15. Juli 2014

Auszug aus Gemeinschaftsunterkünften ermöglichen, die Pflicht zur Wohnsitznahme in Gemeinschaftsunterkünften aus dem bayerischen Aufnahmegesetz (AufnG) streichen

Unser Dringlichkeitsantrag vom 15.07.2014

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird beauftragt einen Gesetzentwurf für ein neues bayerisches Aufnahmegesetz vorzulegen, der folgende Punkte beinhaltet:
– Die generelle Pflicht für Flüchtlinge, in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen, wird gestrichen,
– das System der Gemeinschaftsunterkünfte wird durch eine dezentrale Unterbringung nach dem Leverkusener Modell ersetzt,
– Landkreise und kreisfreie Städte werden in die langfristigen Planungen zur Unterbringung einbezogen, da sie die Situation vor Ort am besten kennen, Nachbarn werden frühzeitig informiert,
– die Unterbringung in Flüchtlingslagern und dezentralen Unterkünften erfolgt nur noch zur Vermeidung von Obdachlosigkeit,
– ein Antrag auf eine Auszugserlaubnis ist nicht mehr notwendig. Flüchtlinge, die angemessenen Wohnraum gefunden haben, sollen aus den Flüchtlingslagern ausziehen können,
– die Angemessenheit des Wohnraums richtet sich nach den örtlichen Vorgaben für Sozialleistungsbezieher und -bezieherinnen, die Obergrenzen für Mietkosten, Anzahl der Zimmer sowie Quadratmeter entsprechend der Größe der jeweiligen Haushalte ebenso 
- Flüchtlinge erhalten Unterstützung bei der Wohnungssuche,
– die Kosten des Wohnraums trägt wie bisher der Freistaat Bayern.

Begründung:
Bei weitem nicht alle der derzeitig genutzten Gemeinschaftsunterkünfte befinden sich in einem akzeptablen Zustand. Angesichts der dramatischen Platznot in den Unterkünften und einer Vielzahl von ungeeigneten Unterbringungen in Garagen, Containern, ehemaligen prekären Landgasthöfen und anderen heruntergekommenen und zum Teil völlig überteuert angemieteten Immobilien muss Flüchtlingen die Möglichkeit gegeben werden, früher aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen zu können. Die vorgesehenen Verweilzeiten von 4 Jahren für Einzelpersonen und 2 Jahren für Familien sind zu lang. Diese Zeit verlängert sich für Flüchtlinge, denen mangelnde Mitwirkungspflicht bei der Beschaffung von Papieren unterstellt wird oder Verstöße gegen das Ausländerrecht vorgeworfen werden, so dass die Betroffenen bisweilen über 10 oder gar 14 Jahre keine Auszugserlaubnis aus den Gemeinschaftsunterkünften und keine Arbeitserlaubnis erhalten. Kindern fehlt die Möglichkeit, sich auf die Schule gut vorbereiten zu können, Familienleben ist mit Gemeinschaftsküche ohne Sitzgelegenheit und Essen im Mehrbettschlafraum erschwert, Privatsphäre und Schutz ist nicht gegeben. Das Wohnen in Unterkünften mit über 100 Personen ohne jegliche Rückzugsmöglichkeit macht Menschen auf Dauer krank und belastet insbesondere traumatisierte Menschen schwer.
Die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen ist zudem billiger als die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften.
Nach bundesgesetzlicher Regelung sind Flüchtlinge lediglich verpflichtet, bis zu sechs Wochen, längstens jedoch bis zu drei Monaten, in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen (§ 47 Abs. 1 AsylVfG). Danach werden sie auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. Während des Asylverfahrens sollen sie nur in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden (§ 53 Abs. 1 AsylVfG). Für abgelehnte Flüchtlinge, die lediglich geduldet werden, sehen die Bundesgesetze keine Pflicht zum Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft vor.
Der Freistaat Bayern hat jedoch diese bundesgesetzlichen Vorgaben durch eine landesgesetzliche Regelung verschärft und 2002 mit dem bayerischen Aufnahmegesetz (AufnG) eine generelle Verpflichtung zum Leben in Gemeinschaftsunterkünften eingeführt. Danach sollen grundsätzlich alle Flüchtlinge, egal ob im Asylverfahren oder mit Duldung, dort untergebracht werden (Art. 4 Abs. 1 AufnG). Diese Verpflichtung wurde in der letzten Legislaturperiode zeitlich befristet. Seither können Flüchtlinge vier Jahre nach Abschluss des ersten Asylverfahrens und Familien mit Kindern bereits direkt nach Abschluss des ersten Asylverfahrens (Art. 4 Abs. 4 AufnG) aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen. Hier besteht dringender Änderungsbedarf, um Flüchtlinge in Bayern endlich angemessen unterbringen zu können.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 04.11.2014 leider durch die Stimmen der CSU, bei Enthaltung der Freien Wähler, abgelehnt.