19. August 2011

Externe Gehaltszahlungen für Mitglieder der Gesellschafterversammlung, BeraterInnen, Beratungsgesellschaften, Kuratoriumsmitglieder, Aufsichtsräte und Angestellte der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen vom 14.7.2011 mit den Antworten des Leiters der Staatskanzlei, Dr. Marcel Huber, vom 19.8.2011 (kursiv dargestellt).

In der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung (Stadtausgabe München, Seite 1) wird unter dem Titel „München und Berlin buhlen um Olympia“ berichtet, dass die Kuratoriumsvorsitzende Katharina Witt zwar keine direkten Gehaltszahlungen von der Bewerbungsgesellschaft erhalten habe, aber einen Vertrag mit einem der privaten Hauptsponsoren der Münchner Bewerbung, der BMW Group, als „Olympiabotschafterin und Markenbotschafterin“ abgeschlossen habe. „Inhaltlich sei ihr Engagement nicht auf die Bewerbung beschränkt.“

Vorbemerkung der Staatskanzlei:
Der Fragesteller begehrt unter anderem Auskünfte über arbeitsrechtliche Verträge, die zwischen Beratern bzw. Beratungsgesellschaften der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH einerseits und Sponsoren der Bewerbung andererseits bestehen. Das parlamentarische Fragerecht kann sich gemäß Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (vgl. z.B. Entscheidung vom 26.07.2006, VerfGHE 59,144) aber „nur auf Bereiche erstrecken, für die die Staatsregierung verantwortlich ist“. Allein privat getragene Unternehmen können danach grundsätzlich nicht Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage sein, weil insoweit der öffentliche Bezug und damit das öffentliche Interesse an einer Klärung fehlt. Dies gilt entsprechend sowohl für Privatpersonen als auch für sogenannte gemischtwirtschaftliche, also von öffentlicher Hand (hier: Freistaat Bayern) und Dritten gehaltenen Unternehmen, sofern sie nicht von der öffentlichen Hand „beherrscht“ werden. Dies ist bei der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH, an der der Freistaat mit 9 % beteiligt ist, erkennbar nicht der Fall. Der parlamentarischen Kontrolle unterliegt insoweit aber ggfs. das Verhalten der vom Freistaat in die Gesellschaftsorgane und gremien entsandten Vertreter

Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:
1. Welche weiteren Mitglieder der Gesellschafterversammlung, BeraterInnen, Beratungsgesellschaften, Kuratoriumsmitglieder, Aufsichtsräte und/oder Angestellte der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH haben arbeitsrechtliche Verträge mit Sponsoren der Bewerbung? Ich bitte um Auflistung nach Person, Sponsor, Tätigkeitsbereich der Person innerhalb der Bewerbungsgesellschaft auf der einen und Aufgabenbereich für den Sponsor auf der anderen Seite, jeweilige Vertragsdauer für die Bewerbungsgesellschaft und den Sponsor, sowie die Höhe der jeweils geleisteten Gehaltszahlungen. Sollte dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich sein, bitte ich dies zu begründen und meine Frage im größtmöglichen Detailreichtum zu beantworten.
zu 1.: Vgl. zunächst Vorbemerkung.
a) Die staatlichen Vertreter in Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung haben keine arbeitsrechtlichen Verträge mit Sponsoren der Bewerbung.
b) Die Mitglieder des Kuratoriums werden gemäß Gesellschaftsvertrag von der Gesellschafterversammlung berufen und sollen die gesellschaftlich relevanten Gruppen in Deutschland widerspiegeln. Das Kuratorium hat ein Anhörungs-, Informations- und Vorschlagsrecht, jedoch keine Entscheidungsbefugnisse für laufende Geschäfte der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH. Selbst wenn einzelne Mitglieder des Kuratoriums arbeitsvertragliche Beziehungen zu Sponsoren der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH unterhielten, hätte dies mangels Entscheidungskompetenzen des Kuratoriums keine Auswirkungen auf die Geschäftsführung der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH. Entsprechend hat die Gesellschafterversammlung im Rahmen der Bestellung von Mitgliedern des Kuratoriums keinen Anlass und keine Notwendigkeit gesehen, arbeitsvertragliche Beziehungen von Mitgliedern des Kuratoriums zu Sponsoren der Bewerbungsgesellschaft zu erfragen und in die Entscheidung über die Berufung von Kuratoriumsmitgliedern einfließen zu lassen. Im Gegenteil hatten alle Gesellschafter der Bewerbungsgesellschaft, auch die Bayerische Staatsregierung, ein Interesse daran, dass die Sponsoren der Bewerbungsgesellschaft ihr Engagement für die Olympiabewerbung München 2018 auch durch eine prominente Vertretung im Kuratorium der Bewerbungsgesellschaft untermauern. Etwaige arbeitsvertragliche Beziehungen mit Sponsoren der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH hätten daher die Zustimmung der Staatsregierung in der Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines Kuratoriumsmitglieds in keiner Weise beeinträchtigt.
Die vom Fragesteller begehrte Auskunft über arbeitsrechtliche Verträge von Mitgliedern des Kuratoriums mit Sponsoren der Bewerbungsgesellschaft berührt zudem Grundrechte der Mitglieder des Kuratoriums (u.a. das in Art. 100, 101 BV, Art. 1, 2 Abs. 1 GG enthaltene Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung), fällt – zumal die Zustimmung der Staatsregierung zur Berufung von Kuratoriumsmitgliedern von etwaigen Arbeitsverträgen nicht negativ beeinflusst worden wäre – in die Sphäre privater Personen und ist damit vom parlamentarischen Fragerecht nicht gedeckt. In Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Mitglieder des Kuratoriums, der bewussten Entscheidung der Gesellschafterversammlung, Sponsoren der Olympiabewerbung in das Kuratorium einzubinden und in Anbetracht nicht gegebener Entscheidungsbefugnisse des Kuratoriums für die Tätigkeit der Organe der Bewerbungsgesellschaft sieht die Staatsregierung daher von einer nachträglichen Abfrage etwaiger arbeitsrechtlicher Verträge ab, zumal die Kuratoriumsmitglieder hierüber nicht auskunftspflichtig wären.
Der Staatsregierung ist die Tätigkeit der Vorsitzenden des Kuratoriums als Markenbotschafterin und Olympiabotschafterin der BMW Group bekannt. Zudem ist der Vorstandsvorsitzende der BMW Group Mitglied des Kuratoriums (vgl. auch Auflistung der Mitglieder des Kuratoriums unter www.muenchen2018.org).
c)  Nach Auskunft der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH unterhält kein Angestellter der Gesellschaft arbeitsrechtliche Beziehungen zu Sponsoren der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH.

2. Sind diese Gehälter vollumfänglich in das Budget der Bewerbungsgesellschaft eingeflossen? Falls nein, warum nicht?
zu 2.: In das Budget der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH fließen naturgemäß nur Einnahmen und Ausgaben der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH ein. 

3.a) Hatte die Bayerische Staatsregierung Kenntnis von den vertraglichen Verpflichtungen von Frau Witt gegenüber der BMW Group und etwaiger anderer ProtagonistInnen der Bewerbungsgesellschaft gegenüber Sponsoren?
zu 3.a): Die Bayerische Staatsregierung hatte Kenntnis von der Tätigkeit der Vorsitzenden des Kuratoriums als Markenbotschafterin und Olympiabotschafterin der BMW-Group. Sofern in der Fragestellung unter „weiterer Protagonisten“ Vertreter der Gesellschaftsorgane sowie Arbeitnehmer der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH verstanden werden, wird auf die Vorbemerkung zu Frage 1 verwiesen.

3.b) Wie beurteilt die Staatsregierung einen möglichen Interessenskonflikt von Frau Witt und ggf. weiterer ProtagonistInnen der Bewerbung, zwischen ihrem Engagement für eine erfolgreiche Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018 und etwaigen konträren Interessen ihrer Arbeitgeber?
zu 3.b): Interessenkonflikte werden nicht gesehen, da die Interessen von Bewerbungsgesellschaft und Sponsoren der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH in Bezug auf die Olympiabewerbung und deren Erfolg gleichgerichtet waren. Ohne das beispiellose Engagement von Sponsoren wäre die Bewerbungskampagne, die dem Freistaat Bayern national und international einen großen Imagegewinn gebracht hat, nicht möglich gewesen.

3.c) Wie wurde aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung sichergestellt, dass bei dem benannten Personenkreis die Ziele der Bewerbungsgesellschaft im Vordergrund standen und nicht die der Sponsoren?
zu 3.c): Vgl. Antwort zu Frage 3b.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.

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