering einen Schienenersatzverkehr einrichten und alle entfallenden Züge durch Busse und Taxen ersetzen. Außerdem werden die Züge zwischen Schongau und Weilheim aufgrund einer baustellenbedingten Totalsperrung bis zum 08.09.2019 durch Busse ersetzt.
Des Weiteren wird bis zum Ende der Sommerferien anstatt des Viertelstundentaktes zwischen Augsburg und Friedberg ein Halbstundentakt angeboten. Außerdem entfallen montags bis donnerstags zwei Züge zwischen Augsburg und Bobingen.
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