10. Oktober 2012

Meine Bewertung des Zwischenberichts der Energiekommission des Bayerischen Landtags

Am heutigen Mittwoch, 10. Oktober 2012, hat die Energiekomission zur parlamentarischen Begleitung der Energiewende des Bayerischen Landtags ihren Zwischenbericht an die Landtagspräsidentin Frau Barbara Stamm übergeben.
Da dieser leider noch nicht offiziell auf der Internepräsenz des Bayerischen Landtags veröffentlicht wurde, stelle ich Ihnen den Zwischenbericht gerne in diesem Artikel als pdf-Datei zur Verfügung.
In der anschließenden Pressekonferenz haben die Mitglieder der Energiekommission Gelegenheit erhalten ihre Stellungnahme zur Arbeit der Energiekommission zu geben.
Meine Stellungnahme möchte ich im Folgenden dokumentieren:

Grüne Einschätzung zur Zwischenbilanz der Energiekommission

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Einrichtung der Energiekommission von Anfang an kritisiert, da diese nicht einmal die minimalen Rechte eines regulären Landtagsausschusses hat. Diese Befürchtungen haben sich mehr als bewahrheitet.

Der im Titel und im Beschluss des Landtags formulierte Anspruch einer „parlamentarischen Begleitung der Energiewende“ ist eine Farce.

Dafür vier Beispiele:

– In der zweiten Sitzung hat die Energiekommission – auf meine Anregung hin – den Versuch unternommen, eine gemeinsame Datengrundlage für den Strombereich in Bayern zu bekommen. Ein in diesem Zusammenhang formulierter Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium wurde zwar kurzfristig, aber äußerst unzureichend beantwortet. Auch ein Vertreter der CSU-Fraktion kam zu der Einschätzung, dass man sich bei der Beantwortung mehr Mühe hätte geben können. Trotz mehrerer Interventionen der Grünen, in den Sitzungen, beim Kommissionsvorsitzenden und in Gesprächen mit dem Wirtschaftsministerium, liegt eine vollständige Beantwortung noch immer nicht vor. Obwohl es ein gemeinsamer Beschuss des Ausschusses zur Schaffung einer gemeinsamen Datengrundlage war, war bei den anderen KollegInnen der Kommission leider wenig Engagement in dieser Frage zu spüren.

– In der dritten Sitzung der Energiekommission stellte sich die neu geschaffene Energieagentur „energie innovativ“ vor. Es war der gemeinsam formulierte Wunsch der Energiekommission, im Beirat dieser Agentur, in dem u. a. Firmen und Verbände wie beispielweise E.ON oder der Bauernverband einen Sitz haben, mit vertreten zu sein. Gerade angesichts der beständig verkündeten Beteiligung der Bürger*innen an der Energiewende, erschien allen Mitgliedern der Kommission die Tatsache, dass ausgerechnet das Parlament als gewählte Volksvertretung daran nicht beteiligt war, wenig nachvollziehbar.
Unser daraufhin im Plenum gestellter Antrag, allen Fraktionen einen Sitz im Beirat der Energieagentur zuzugestehen, wurde von der Mehrheit des Landtags abgelehnt.
Es wurde aber nicht nur unser Antrag abgelehnt. Selbst Minimallösungen, wie z.B. eine Vertretung des Kommissionsvorsitzenden und seiner Stellvertreters, sind bis heute nicht realisiert. Zum Vergleich: Im Energiebeirat des Wirtschaftsministeriums ist es seit mehreren Legislaturperioden selbstverständlich, dass sämtliche Fraktionen darin vertreten sind.

– In der gleichen Sitzung wurde allen Mitgliedern der Kommission die Teilnahme an den vier Arbeitsforen der Energieagentur angeboten. Tatsächlich ist bis zum heutigen Tag keine Einladung zu irgendeiner Sitzung irgendeines Arbeitsforums bei den Mitgliedern der Energiekommission eingegangen.

