10. Dezember 2013

Keine Militärforschung an Bayerns Universitäten: Transparenz herstellen – Verantwortung der Hochschulen fördern

Unser Dringlichkeitsantrag  vom 10.12.2013

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert,

– im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst darüber zu berichten, an welchen bayerischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wehrtechnische, wehrmedizinische oder sonstige militärrelevante Forschung betrieben wird, in welchem Umfang die Staatsregierung selbst entsprechende Forschungsprojekte fördert und in welchem Umfang entsprechende Forschung in Form von Drittmittel-Projekten stattfindet;

– die Bestrebungen an bayerischen Hochschulen zu unterstützen, in Form von Selbstverpflichtungen auf die Beteiligung an Forschungsprojekten mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung zu verzichten (Zivilklausel);

– Transparenz über die Eckdaten aller öffentlich und privat finanzierten Drittmittelprojekte an bayerischen Hochschulen herzustellen;

– Rüstungstechnologie-Folgenabschätzungen gezielt zu unterstützen;

– sich künftig aus der Förderung aller Forschungsvorhaben zurückzuziehen, die hauptsächlich militärischen Zwecken dienen.

 

Begründung:

Bayern steht an der Spitze der deutschen Rüstungsindustrie: Ein Drittel der Branche hat seinen Sitz im Freistaat, sechs der zehn größten Waffenexporteure sind hier zu Hause. Die etwa 70 bayerischen in der Wehrtechnik tätigen Unternehmen kommen auf einen jährlichen Umsatz von 15 Mrd. Euro.

Wie die Staatsregierung in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen zur „Militärischen Forschung in Bayern“ mitteilte, mischen auch die bayerischen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen kräftig in der Rüstungsforschung mit. So finanzierte das Bundesverteidigungsministerium im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 insgesamt 120 Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 28 Mio. Euro. Zusätzlich finanzierten private Rüstungsfirmen im gleichen Zeitraum über Drittmittel oder direkte Aufträge 59 Projekte mit einem Gesamtvolumen von etwa 6 Mio. Euro. Dazu kommen – wie die Antwort auf die Anfrage und Recherchen der Süddeutschen Zeitung belegen – einzelne anderweitig öffentlich finanzierte Vorhaben (z.B. durch die U.S. Army). So erhielt beispielsweise die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München im Jahr 2012 vom US-Verteidigungsministerium mehr als 470.000 Dollar, um militärische Sprengstoffe zu verbessern (SZ, 25.11.13).

Zivilklauseln, die dazu beitragen könnten, dass Rüstungsforschung unterbunden wird, gibt es an bayerischen Hochschulen im Gegensatz zu anderen Bundesländern bisher nicht. An mehreren Universitäten (z.B. in Augsburg, Passau, Regensburg, Erlangen-Nürnberg) kam es jedoch bereits zu Diskussionen oder Initiativen für die Einführung einer Zivilklausel. Die an den Hochschulen stattfindende Diskussion über eine Selbstverpflichtung, auf militärische Forschung zu verzichten, ist eine Bereicherung für die demokratische Kultur sowie das gesellschaftliche und politische Bewusstsein der akademischen Gemeinschaft. Sie dient in hohem Maß der Herstellung von kritischer Öffentlichkeit über die Grundsatzfragen von militärischer vs. ziviler Ausrichtung von Forschung und Lehre. Diese Diskussion an den Hochschulen gilt es von Seiten der Staatsregierung zu unterstützen. Dabei steht die (Selbst-)Verantwortung der Hochschulen im Mittelpunkt. Gerade auch im Hinblick auf die Dual-Use-Problematik ist eine selbstverantwortliche Auseinandersetzung und Abschätzung der Hochschulen nötig.

Voraussetzung dafür, dass die Diskussion befreit von ökonomischen Zwängen ablaufen kann, ist eine stärkere und verlässliche staatliche Grundfinanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Nur so kann die Unabhängigkeit der Forschung gewährleistet und damit verhindert werden, dass die bayerischen Universitäten auf Drittmittelgeber angewiesen sind.

Um den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs über die ethische Bewertung von Forschungsprojekten zu ermöglichen, gilt es an den Hochschulen zudem Transparenz über entsprechende Drittmittelprojekte herzustellen und vertragliche Eckdaten (Drittmittelgeber, Zeitraum, Projektverantwortliche, Finanzvolumen, Zielsetzung und Fragestellung) offen zu legen. Transparenz sichert zudem die wissenschaftliche Unabhängigkeit, indem sie mögliche Interessenskonflikte für die Gesellschaft nachvollziehbar macht. Die grundgesetzlich garantierte Wissenschaftsfreiheit und die Autonomie der Hochschulen bleiben davon unberührt. Forschungsfreiheit heißt jedoch nicht Verantwortungslosigkeit.

Dies gilt auch für die Förderung von Forschungsprojekten durch die Staatsregierung. Um ihrer eigenen Verantwortung gerecht zu werden, ist sie aufgefordert, künftig nur noch Forschung zu fördern, die zivile und friedliche Ziele verfolgt.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 25.02.2014 leider durch die Stimmen der CSU und der FW, bei Enthaltung der SPD, abgelehnt.