Plenarrede: Windenergie in Bayern voranbringen – Den Dialog mit allen Bürgerinnen und Bürgern suchen!
Hier geht es zu einem Videomitschnitt meines Redebeitrags. Über die dortige Playlist können Sie sich auch die gesamte Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt anschauen. In dieser pdf-Datei können Sie ferner den gesamten Diskussionsverlauf, den Antragstext und die Abstimmungsergebnisse nachlesen.
Auszug aus dem Plenarprotokoll vom 20.06.2013:
Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!
An das, was die Staatsregierung in der Energiedebatte hier im Hohen Haus oder über die Medien von sich gibt, haben wir uns schon weitgehend gewöhnt. Es werden Maßnahmen angekündigt. Ein Minister sabotiert in der Staatsregierung faktisch schon offen die Energiewende. Der andere Minister kann sich nicht durchsetzen. In den letzten Tagen und Wochen ist von dem leider nicht anwesenden Ministerpräsidenten eine Debatte zur Energiewende ausgelöst worden. Es ging um den Abstand von Windkraftanlagen zu Wohngebieten. Der Ministerpräsident hat sich von irgendjemand ins Ohr flüstern lassen, dass der Abstand mindestens das Zehnfache der Masthöhe betragen müsse. Damit käme der Ausbau der Windkraft in Bayern komplett zum Erliegen. Wir reden von einem Abstand von zwei Kilometern. Nur zum Vergleich: Die Bürgerinnen und Bürger, die in der Nähe des Kernkraftwerks Gundremmingen leben, haben einen Abstand von einem Kilometer zu dieser Anlage. Davor kann man Angst haben. Bei großen Windkraftanlagen von Angst zu sprechen, ist wirklich nur peinlich.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Bei einem weiteren Thema, über das wir hier diskutieren, ist es erstaunlich, dass sich draußen vor Ort immer alle Parteien einig sind. Es wird immer von der Verlässlichkeit der Energiewende und der Planungssicherheit gesprochen. Was ist aber jetzt schon wieder gemacht worden? Der Ministerpräsident posaunt die Unterstützung der Windkraftgegner hinaus. Er setzt sich fast schon an die Speerspitze der Windkraftgegner und sorgt für eine gewaltige Verunsicherung bei den Investoren. Ich fahre oft durch Bayern und besuche Energiegenossenschaften, Stadtwerke, engagierte Bürgermeister aller Parteien, die mit den Menschen vor Ort aktiv in die Windkraft investieren wollen. Diese Projekte erfahren jetzt eine solche Unsicherheit, dass sie kaum noch realisiert werden können.
Ein weiterer Punkt, und da gehe ich gleich auf den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der CSU ein. Vorher waren Vertreter der Projektplaner für Windkraftanlagen und viele Bürgerinnen und Bürger hier. Sie haben eine Petition überreicht. Der Ministerpräsident hat immer wieder gesagt, ihm gehe es darum, eine Umzingelung der Ortschaften zu vermeiden. Meine Damen und Herren, wir haben ein Instrument, das diese Umzingelung längst verhindern kann. Wir alle wissen, die Windkraftanlagen sind im Baurecht privilegiert. Wir wissen aber auch, wenn die Planungsverbände sich mit den Landräten und den Bürgermeistern zusammensetzen, dann können Sie Vorranggebiete ausweisen und schon jetzt eine Umzingelung der Gemeinden verhindern und den Ausbau steuern.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Ein weiterer Bereich, der auch die Staatsregierung trifft und den wir hier oft genug diskutiert haben: Wenn man den Kommunen helfen möchte, dann muss das anders gehen als mit einem Antrag auf Bundesebene. Es ist unbestritten, dass es Probleme gibt, und wir wissen auch: Es gibt die eine oder andere Diskussion. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger einbinden und richtig einbeziehen. Deshalb müssen wir den Kommunen, die die Planungshoheit haben, die richtigen Instrumente zur Verfügung stellen. Es ist endlich ein 3-D-Windatlas herauszubringen. Wir brauchen endlich Planungssicherheit, auch für die Kommunen. Jetzt haben wir aber eine ganz andere Situation: Alle Landräte, alle Bürgermeister, gleich welcher Partei, die sich über die Vorranggebiete bereits Gedanken gemacht haben, mit Abständen von 800 Metern, was im Erlass der Staatsregierung drinsteht, die wissen jetzt nicht, was sie machen sollen. Sollen sie die Planungen auf Eis legen und erst mal abwarten? Oder sollen sie warten, bis Herr Seehofer endlich wieder eine andere Idee hat? Wenn sich der Ministerpräsident einfach nur hinstellen und sagen würde, er will überhaupt keine Windkraftanlagen, dann wüssten die Investoren, was sie in diesem Land erwartet oder auch nicht. Der Ministerpräsident macht es aber immer so, wie es sich nun auch im Antrag der CSU widerspiegelt: Man lässt sich alle Möglichkeiten offen, ohne konkret zu sagen, was man möchte.