– Auch ansonsten erreicht die Energiekommission keine Information der Energieagentur, die nicht auch auf der Homepage der Staatsregierung zu finden wäre. Egal ob Winderlass, Gebietskulisse Windkraft, Wasserkraftforum oder Bayernplan: die Energiekommission erfährt dazu grundsätzlich erst aus der Presse genauere Einzelheiten.

Diese vier Beispiele zeigen nicht nur, wie die Energiekommission von der Staatsregierung an der kurzen Leine gehalten wird. Für mich zeigen sie auch das mangelnde Selbstbewusstsein der Energiekommission, wie es auch die Landtagspräsidentin kürzlich in einem großen Interview in der Süddeutschen Zeitung (25.9.2012) angemahnt hat.

Interessante Fachanhörungen – weitgehend wirkungslos

So reduzierte sich die Energiekommission zu einer informativen
Fortbildungsveranstaltung für eine kleine Gruppe von Abgeordneten. Insbesondere die Fachanhörungen waren durchaus faktenreich. Gleichwohl blieben sie ohne Wirkung auf das politische Verhalten der Staatsregierung und der sie tragenden Fraktionen. So wurde etwa bei der Anhörung zum zukünftigen regulatorischen Rahmen im Strombereich von allen Experten unisono das Erneuerbare-Energien-Gesetz als hoch effizientes und kostengünstiges Instrument zur Einführung der erneuerbaren Energien bewertet.

Doch diese Erkenntnis hat weder die FDP noch Teile der CSU in enger
Zusammenarbeit mit der Lobbyistengruppe „Initiative soziale Marktwirtschaft“ daran gehindert, eine Kampagne gegen eben dieses EEG zu reiten. Bei dieser Kampagne werden bewusst die massiven Ausweitungen der Vergünstigungen für viele Großbetriebe zu Lasten der Privathaushalte und des kleinen Gewerbes verschwiegen. Auch die erklecklichen Zusatzgewinne für Stromunternehmen und Stromgroßverbraucher durch die gesunkenen Börsenstrompreise und die neu geschaffenen Vergünstigungen bei den Netzentgelten werden geflissentlich totgeschwiegen.

Der Zwischenbericht – ein Formelkompromiss mit wenigen Ausnahmen

Diese Arbeitsweise schlägt sich auch im heute vorgestellten Zwischenbericht nieder. Aus meiner Sicht enthält er über weite Strecken inzwischen gängiges Allgemeingut der deutschen Energiedebatte. Eine wirkliche Zuspitzung auf zentrale Fragen, die sich insbesondere in Bayern stellen, leistet der Bericht nicht, z.B. Perspektive Stromspeicher, Zahl und Umfang von Gaskraftwerken und deren Marktintegration, Umsetzung des Ziels beim Ausbau der Windenergie, Ökologisierung der Biomassenutzung, Flexibilisierung von Stromverbrauch und Stromproduktion.

Trotzdem erkennen wir durchaus an, dass es an einigen wenigen Punkten zu erfreulichen Einigungen in der Energiekommission gekommen ist. Wir begrüßen ausdrücklich, dass sich die Energiekommission für ein zusätzliches landeseigenes Programm zur Unterstützung der Kraft-Wärme-Kopplung ausspricht, die Erstellung einer eigenen bayerischen Verteilnetzstudie befürwortet wurde und ein bayerisches Fördermittelprogramm zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude fordert. Wir sind gespannt, ob und wie diese Einigkeit in eine parlamentarische Beratung einfließt und ob es tatsächlich das Handeln der Staatsregierung verändert. Um ehrlich zu sein, meine Hoffnungen sind diesbezüglich nicht all zu groß – aber ich lasse mich auch gerne überraschen.

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Im Folgenden habe ich Ihnen den leider noch nicht auf der Internetpräsenz des Bayerischen Landtags veröffentlichten Zwischenbericht der Energiekommission als pdf-Datei hinterlegt:

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