23. Februar 2012

Fracking im Allgäu

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 17.01.2012, mit den Antworten der Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, Katja Hessel, vom 23.02.2012 (kursiv dargestellt)

Im Allgäu wird mit dem sogenannten Fracking-Verfahren versucht, Erdgas zu fördern. Aufgrund bereits beim Einsatz dieser Technik in Deutschland erfolgter Unfälle ergeben sich folgende Fragen an die Bayerische Staatsregierung:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:
Vorbemerkung
Der Begriff des „Fracking“ ist allgemeingültig nicht definiert. Es handelt sich hierbei um Stimulationsmethoden zur Erhöhung der Ergiebigkeit in Bohrungen. Darunter fallen Maßnahmen wie das Hydraulic Fracturing bei der Erschließung von Öl und Gas ebenso wie die Stimulation von Grundwasserbohrungen sowie von Sole- und Thermalwasserbohrungen z.B. über das sogenannte mechanische Schocken.  Aufgrund des Kontextes der Anfrage wird davon ausgegangen, dass mit dem Begriff „Fracking“ das sogenannte Hydraulic Fracturing angesprochen wurde. Hierbei wird unter Druck ein Fluid (in der Regel Wasser, dem ggf.  Sand und spezielle Additive beigegeben werden) in die gashöffigen Schichten eingepresst, um künstlich kleine Risse im Gebirge zu erzeugen. Ziel ist die Erhöhung von Fließraten in Gesteinen mit geringer Permeabilität.
Im Gegensatz zu den Gaslagerstätten Norddeutschlands ist ein Hydraulic Fracturing bei der Erdgaserschließung in Südbayern, auch im Allgäu, nicht notwendig. Die Gesteinsformationen in Südbayern weisen Porositäten und Permeabilitäten auf, die ausreichende Fließraten ermöglichen. 

1. Welche Chemikalien werden im Freistaat in welchen Mengen beim Fracking eingesetzt?
zu 1.: Hierzu wird auf die Vormerkung verwiesen; entsprechende Chemikalien kommen nicht zum Einsatz.

2. Welche Auswirkungen hätte das Eindringen dieser Chemikalien in das der Trinkwasserversorgung dienende Grundwasser?
zu 2.: Beim Hydraulic Fracturing ist darauf zu achten, dass die Arbeiten so ausgeführt werden, dass ein Eindringen von Chemikalien, sofern diese dem Wasser zugesetzt wurden, in angrenzende Grundwasserleiter verhindert wird; in Abhängigkeit von den verwendeten Additiven wären sonst Beeinträchtigungen ggf. nicht auszuschließen. Für Bayern – wie ausgeführt – stellt sich dieses Thema nicht.

3. An welchen Orten wird das Fracking-Verfahren im Freistaat eingesetzt bzw. ist es geplant?
zu 3.: Wie in der Vormerkung ausgeführt, kommt Hydraulic Fracturing bei der Erdgas- und Erdölaufsuchung nicht zur Anwendung und ist auch nicht geplant. Hydraulic Fracturing wäre auch eine Methode bei der Entwicklung petrothermaler Geothermieprojekte. Dabei soll im kompakten Gestein ein Kluftnetz zwischen mindestens zwei Bohrungen geschaffen werden. Bei Einpressen von kaltem Wasser in eine der Bohrungen fungiert dieses Kluftnetz als Wämetauscher, wodurch an der zweiten Bohrung Dampf für die Stromerzeugung genutzt werden kann. Ein solches Vorhaben wurde bereits im Rahmen eines deutsch-französischen Forschungsprojekts im Elsass realisiert. In den Ländern Niedersachsen und Sachsen werden derzeit für ein EGS-Vorhaben (Enhanced Geothermal Systems) konkrete Forschungsarbeiten in diese Richtung durchgeführt. Auch für Bayern wäre nach dem Bayerischen Energieprogramm die Realisierung eines EGS-Forschungsprojektes eine denkbare Option bei den Maßnahmen zum Umbau der Energieversorgung.  

4. Welche zusätzliche Vorsorge hat die Staatsregierung nach dem Unfall mit Frackingflüssigkeiten in Söhlingen getroffen?
zu 4.: In Niedersachsen wurde das Frac-Verfahren seit den 1970er Jahren in mehr als 270 Fällen eingesetzt. Dabei ist es in diesem Bundesland und damit auch in Söhlingen bis heute zu keinen Unfällen im Zusammenhang mit diesen Arbeiten gekommen. Also liegt auch kein Unfall mit Frackingflüssigkeiten in Söhlingen vor. Umweltschäden in diesem Gebiet sind auf den Transport von Lagerstättenwasser in Rohrleitungen zurückzuführen. Ein Zusammenhang mit Frac-Arbeiten besteht nicht. Zusätzliche Vorsorge ist daher nicht veranlasst.

5. Welche zusätzliche Vorsorge hat die Staatsregierung nach dem Unfall mit Frackingflüssigkeiten in Hengstlage getroffen?
zu 5.: Im Erdgasfeld Hengstlage in Niedersachsen wurde das Verfahren des Hydraulic Fracturing nicht angewendet. Daher kann es auch dort nicht zu einem Unfall mit Frackingflüssigkeiten gekommen sein. Im Übrigen wird auf die Beantwortung in Frage 4 verwiesen, da es sich auch in diesem Fall um Schäden beim Transport von Lagerstättenwasser in Rohrleitungen handelt.

6. Welche Folgerungen hat die Staatsregierung aus dem vorläufigen Stopp des Fracking durch Exxon Mobil in Norddeutschland gezogen?
zu 6.: Exxon Mobil möchte in Norddeutschland Shale-Gas Lagerstätten aufsuchen; d.h. Erdgas aus kompakten Tonsteinen, die nach dem gegenwärtigen Stand der Technik  über ein flächenhaftes Hydraulic Fracturing mit Beimengungen von Additiven erschlossen werden können. Bei dieser speziellen Art des Hydraulic Fracturing wird mindestens das 10-fache und mehr an Frac-Flüssigkeiten und andere Additive benötigt als beim bisherigen Hydraulic Fracturing der seit 1994 systematisch erschlossenen Tight-Gas Lagerstätten Norddeutschlands. Umso wichtiger ist es, durch die technische Integrität der Bohrplätze und der Bohrungen sowie eine genaue Bewertung der geologischen Verhältnisse dafür Sorge zu tragen, dass die Frackingflüssigkeiten keinen Kontakt zum nutzbaren Grundwasser haben, damit von vorneherein eine Grundwasserbeeinträchtigung ausgeschlossen werden kann. Als ergänzende Maßnahme können grundwasserschonende Additive verwendet werden. In Bayern sind keine Shale-Gas Lagerstätten bekannt; dementsprechend liegen auch keine Anfragen oder Anträge diesbezüglich vor.
Um Beantwortung gemäß Geschäftsordnung und Drucklegung wird gebeten.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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