20. März 2009

Hochwasserschutz im Bereich Garmisch-Partenkirchen, Eschenlohe und Ohlstadt

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 29.01.2009, mit den Antworten des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 20.03.2009 (kursiv dargestellt)

Die Berghänge im Wetterstein südlich Garmisch werden immer weiter mit öffentlichen Geldern für Ski-Alpin-Ereignisse gerodet, planiert und verbaut. Die Wasserabfluss-Situation wird damit deutlich verschärft. Gleichzeitig nehmen mit dem Klimawandel die Hochwasserereignisse zu. So wird es notwendig, erhebliche Finanzmittel für technischen Hochwasserschutz einzusetzen. Ergänzend werden natürliche Retentionsräume bzw. auch ausgewiesene Überschwemmungsgebiete (im nicht bebauten Bereich) nicht ausreichend für die Entlastung kleinerer Hochwasserereignisse geöffnet.

Die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Frage 2a und 2b) wie folgt:

1. a) Welche Kosten der öffentlichen Hand (EU, Bund, Freistaat, Kommunen) sind für Garmisch-Partenkirchen, Murnau, Eschenlohe und Ohlstadt für Hochwasserschutzmaßnahmen veranschlagt?
Zu 1. a):
Derzeit sind fast 47 Mio. €für Hochwasserschutzmaßnahmen im fraglichen Raum geplant.

b) In welcher Höhe wurden diese Finanzmittel bereits verbaut?
Zu 1. b):
Insgesamt sind an Gew. I, Gew. III und Wildbächen bisher fast 36 Mio. € verbaut worden. 

2. a) Welche Kosten entstehen der öffentlichen Hand (EU, Bund, Freistaat, Kommune) für die Baumaßnahmen zur Ski-WM 2011 (z. B. Bergwaldrodung, Pisten- und Straßenbau, Schneekanonen- und Wasserspeicherbau, Gebäude für Rennveranstaltung und sonstige Infrastrukturmaßnahmen)?
Zu 2. a):
Teilmaßnahmen
Die Projekte der alpinen Ski-WM 2011 werden im Rahmen der Leistungssportförderung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus gefördert. Als zuwendungsfähig werden alle trainingsbezogenen Maßnahmen angesehen. Nicht zu
wendungsfähig sind Kosten für veranstaltungsbezogene Projekte, auch wenn diese einen WM-Bezug aufweisen. Im Einzelnen untergliedern sich die Projekte wie folgt: Die Baumaßnahmen am Gudiberg am Bundesstützpunkt Ski alpin umfassen insbesondere die Pistenbaumaßnahmen, die Maßnahmen am Schanzenauslauf, den Ankauf von Schneeerzeugern, die Optimierung der Beschneiung, die Verlegung der Hochspannungsleitung sowie das trainingstaugliche Flutlicht.
Die Vorhaben an der Dreh- und Hornabfahrt (3. Bauabschnitt) in Garmisch-Partenkirchen betreffen vor allem den Pistenbau, die Beschneiung, die Sicherheitsnetze, den Grunderwerb sowie das Start- und Zielhaus. Das Projekt Kandahar-Abfahrt umfasst im Wesentlichen die Pistenerweiterung bzw. -anpassung samt Beschneiung, die Untertunnelung des Trögelhangs, die Verlängerung des Fußgängertunnels, die Pistenkorrektur am mittleren Skiweg sowie das Funktionsgebäude und die Schutznetze.
Bei der vorgesehenen Liftanlage handelt es sich um eine koppelbare Vierer-Sessel-Bahn und einen Mittelausstieg im Bereich des Mittleren Skiwegs zur Anbindung an den vorgesehenen „Damen-Start“. Weitere Teilmaßnahmen, wie der Bau von Gebäuden für die Rennveranstaltungen, sind darin nicht erfasst. Ob hierfür Fördermittel anderer Ressorts zur Verfügung gestellt werden, ist dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus nicht bekannt.
Finanzierung
Die Gesamtkosten für die Optimierung der Skiabfahrten samt der Liftanlage belaufen sich nach Angabe des Marktes Garmisch-Partenkirchen auf 33,3 Mio. €, davon werden rd. 31,6 Mio. €als förderfähig angesehen. Das von der Bayerischen Staatsregierung für die Unterstützung der im Rahmen der alpinen Ski-WM 2011 zu fördernden Baumaßnahmen gebildete Lenkungsteam hat im Jahr 2007 entschieden, dass die Projekte Gudiberg I, Kandahar-Abfahrt und Dreh- und Hornabfahrt in Garmisch-Partenkirchen aus Landesmitteln mit einem Zuschuss in Höhe von 9 Mio. € gefördert werden. Darüber hinaus wurde auf Vorschlag des Lenkungsteams in den Entwurf des Doppelhaushalts 2009/2010 eine Sonderförderung in Höhe von 1 Mio. € aufgenommen
.
Der Bund beteiligt sich an den leistungssportlichen Investitionsmaßnahmen Gudiberg I, Kandahar-Abfahrt und Dreh- und Hornabfahrt mit einem Zuschuss in Höhe von insgesamt rd. 7,9 Mio. € und für den Neubau des Kreuzjochlifts voraussichtlich mit 700.000 €. Der Deutsche Skiverband erklärte im Herbst 2008, dass er sich an der Errichtung des Kreuzjochlifts mit einer Summe in Höhe von 2 Mio. € beteiligen wird. Seitens des Marktes Garmisch-Partenkirchen verbleibt für die vier Projekte ein Eigenanteil in Höhe von rd. 12,7 Mio. €. 