Ich habe meine Rede damit begonnen, und damit möchte ich auch enden: Wir alle wissen, dass die Energiewende große Investitionen benötigt. Das ist unbestritten. Große Investitionen im Land sind notwendig, sie bringen Wertschöpfung und Arbeitsplätze und vieles mehr in die Region. Es ist aber ganz entscheidend, dass sich die Projektplaner, die Energiegenossenschaften, die Stadtwerke und die Bürgerinnen und Bürger, die an der Energiewende mitarbeiten möchten, die sie mitgestalten möchten, auf die Entscheidungen verlassen können, die die Politik gefällt hat. Dafür ist es jetzt höchste Zeit. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vor einem halben Jahr, als die Energiewende noch einen anderen Stellenwert gehabt hat, hätte die Staatsregierung unserem Antrag ohne Weiteres folgen können. Im ersten Absatz stellen wir deutlich fest, hinsichtlich der Nutzung der Windenergie solle die Staatsregierung an ihrem Konzept „Energie innovativ“, das am 24. Mai 2011 beschlossen wurde, festhalten. Wir fordern, die bestehenden Empfehlungen zur Abstandsbemessung in den „Hinweisen zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen“, im sogenannten Windenergieerlass, nicht zu ändern. Außerdem wollen wir, dass der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gesucht wird. Da sind alle gefragt, wir beteiligen uns gerne daran.
(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)
(…)
Meine Zwischenbemerkung auf die Ausführungen des Kollegen Blume (CSU):
Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Kollege Blume, ist Ihnen eigentlich noch die Debatte in Erinnerung, in der Ihr damaliger Wirtschaftsminister sagte: Bayern, ein Land ohne Windkraft? – Die Windkraftanlagen sind in Bayern deshalb rentabel geworden, weil die Anlagen höher geworden sind; denn oben weht mehr Wind. Wir alle wissen, dass das bei den niedrigen Anlagen nicht funktioniert. Bei den höheren Anlagen ist der Ertrag größer. Das ist wirtschaftlicher, und die Versorgungssicherheit ist besser, weil der Wind durchschnittlich ruhiger, konstanter weht als in niedrigen Höhen.
Sie haben einen Vergleich zwischen Baden-Württemberg und Bayern angestellt. Von der Planung bis zur Genehmigung vergehen ungefähr drei Jahre. Zeigen Sie mir einmal eine Windkraftanlage, die in Bayern auf der Grundlage des neuen Erlasses am Netz ist, eine Anlage, die trotz des Widerstandes der Bürger von der Staatsregierung und den Bürgermeistern umgesetzt worden ist.
Sie haben weiter die Umzingelung von Ortschaften angesprochen. Da haben die Planungsverbände Vorranggebiete ausgewiesen. Meistens handelt es sich um nur 1,5 % der Fläche im Vorranggebiet bzw. im Planungsgebiet. Da kann doch keiner von einer Umzingelung der Ortschaften sprechen. Des Weiteren haben Sie gemeint, es müsse ein Rückhalt in der Bevölkerung gegeben sein. Aber nach Umfragen stehen eigentlich 80 % hinter der Windkraft. Da haben wir einen Rückhalt in der Bevölkerung wie in kaum einem anderen Bereich.
Dann gibt es noch etwas Merkwürdiges. Auf der einen Seite haben Sie in der Energiekommission den Gedanken vertreten, dass möglichst viele Produktionsanlagen in Bayern stehen sollten. Wir alle wissen aber: Die Energiewende wird mit Wind und Sonne entweder gelingen oder nicht gelingen. Wenn Sie in den Wind eine Bremse einziehen, dann wird sie nicht gelingen.