Überführung der Atomrückstellungen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds – keine Entlassung der Atomkraftwerksbetreiber aus der Haftung
Unser Dringlichkeitsantrag vom 15.05.2014
Der Landtag wolle beschließen:
Der Landtag stellt fest:
Die Betreiber deutscher Atomkraftwerke (AKW) sind
gemäß dem Verursacherprinzip verpflichtet, finanzielle Vorsorge für die Entsorgung des Atommülls und
den Rückbau der Anlagen zu treffen. Diese Vorsorgeleistungen sind jedoch unzureichend. Für die Entsorgung radioaktiver Abfälle sowie für Stilllegung und Rückbau der Atomkraftwerke bilden die Energieversorgungsunternehmen (EVU) Rückstellungen. Diese Rückstellungen werden bislang von den AKW-Betreibern verwaltet. Dabei muss gewährleitet werden, dass die Finanzmittel zum entsprechenden Zeitpunkt in erforderlichem Umfang zur Verfügung stehen. Die Gesamtsumme der Rückstellungen betrug Ende 2011 ca. 33 Mrd. Euro. Diese Rückstellungen sind jedoch nicht vor Krisen oder einer Insolvenz des Betreibers geschützt.
Im konventionellen Stromgeschäft sinken die Renditen der großen Stromkonzerne. Angesichts ihrer geringen Bereitschaft zur Bereinigung des Kraftwerksparks und der weitgehenden Verweigerung an der Energiewende aktiv mitzuarbeiten ist die finanzielle Leistungsfähigkeit der atomkraftwerksbetreibenden Stromkonzerne ungesichert.
Der Landtag fordert die Staatsregierung auf,
1. sich im Bundesrat dafür einzusetzen, die Rückstellungen der AKW-Betreiber für die atomrechtlich gebotenen Entsorgungsschritte (Stilllegung und Abbau von Kernkraftwerken, Brennelemententsorgung, Entsorgung radioaktiver Betriebsabfälle) in einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen;
2. für mehr Transparenz bei den Rückstellungen einzutreten und für die bayerischen Atomkraftwerke offenzulegen, welcher Finanzbedarf über welchen Zeitraum für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung von Brennmaterial erwartet wird;
3. sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die atomkraftwerksbetreibenden Unternehmen nicht aus der voll umfänglichen Haftung für den Atommüll entlassen werden.
Begründung:
Die derzeitige Praxis der Rückstellungen birgt grundlegende Risiken. Da die EVU die Rücklagen eigenständig verwalten, dienen sie als günstige Finanzierungsquelle für Investitionen oder die Erschließung neuer Geschäftsfelder. Dies stellt einen bedeutsamen Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Stadtwerken und Anbietern erneuerbarer Energien dar und die Rückstellungen wirken so als versteckte Subventionierung der Atomkonzerne.
Solange die Rückstellungen von den Energieversorgungsunternehmen selbst verwaltet werden, besteht zudem keine Absicherung gegen das Insolvenzrisiko der EVU. Eine sachgerechte Prüfung der Höhe der Rückstellungen ist bislang unmöglich, da die AKW-Betreiber nicht offenlegen müssen, welche Kosten sie für die Zukunft erwarten. Daher kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Rückstellungen zu niedrig angesetzt werden. Das hat der Bundesrechnungshof in seinen „Bemerkungen 2010 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes – Weitere Prüfungsergebnisse“ vom 12. April 2011 festgestellt.
Die Überführung der Rückstellungen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds stellt sicher, dass Mittel im Bedarfsfall in ausreichender Höhe unverzüglich zur Verfügung stehen. In der Schweiz wird dies bereits so praktiziert („Verordnung über den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds für Kernanlagen SEFV‘“ vom 7. Dezember 2007).
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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.
Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 15.05.2014 leider durch die Stimmen der CSU abgelehnt. Bei der Abstimmung über unsere 1. Forderung, die zuvor geändert wurde in „sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass geprüft wird…“, stimmten 7 Mitglieder der CSU Fraktion ebenfalls für unseren Antrag; dies reichte jedoch dennoch nicht für die mehrheitliche Annahme dieses Punktes. In namentlicher Abstimmung wurde der Gesamtantrag anschließend mit 61:75 Stimmen abgelehnt.