b) In welcher Höhe wurden diese Finanzmittel bereits verbaut?
Zu 2. b):
Abfinanzierung
Nach Auskunft des Marktes Garmisch-Partenkirchen beträgt der am Jahresende 2008 erreichte Kostenstand für die Projekte ca. 16,3 Mio. €.

c) Wie viel Hektar wasserspeichernder Naturböden (Bergwald, Almweiden, sonstige Bergböden) gehen durch diese Maßnahmen verloren?
Zu 2. c):
Insgesamt wurde die Rodung von 9,8 ha Wald für die Umwandlung in Skipistenflächen bewilligt und durchgeführt. Zusätzlich wurden ca. 600 m2 Fläche durch neue Gebäude bzw. -teile versiegelt, weitere ca. 3.000 m2 wurden bei Wegeverbreiterungen und für den Skitunnel baulich verändert. Die Wasserrückhaltung im Einzugsgebiet wird aber insgesamt nicht beeinträchtigt. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde festgelegt, dass keine Verschlechterung des Oberflächenwasserabflusses in den betroffenen Einzugsgebieten eintreten darf. Die kleinräumige Veränderung des Oberflächenwasserabflusses wird durch entsprechende Begrünungsmaßnahmen und durch die Errichtung von Retentionsbecken unterschiedlicher Größenordnung ausgeglichen. Zusätzlich wurden zahlreiche Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen vorgeschrieben, welche ebenfalls dazu beitragen, den Oberflächenwasserabfluss im gesamten Einzugsgebiet dauerhaft zu minimieren. Dazu zählt u. a. die Begründung neuer Waldflächen durch Aufforstungsmaßnahmen sowie die Pflege bestehender Waldflächen bzw. deren waldbaulicher Umbau (z. B. von reinen Nadelwaldflächen in Mischwaldflächen).

3. Wie hat sich das Hochwasserrückhaltevolumen (Retentionsräume vorher-nachher) entwickelt
a) nach den Maßnahmen zur Hochwasserfreilegung im Raum GAP (Loisach, Kanker, Partnach)?
Zu 3. a):
vorher / nachher
Loisach: keine Veränderungen
Partnach: keine Veränderungen
Kanker: 0 / 220.000 m3 (HRB Kanker)
Die Gewässer Kanker, Partnach (Garmisch-Partenkirchen) und Loisach (Oberau) waren bereits zuvor ausgebaute Gewässer und die dahinterliegende Bebauung war durch Hochwasserschutzanlagen vor Überschwemmung geschützt. Die Baumaßnahmen erhöhten lediglich den Schutzgrad gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Natürliches Retentionsvolumen (vgl. § 31 b WHG) ging dabei nicht verloren.

b) nach den Maßnahmen zur Hochwasserfreilegung in Eschenlohe und im Besonderen im Murnauer Moos?
Zu 3 b):
Die Auswirkungen der Hochwasserschutzmaßnahmen in Eschenlohe wurden im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren behandelt (vgl. Nr. 4.30 Ziffer 1.6 des Planfeststellungsbeschlusses vom 06.04.2006). Dabei wurde vom bisherigen Zustand der Hochwasserschutzanlagen ausgegangen und Sicherungsmaßnahmen der Feuerwehr und des THW bei vorausgegangenen Hochwässern (1999!), die bereits Maßnahmen des späteren Ausbaus vorwegnahmen, nicht berücksichtigt. 
Ausgleichsmaßnahmen in Form zusätzlicher Ausleitungen unterhalb von Eschenlohe in das Eschenloher Moos wurden untersucht, jedoch mangels hydraulischer Wirkung und unverhältnismäßig hohen Aufwands fallen gelassen. Die maximalen Auswirkungen der Baumaßnahmen in Eschenlohe auf den Wasserspiegel der Loisach, bezogen auf das Bemessungshochwasser HQ100, betragen unmittelbar unterhalb von Eschenlohe (Bartlmämühle) 12 cm und auf Höhe des Weilers Loisachau noch 2 cm.

