15. Dezember 2011

Geplante Erdgasbohrung im Bereich des Naturschutzgebietes Eggstätt-Hemhofer Seenplatte

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Magerl, Ludwig Hartmann und Claudia Stamm, Bündnis 90/Die Grünen, vom 25.11.2011, mit den Antworten der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, vom 15.12.2011 (kursiv dargestellt)

Wir fragen die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1a) Wie viel Erdgas vermutet die Staatsregierung in der Lagerstätte um das Naturschutzgebiet Eggstätt-Hemhofer Seenplatte?
zu 1a) Mit den beiden geplanten Explorationsbohrungen sollen konventionelle Erdgaslagerstätten nachgewiesen werden. Bereits 1974 und 1985 wurden in der unmittelbaren Umgebung zwei Explorationsbohrungen durchgeführt; diese waren nicht fündig. Die Erkenntnisse aus diesen Bohrungen  und weiteren Bohrungen im östlichen Alpenvorland limitieren die zu erwartenden Gasmengen; insgesamt liegt die Fündigkeitswahrscheinlichkeit bei den Kohlenwasserstoffbohrungen generell bei nur ca. 20 %. Nach Ansicht des Unternehmens belaufen sich die gewinnbaren Vorkommen in dem durch die beiden Bohrungen erschlossen Gebiet auf ca. 200-300 Mio. m³ Erdgas. Allerdings kann nur mit einer durchgeführten Bohrung festgestellt werden, ob die vermuteten Lagerstätten auch wirklich vorhanden sind und wie viel Erdgas sie tatsächlich enthalten.

1b) In welchen Schichten und Tiefen befinden sich die erwarteten Erdgaslagerstätten?
zu 1b) Die beiden geplanten Bohrungen (Stetten C1 und Stetten B1) sollen von einem gemeinsamen Bohrplatz niedergebracht werden. Die Bohrung Stetten C1 soll in den tertiären Schichten der geologischen Formation Chatt Erdgaslagerstätten in unterschiedlichen Sandstein-Lagen mit Teufen zwischen etwa 1.800 m bis 2.400 m (Tiefe unter Geländeoberkante) nachweisen. Die Bohrung Stetten B1 soll in den tertiären Schichten der geologischen Formation Burdigal in einer Sandstein-Lage in 1.100 m Teufe eine Erdgaslagerstätte nachweisen.

1c) Wurde hier der Firma RAG Austria bereits eine Aufsuchungserlaubnis erteilt?
zu 1c) Ja, die beiden Bohrungen liegen innerhalb der ca. 781 km² großen Erlaubnis „Chiemgau“ zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen zu gewerblichen Zwecken. Rechtsinhaber ist die Rohöl-Aufsuchungs AG in Wien.

2a) Wie viele Bohrungen bis zu welcher Tiefe sind von der Firma RAG Austria vorgesehen?
zu 2a) Insgesamt zwei Bohrungen wie unter Ziffer 1b) bereits ausgeführt. Die Endteufen liegen bei ca. 2.500 m (Stetten C1) und 1.450 m (Stetten B1).

2b) Fanden hier bereits Probebohrungen statt?
zu 2b) Durch die Rohöl-Aufsuchungs AG wurden bisher in diesem Gebiet keine Bohrungen durchgeführt. In Nähe des betreffenden Naturschutzgebietes wurden von der damaligen Texaco AG (Rechtsnachfolger RWE-Dea AG) 1974 die Bohrungen Breitbrunn C5 und 1985 Rimsting C1 niedergebracht (siehe Ziffer 1a). 

2c) Ist hierfür ein Betriebsplan nach § 51 ff. BBergG erforderlich?
zu 2c) Die Durchführung dieser Bohrungen ist betriebsplanpflichtig.

3a) Trifft es zu, dass bei einer bereits fertigen Bohrung Lagerstättenwasser ausgelaufen ist?
zu 3a) Nein, in Bayern ist kein diesbezüglicher Fall bekannt.

3b) Wenn ja, welche Mengen sind dabei ausgelaufen und welchen Salzgehalt und Schwermetallgehalt hatte das Wasser?
zu 3b) Entfällt, siehe hierzu Ziffer 3a).

3c) Wie bewertet die Staatsregierung die Folgen für das Oberflächenwasser, das Grundwasser und das Naturschutzgebiet?
zu 3c) Das Lagerstättenwasser aus den bayerischen Kohlenwasserstoffbohrungen enthält in der Regel keine Schwermetalle oder radioaktive Stoffe; höherwertige Kohlenwasserstoffe sind allerdings nicht auszuschließen. Beeinträchtigungen werden aufgrund einer geregelten Entsorgung (siehe auch Ziffer 6c) nicht zu erwarten sein.

4a) Wurde für den Gewinnungsbetrieb eine Zulassung beantragt?
zu 4a) Es wurde für den Bau des Bohrplatzes ein Betriebsplan bei der Regierung von Oberbayern, Bergamt Südbayern vorgelegt und dessen Zulassung beantragt. Für die Zulassung eines Gewinnungsbetriebes bedarf es erst einmal des Nachweises der Fündigkeit über die Durchführung und den Test einer oder mehrerer Erkundungsbohrungen. Insoweit wurde auch keine Zulassung für einen Gewinnungsbetrieb beantragt.

4b) Wurde hierfür ein Betriebsplan eingereicht?
zu 4b) Siehe hierzu Ziffer 4a) – Betriebsplanantrag für den Bau des Bohrplatzes, nicht für einen späteren Gewinnungsbetrieb.

