14. Oktober 2009

SPD: Bundesregierung auf Vorrang der erneuerbaren Energien verpflichten

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Es ist schon erstaunlich, wie sich die Debatte um erneuerbare Energien in den letzten Jahren gewandelt hat. Wir haben eben von Graf von und zu Lerchenfeld gehört, die CSU habe sich schon immer stark gemacht für erneuerbare Energien, was mich erstaunt.

(Zurufe von der CSU)

Wie war es denn vor 16 Jahren? Da haben die großen Konzerne gemeinsam mit vielen Leuten große Anzeigen geschaltet: Wir werden langfristig nur 4 % bis 5 % des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien decken können. Mehr sei technisch nicht möglich. Bereits vor zwei Jahren, 2007, hatten wir 15 % erreicht. Man darf nicht vergessen, die CSU, die angeblich immer erneuerbare Energien gefördert habe – – Ich würde es Ihnen abnehmen, wenn Sie sagen würden, dass Sie das ab jetzt machen. Sie können aber nicht sagen, dass Sie das schon immer gemacht haben. Im Bundesrat hat die CSU bzw. die Staatsregierung, zwei Mal gegen das EEG gestimmt. Im Jahr 2007 wollte Stoiber das EEG noch auslaufen lassen. Da kann man nicht von einer Förderung der erneuerbaren Energien sprechen; das ist es einfach nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Heutzutage – das merkt man an der Diskussion – mag es durchaus sein, dass niemand mehr das EEG infrage stellt. Das traut sich derzeit keiner mehr. Die Frage ist aber, wie man dieses Gesetz weiterentwickelt. Deshalb ist der Antrag der SPD-Kollegen durchaus berechtigt.

Der Arbeitsmarkteffekt des EEG ist unumstritten, vor allem sein positiver Effekt für das Handwerk vor Ort, was uns in Bayern ein wichtiges Anliegen sein müsste. Wir wissen auch – das ist der entscheidende Punkt im SPD-Antrag -, dass die Vorrangregelung für erneuerbare Energien das wichtigste Instrument ist, das zum Erfolg überhaupt erst beigetragen hat. Das bedeutet, dass die erneuerbare Energie vorrangig abgenommen und ins öffentliche Netz eingespeist werden muss und damit in den Strommix kommt.

Vierte Vizepräsidentin Christine Stahl:  Herr Hartmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Graf von und zu Lerchenfeld?

Ludwig Hartmann (GRÜNE):  Ja, bitte.

Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU):  Lieber Kollege, ich wollte Sie nur fragen, ob Ihnen bekannt ist, wer damals das 100.000-Dächer-Programm durchgeführt hat.

(Hans Joachim Werner (SPD): Zwischenfragen verweigern, aber dann selbst welche stellen!)

Ludwig Hartmann (GRÜNE):  Das 100.000-Dächer-Programm war ein erster Ansatz. Das hat die Union sicher mitgetragen; das gestehe ich Ihnen gerne zu. Das Entscheidende ist aber die Vorrangregelung für die erneuerbaren Energien. Das ist das entscheidende Instrument, und gegen dieses Instrument hat sich die Staatsregierung im Bundesrat zweimal gewehrt. Das ist in der Debatte das Entscheidende. Ihren Erfolg beim 100.000-Dächer-Programm erkenne ich aber gerne an. Das war ein erster Schritt.

Ich habe vorhin gerade gesagt, dass die Vorrangregelung für die erneuerbaren Energien entscheidend dafür ist, dass diese weiter wachsen können. Es kommt heute schon oft genug vor, dass große Windparks vom Netz genommen werden, weil im Stromnetz für deren Energie kein Platz mehr ist, das die großen Konzerne mit ihrem Kohle- und Atomstrom faktisch überfüllt haben.

Die Angst der SPD ist durchaus berechtigt, dass es dort zu einer Änderung kommen könnte. Ich möchte an die Kollegen von der FDP appellieren, die sich immer für mehr Wettbewerb im Stromnetz und für mehr Anbieter stark machen. Die Vorrangregelung garantiert doch genau diesen Wettbewerb. Es gibt weitere Anbieter, die Strom produzieren und ihn garantiert ins Netz einspeisen können. Wer von Wettbewerb im Stromnetz spricht, muss auch den neuen Betreibern gegen die vier großen Monopole, die wir faktisch noch haben, eine Möglichkeit einräumen, ihren Strom ins Netz zu bekommen. Aus diesem Grund stimmen wir diesem Antrag zu.

Ich möchte noch eine Bemerkung zu einem Punkt machen, der sicher demnächst die Gemüter in der Koalition erhitzen wird. Das ist das Thema der Vergütung für Einspeisenetze. Als vehementer Verfechter erneuerbarer Energien bin ich gerne bereit, von Zeit zu Zeit über die Höhe der Vergütung für die Einspeisung neu nachzudenken, wenn sich bestimmte Entwicklungen ergeben. Wir wissen, dass die Photovoltaik und hiermit der Solarstrom erfolgreicher sind, als wir je zu träumen gewagt haben. Jegliche Prognose wurde übertroffen. Als Folgeentwicklung, die wir mit dem EEG auch erreichen wollten, sinken die Kosten des Solarstroms. Wir sind ein großes Stück weitergekommen. Die Modulpreise – das ist Ihnen sicher allen bekannt – sind in den letzten zwölf Monaten gewaltig gefallen. Deshalb kann man sicher über eine Anpassung der Vergütung nachdenken.

Ganz entscheidend ist aber Folgendes: Das darf nicht zu einer Bremse für erneuerbare Energien führen. Es kann eine kleine Marktanpassung geben. Man kann sicher über ein Prozent oder zwei Prozente mehr reden.

Ich habe aber ein bisschen Angst, dass man in den Koalitionsverhandlungen die Bremse zu stark anziehen wird, um den Großkonzernen wieder Platz im Netz für ihren Kohle- und Atomstrom zu beschaffen. Das darf nicht passieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

++++++++++

Hier geht es zu einem Videomitschnitt meines Redebeitrags.

Über diesen Link können Sie sich die gesamte Diskussion als Videostream anschauen.

Hier können Sie den gesamten Diskussionsverlauf, den Antragstext und das Abstimmungsergebnis nachlesen.