4. a) Warum wurde nach den Hochwasserschutz–Baumaßnahmen der Retentionsraum Eschenloher Moos nicht wieder geöffnet, z.B. mit Durchlässen unter der Autobahn?
Zu 4. a):
Der Teilretentionsraum des Eschenloher Mooses wird nur bei Extremhochwasserereignissen (z. B. 1999 und 2005) aktiviert, vorausgesetzt die Hochwasserschutzanlagen der Gemeinde Eschenlohe versagen. Eine künstliche technische Ableitung wurde vom WWA Weilheim untersucht. Aufgrund der flachen Topographie, der erforderlichen Eingriffe in naturschutzfachliche Belange und der unverhältnismäßig hohen Kosten erwies sich diese Maßnahme als undurchführbar. 

b) Wie viel Kubikmeter Retentionsraum stünden im Eschenloher Moos zur Verfügung?
Zu 4. b):
Wie oben ausgeführt, ist eine Nutzung des Retentionsraums wirtschaftlich nicht möglich. 

c) In wie weit werden das Pfrühlmoos (südlich Eschenlohe) und das Murnauer Moos als Retentionsraum genutzt?
Zu 4. c):
Das Pfrühlmoos und das Murnauer Moos werden seit 1920 natürlicherweise von der Loisach direkt bzw. durch Überströmen der 1920 errichteten Deiche als Retentionsraum genutzt. Außerdem werden die Hochwasserabflüsse wesentlicher Zuflüsse der Loisach (z. B. Ramsach) verzögert. Daran hat sich mit den Ausbaumaßnahmen in Oberau und Eschenlohe nichts geändert. 

5. a) Warum wurden die Dammerhöhungen östlich am Loisachufer (Ohlstadt) nicht beseitigt, um das amtlich festgesetzte Überschwemmungsgebiet als Retentionsraum nutzen zu können?
Zu 5. a):
Die Deiche beidseits der Loisach bei Ohlstadt wurden 1920 als Deiche zur Ableitung des Geschiebes errichtet. Bei größeren Hochwässern werden sie nach wie vor überschwemmt und der dahinterliegende Retentionsraum gefüllt.
Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim hat seit 1920 an den Deichen keine wesentlichen Veränderungen mehr vorgenommen. Die in der Anfrage erwähnten Erhöhungen dürften ohne Genehmigung der zuständigen Rechtsbehörde (LRA Garmisch-Partenkirchen) entstanden sein. 

b) Warum wurden die Loisachdämme nordwestlich Eschenlohe erhöht, obwohl hier weitere Retentionsräume im unbesiedelten Gebiet bereitstünden?
Zu 5. b):
Der Hochwasserschutz in Eschenlohe funktioniert unter der Maßgabe, dass der Abflussquerschnitt im Hochwasserfall zur Verfügung steht. Dazu war die linksseitige Deicherhöhung erforderlich, um die Schleppkraft der Loisach für den Weitertransport des Geschiebes zu erhalten. Hydraulische Modellrechnungen am WWA Weilheim ergaben, dass ohne Deicherhöhung sich Geschiebe im Ausbaubereich ablagert und dort die Hochwassersicherheit wieder gefährden würde. 

6. a) Hält die Staatsregierung die bereits umgesetzten Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich Garmisch, Murnau, Oberau, Eschenlohe und Ohlstadt für ausreichend?
b) Welche weiteren Maßnahmen sollen wann umgesetzt werden?
Zu 6. a) und b):
Die in den jeweiligen Bereichen bereits umgesetzten Maßnahmen entsprechen den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Das zu beherrschende Bemessungshochwasser entspricht dem bayernweit angestrebten Ausbaustandard. In Planung befinden sich Maßnahmen an der Loisach im Bereich von Garmisch und für die Loisachauen bei Murnau. Die Umsetzung hängt u. a. von Wasserrechtsverfahren, Zustimmung der betroffenen Kommune und insbesondere Zustimmung der Beteiligten zur Finanzierung des Vorhabens. Eine konkrete Zeitangabe für den Baubeginn der genannten Maßnahmen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. 

c) Sind für diese Maßnahmen ausreichend Finanzmittel eingestellt?
Zu 6. c):
Die Planung und Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen erfolgt nach einem für ganz Bayern einheitlichen fachlichen Priorisierungsverfahren. Mit den Ansätzen im Entwurf zum Doppelhaushalt 2009/2010 ist es möglich, dass im Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2010 150 Mio. € p. a. zur Verfügung stehen. Damit ist eine zügige Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen in Bayern möglich
.

7. a) Sollen die im jetzt ermittelten Überschwemmungsgebiet in Murnau liegenden Häuser, die noch keinen Hochwasserschutz haben, abgesiedelt werden?
b) Erhielten die Eigentümer bereits ein Absiedlungs- bzw. Entschädigungsangebot?
Zu 7. a) und b):
Für die Gebäude der Loisachauen Nr. 1–3 soll bis Ende 2009 im Rahmen einer Planung untersucht werden, ob und wie die Häuser vor Hochwasser geschützt werden können. Eine Absiedlung wurde bisher nicht geplant. 

8. Wann werden die Überschwemmungsgebiete an der Loisach im Raum Garmisch-Partenkirchen, Murnau, Oberau, Eschenlohe und Ohlstadt amtlich festgesetzt?
Zu 8.:
Die Überschwemmungsgebiete an der Loisach wurden vom Landratsamt Garmisch-Partenkirchen 2008 amtlich bekannt gemacht und vorläufig gesichert. Das Festsetzungsverfahren wird durch das Landratsamt im Weiteren eingeleitet.

Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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