4c) Mit welchen Verfahren soll das Erdgas zu Tage befördert werden?
zu 4c) Das Erdgas würde aufgrund des natürlichen Druckgefälles zu Tage befördert werden. Abzuwarten sind allerdings zunächst die tatsächlichen Verhältnisse nach Durchführung der Bohrungen.

5a) Sieht der Betriebsplan die Gewinnung von Erdgas mit dem so genannten Frackingverfahren vor?
zu 5a) Hydraulische Fracs sind bei den Lagerstättentypen in Südbayern nicht erforderlich, weil die Porosität und Permeabilität der betroffenen Sandsteine ausreichende Fließraten ermöglicht. Bei allen Kohlenwasserstoffbohrungen in Bayern sind noch nie Frackingverfahren zum Einsatz gekommen. Entsprechend sind Fracking-Arbeiten auch nicht beantragt.

5b) Wenn nein, könnte die Firma später das Frackingverfahren anwenden?
zu 5b) Nein, dies ist nach Ziffer 5a) auch nicht sinnvoll.

5c) Welche rechtlichen Vorgaben müssen berücksichtigt werden?:
zu 5c) Die Durchführung von Fracking-Verfahren ist grundsätzlich betriebsplanpflichtig; ferner ist eine wasserrechtliche Erlaubnis notwendig.

6a) Welche der im Betriebsplan beschriebenen Tätigkeiten (z.B. Bohrungen im Grundwasser, vorübergehende Grundwasserentnahme, Pumpversuche) stellen einen Benutzungstatbestand im Sinne des Wassergesetzes dar?
zu 6a) Da im vorliegenden Fall Niederschlagswasser aus dem äußeren Bereich des Bohrplatzes über eine Versickerungsmulde (sog. belebte Oberbodenpassage) in das Grundwasser eingeleitet werden soll, ist für diesen Benutzungstatbestand eine wasserrechtliche Erlaubnis notwendig. Hierzu wurde bereits ein Antrag gestellt. Durch die angewandte Bohrtechnik mit durchgehender Verrohrung und Zementation werden bei der Durchführung von Tiefbohrungen im Bergbau (z.B. Tiefengeothermie und analog auch Kohlenwasserstoffe) die durchörterten grundwasserführenden Schichten so weit abgedichtet, dass kein Benutzungstatbestand im Sinne des Wassergesetzes vorliegt und für die Durchführung der Bohrungen selbst keine wasserrechtliche Erlaubnis notwendig ist.

6b) Wie viel Lagerstättenwasser wird zutage gefördert?
zu 6b) Diese Frage kann a priori nicht beantwortet werden, weil weder die Größe und Ausdehnung der Lagerstätte – soweit überhaupt vorhanden -, noch der Randwasserbetrieb hinreichend bekannt sind. Für den Fall der Gasfündigkeit würde eine Förderung mit zunehmender Feldesverwässerung wirtschaftlich uninteressant.

6c) Wie soll dieses entsorgt werden?
zu 6c) Anfallendes Lagerstättenwasser würde verfahrenstechnisch aus dem Erdgas ausgeschieden, in einem dafür zugelassenen Tank gesammelt und über einen zugelassenen Entsorgungsfachbetrieb ordnungsgemäß entsorgt werden.

7a) Welche Auswirkung sind aus Sicht der Staatsregierung auf das Naturschutzgebiet zu erwarten?
zu 7a) Im Betriebsplanverfahren werden alle betroffenen Fachstellen und Träger öffentlicher Belange  (u.a. Wasserwirtschaftsamt, untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt) und die Gemeinde als Planungsträger beteiligt. In diesem Zusammenhang werden auch die Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet geprüft; entscheidend ist hierbei die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt. Der Vorhabensträger prüft allerdings derzeit Alternativen für den Bohrstandort. Das Beteiligungsverfahren für den Betriebsplan ist deshalb noch nicht eingeleitet worden. Eine Beurteilung der Auswirkungen wird daher erst dann möglich sein, wenn die noch anzufordernden Stellungnahmen vorliegen.

7b) Wird hier eine Umweltverträglichkeit durchgeführt?:
zu 7b) Das Vorhaben ist nicht UVP-pflichtig im Sinne der UVP-V Bergbau; einer UVP bedarf es daher nicht. Zur Bewertung der Eingriffe in Natur- und Landschaft werden eine landschaftsökologische Begutachtung und eine FFH-Verträglichkeitsabschätzung mit einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung durchgeführt.

7c) Wenn nein, wird sich die Staatsregierung für eine Änderung des Bundesberggesetzes (BBergG) einsetzen, um zukünftig Umweltverträglichkeitsprüfung vorschreiben zu können.
zu 7c) Nein, dies ist nicht notwendig. Eine Prüfung der relevanten Umweltbelange kann in solchen Fällen im Rahmen des Betriebsplanverfahrens in Zusammenarbeit und mit Beteiligung der Fachbehörden und Trägern öffentlicher Belange erfolgen (siehe Ziffer 7b). Die Durchführung einer UVP beinhaltet im Bergrecht auch die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nach § 57 a BBergG, was schon im Falle einer Erkundungsbohrung zu mehrjährigen Genehmigungszeiten führen würde. Bei der Gewinnung von Erdgas nach der Erkundungsphase – soweit die Bohrungen fündig sind – wird eine UVP mit Durchführung eines bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens jedoch dann notwendig sein, wenn das tägliche Fördervolumen mehr als 500.000 m³ Erdgas beträgt. Im vorliegenden Fall ist eine Gewinnung mit einem solchen Fördervolumen jedoch äußerst unwahrscheinlich.

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Anbei habe ich Ihnen unsere Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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