30. Dezember 2011

Immer wieder: Brennelementeschäden in Gundremmingen; hier: Jahresrevision 2011

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ludwig Hartmann und Christine Kamm, Bündnis 90/Die Grünen, vom 28.11.2011, mit den Antworten des Staatsministers für Umwelt und Gesundheit, Dr. Marcel Huber, vom 30.12.2011 (kursiv dargestellt)

Noch keine drei Wochen nach Abschluss einer siebenwöchigen Revision Anfang November 2011 sind offenbar schon wieder Brennelemente im Block C des Atomkraftwerks Gundremmingen undicht geworden. Dies wirft Fragen über die Qualität der Untersuchungen des Betreibers, zur Atomaufsicht in Bayern und auch zur Qualität der eingesetzten Brennelemente auf. Da es sich um mehrere beschädigte Brennelemente handelt, bitten wir bei den entsprechenden Fragen um Einzelangaben für die jeweiligen Brennelemente.

Wir fragen die Staatsregierung:

1) Wann gab es den ersten Verdacht auf Brennelemente (BE)-Schäden vor der Jahresrevision 2011?
zu 1): Ein erster Verdacht ergab sich Mitte März 2011.

2 a) Wer war der Hersteller der beschädigten Brennelemente?
zu 2 a): Der Hersteller der in der Jahresrevision als defekt detektierten Brennelemente ist AREVA.

2 b) Welche Uran- bzw. Plutoniumanreicherung hatten diese Brennelemente?
zu 2 b): Die vier als defekt detektierten Brennelemente waren Mischoxid (MOX)-Brennelemente. Je zwei Brennelemente hatten einen Gehalt an spaltbarem Plutonium von 4,0 bzw. 4,5 Gewichtsprozent.

3 a) Zu welchen Chargen gehören die beschädigten Brennelemente, die bei der Jahresrevision 2011 entdeckt wurden?
zu 3 a): Die in der Jahresrevision 2011 als defekt identifizierten Brennelemente gehörten den beiden letzten, aufeinanderfolgenden MOX-Fertigungschargen an.

3 b) Wann wurden die beschädigten Brennelemente zum ersten Mal eingesetzt?
zu 3 b): Die Brennelemente wurden in den Jahren 2006 (Anreicherung 4,0%) und 2008 (Anreicherung 4,5%) erstmalig eingesetzt.

3 c) Wie hoch war der Abbrand der beschädigten Brennelemente zum Zeitpunkt der Jahresrevision 2011?
zu 3 c): Die Abbrände dieser vier Brennelemente zum Zeitpunkt der Jahresrevision 2011 waren 30, 31, 47 und 50 MWd/kg.

4 a) Wurden während der Jahresrevision tatsächlich alle Brennelemente des alten und des neuen Kerns untersucht?
zu 4 a): Bei einem Verdacht auf einen oder mehrere undichte Brennstäbe werden generell alle Brennelemente des alten Kerns untersucht (sogenanntes „Sipping“).
So auch in der Jahresrevision 2011. Bei defektfreien Kernen, bei denen keinerlei Anzeichen von Aktivitätserhöhungen im Kühlmittel festzustellen sind, entfällt diese Untersuchung. Neue Brennelemente (Nachlade-BE) werden bei der Fertigung auf Dichtheit der Brennstäbe hin überprüft. Im Falle des Wiedereinsatzes von Brennelementen aus früheren Kernen (Rücklade-BE) stammen diese entweder aus einem defektfreien Kern oder aus einem Kern, in dem alle Brennelemente überprüft wurden. Somit ist sichergestellt, dass kein Brennelement des neuen Kerns eine erkennbare Leckage hat.

4 b) Waren bei der Untersuchung der Brennelemente Vertreter der Bayerischen Atomaufsicht ständig persönlich anwesend?
4 c) Waren bei der Untersuchung der Brennelemente Vertreter einer Gutachterorganisation ständig persönlich anwesend?
zu 4 b) und c): Das sogenannte Sipping der Brennelemente im Reaktorkern ist ein zuverlässiges, bewährtes und aufsichtlich, unter Hinzuziehung des atomrechtlichen Sachverständigen, geprüftes Verfahren. Die Prüfungen hatten insbesondere die sichere Erkennbarkeit von Brennelementdefekten zum Inhalt. Eine regelmäßige Anwesenheit der Aufsichtsbehörden oder von Vertretern einer Gutachterorganisation ist bei diesem Messverfahren nicht erforderlich.

5 a) Wurden bei der Jahresrevision 2011 nur die beschädigten Brennelemente ausgetauscht, oder alle Brennelemente der jeweiligen Chargen?
zu 5 a): Alle Brennelemente der jeweiligen Chargen wurden in der Jahresrevision 2011 des Blocks C ausgetauscht.

5 b) Aus wie vielen Brennelementen bestehen die Chargen, aus denen die beschädigten Brennelemente stammen?
zu 5 b): Die beiden Chargen bestehen jeweils aus 48 Brennelementen.

6 a) Wie viele Brennelemente aus Chargen von beschädigten Brennelementen der letzten Jahre befanden sich beim Wiederanfahren im Reaktorkern des Blocks C in Gundremmingen , getrennt nach Uran- bzw. Plutoniumanreicherungsgrad?
zu 6 a): In den letzten Jahren vor 2011 trat im Block C ein Defekt an einem einzelnen Brennstabhüllrohr auf. Die Untersuchungen ergaben eindeutig eine von der Fertigungscharge unabhängige Defektursache. Von dieser Charge befanden sich beim Wiederanfahren von Block C nach der Jahresrevision 2011 24 Brennelemente im Reaktorkern. Ansonsten befanden sich keine Fertigungschargen, bei denen ein Defektereignis in Block C vorgekommen war, im neuen Kern.

6 b) Wie viele Brennelemente aus Chargen von beschädigten Brennelementen der letzten Jahre befinden sich in den Nasslagern der Blöcke B und C in Gundremmingen, getrennt nach Uran- bzw. Plutoniumanreicherungsgrad?
zu 6 b): Bei einem Hüllrohrdefekt ist eine Übertragbarkeit der Defektursache auf die anderen Brennstäbe des Brennelements oder auf die restlichen Brennelemente einer Charge im Allgemeinen nicht zulässig. Auf eine Ermittlung der angefragten Zahl wurde daher verzichtet. Brennelemente im Nasslager bei denen ein Verdacht auf eine systematische Defektursache (z. B. fertigungs- oder konstruktionsbedingte Ursachen) besteht, werden bis zur endgültigen Ursachenklärung nicht wieder in den Reaktorkern eingeladen. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 4.a) verwiesen.

7) Zieht die Atomaufsicht aus dem neuerlichen Brennelementedefekt, wenige Wochen nach Abschluss einer siebenwöchigen Revision, Konsequenzen und wenn ja, welche?
zu 7): Das Auftreten von Brennelementdefekten beim Betrieb eines Kernreaktors ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich und unterliegt einer gewissen statistischen Schwankungsbreite. Unabhängig davon wird jeder Brennelementdefekt von der Aufsichtsbehörde und dem zugezogenen Sachverständigen untersucht und bewertet, um erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen daraus abzuleiten.

8) Ist für die Staatsregierung nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Pressesprecher des Kernkraftwerks am 24.11.2011 zu der Vermutung kam, dass es sich bei den neuerlichen BE-Schäden um Uran-Brennelemente handelt?
zu 8): Die Äußerung ist nicht bekannt.

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Anbei habe ich Ihnen unsere Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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