20. März 2020

Offener Brief für eine Verschiebung der Olympischen Sommerspiele in Tokio

Sehr geehrter Herr Dr. Bach,
sehr geehrter Herr Dr. Hörmann,

in der Debatte um die Olympischen Sommerspiele 2020 in Zeiten der weltweiten Corona-Krise fordere ich Sie auf, Verantwortung für die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler zu übernehmen und sich für eine Verschiebung des Sportereignisses einzusetzen. Gleichzeitig wäre diese Maßnahme ein klares Signal an alle Menschen, dass die Corona-Krise uns alle betrifft und auch die wichtigste Sportorganisation der Welt ihrer Vorbildrolle gerecht wird.

Das Coronavirus hat uns und damit auch den Sport fest im Griff: Im Profifußball und im Amateur- und Breitensport sind alle Wettkämpfe abgesagt, der Tennis-Grand-Slam setzt aus, die Fußball- Europameisterschaft wird verschoben. In vielen Ländern gelten Ausgangsbeschränkungen, das öffentliche Leben steht still, die Zahl der Infizierten und Toten steigt weltweit rasant.

Jede Bürgerin und jeder Bürger ist in dieser schwerwiegenden Krise aufgerufen, verantwortlich und solidarisch zu handeln. Und: Wir alle sind aufgefordert, Vorbild zu sein und durch unser krisengerechtes Verhalten andere Menschen zum Nachahmen zu animieren. Das IOC signalisiert derzeit mit seinem Festhalten an Olympia 2020 in Tokio hingegen, dass Corona doch nicht so schlimm sei. Diese Verharmlosung gibt einen verheerenden Fingerzeig, der für viele Menschen weltweit tödlich enden kann. Zweitens erwecken IOC und DOSB mit ihrer scheinbar unverrückbaren Haltung den Eindruck, dass Profitstreben und Kommerz wichtiger sind als die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler sowie der Bevölkerung weltweit.

Bitte denken Sie jetzt um! Olympia, wo Tausende Sportler*innen aus der ganzen Welt zusammenkommen, kann in dieser Zeit nicht im „business-as-usual-Modus“ durchgeführt werden. Das Risiko einer weiteren Ausbreitung des Virus bei den Spielen wäre gigantisch. Beugen Sie sich also nicht dem Druck finanzieller Interessen und der Großsponsoren: Senden Sie einen starke Botschaft in die Welt, die dem olympischen Gedanken und der legendären völkerverbindenden Kraft des größten globalen Sportereignisses entspricht – Gesundheit und Lebensrettung haben Vorrang.

Was eine viermalige Olympiasiegerin und Medizinerin auf den Punkt gebracht hat, sollten auch Sie als Vertreter des DOSB und IOC respektieren: „This crisis is bigger than even the Olympics.“

Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender
Max Deisenhofer, sportpolitischer Sprecher

 

Link zum offenen Brief an Dr. Thomas Bach, Präsident International Olympic Committee
Link zum offenen Brief an Alfons Hörmann, Präsident Deutscher Olympischer Sportbund e.V.

München, den 20.03.2020