17. August 2015

Umsetzung der Alpenkonvention in Bayern – Teil 8: Energie

Unsere Interpellation vom 15.10.2014 mit den Antworten des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 07.05.2015, uns zugegangen am 08.06.2015, veröffentlicht als Drucksachennummer 17/6592 am 17.08.2015 (Antworten sind kursiv hervorgehoben)

Aufgrund der sehr umfänglichen Fragestellungen habe ich Ihnen die Antworten in neun einzelne Artikel zu den jeweiligen Kapiteln aufgeteilt. Über die folgende Inhaltsangabe gelangen Sie am Anfang jeden Artikels zu den jeweiligen Kapiteln. Am Ende eines jeden Artikels erfolgt ein Link zum folgenden Kapitel.

1. Allgemeine Fragen zur Alpenkonvention

2. Nachhaltige Entwicklung und Raumplanung

3. Berglandwirtschaft

4. Naturschutz und Landschaftsplanung

5. Bergwald

6. Tourismus

7. Bodenschutz

8. Energie

9. Verkehr

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8. Energie


8.1 Wasserkraft
Als Gebietskulisse wird beim Fragenkomplex 8.1 gemäß Vorbemerkung der Interpellation von der auf Gemeindeebene vorgenommenen Abgrenzung des Alpenraums nach dem Landesentwicklungsprogramm (LEP) ausgegangen.
8.1 a) Welcher Anteil der in den bayerischen Alpen bestehenden Wasserkraftanlagen ist für wandernde Tierarten durchgängig? Wo wurden in den letzten 10 Jahren Fischaufstiegshilfen errichtet, wo liegen Dokumentationen der Wirkung mit welchem Ergebnis vor?
zu 8.1 a): Alpine Gewässer weisen häufig ein hohes Gefälle und stark schwankende Abflüsse auf und können daher abschnittsweise flussaufwärts für Fische natürlicherweise nicht durchgängig sein, oder diese Abschnitte sind sogar temporär oder dauerhaft fischfrei. Diese naturräumlichen Gegebenheiten müssen im Einzelfall geprüft und in die Anforderungen zu einer eventuellen Verbesserung der Flussaufwärts gerichteten Durchgängigkeit einbezogen werden. An Wasserkraftanlagen oder auch Trinkwasserversorgungen, deren Höhenunterschiede energetisch genutzt werden, ist daher, soweit die Stellen natürlicherweise nicht durchgängig waren, eine Verbesserung der Durchgängigkeit nicht erforderlich.
Im Alpengebiet sind 380 Wasserkraftanlagen in Betrieb, von denen 82 Anlagen (21,6 %) mit einer separaten Fischaufstiegsanlage ausgestattet sind. Darüber hinaus gibt es viele Wasserkraftanlagen, die aufgrund ihrer Bauweise (z.B. Anlagen mit Wasserrädern oder Wasserkraftschnecken) die flussabwärts gerichtete Wanderung im Allgemeinen für die Fische schonender als konventionelle Turbinenanlagen ermöglichen.
Von den 82 Fischaufstiegshilfen an Wasserkraftanlagen innerhalb der Gebietskulisse wurden in den Jahren 2005 bis 2014 insgesamt 49 Anlagen an folgenden Gewässern errichtet:
Die Funktionsfähigkeit von Wanderhilfen wird mit den Beteiligten vor Ort besprochen. Dokumentationen über die Wirksamkeit liegen in 17 Fällen vor. Ein Monitoring der Wirkung der Fischaufstiegshilfen ist grundsätzlich nicht vorgeschrieben und wird nur in begründeten Fällen durchgeführt.

150817 Interpellation Tab zu 8.1a

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8.1 b) Welche alternativen Maßnahmen – abgesehen von Fischpässen und Umgehungsrinnen – zur Verbesserung der biologischen Durchgängigkeit an Wasserkraftanlagen sind der Staatsregierung bekannt? Welche Maßnahmen führt die Staatsregierung durch, um die Durchgängigkeit der Fließgewässer der bayerischen Alpen an Wasserkraftanlagen zu erhöhen?
zu 8.1 b): Bei der Beantwortung dieser Frage muss unterschieden werden zwischen Maßnahmen zum Fischaufstieg und zum Fischabstieg.
Der jeweils aktuelle Stand der Technik zum Fischaufstieg ist im „Praxishandbuch Fischaufstiegsanlagen in Bayern – Hinweise und Empfehlungen zu Planung, Bau und Betrieb“ dargestellt, das in Kooperation zwischen dem Landesfischereiverband Bayern, dem Bayerischen Landesamt für Umwelt und dem Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft entstanden ist. Für den Fischaufstieg kommen neben den benannten Maßnahmen auch Fischschleusen, Fischaufzüge und ähnliche Maßnahmen grundsätzlich in Betracht. Ihre Errichtung und ihr Betrieb sind in der Regel technisch sehr aufwändig, über ihre Wirksamkeit liegen noch keine belastbaren Erkenntnisse vor.
Ein weiterer wichtiger Baustein zur Verbesserung der Situation der Gewässerlebewesen ist die Schaffung von Ersatzlebensräumen bis hin zu Parallelgewässern.
Für den Fischabstieg gibt es noch keinen allgemein anerkannten Stand der Technik. Hier ist neben organisatorischen Maßnahmen (z.B. Turbinenmanagement zu Fischwanderzeiten, Catch & Carry) vor allem die Konstruktion fischverträglicher Kraftwerks- und Turbinentypen zu nennen (z.B. Wasserkraftschnecke, VLH-Turbine, Schachtkraftwerk, Fließgewässerkraftwerk, bewegliches Kraftwerk, Rechenanlage mit Bypässen, Leiteinrichtungen).
Die Staatsregierung unterstützt diese Entwicklungen über die Errichtung von Pilotanlagen im gesamten Staatsgebiet und ein begleitendes Monitoring (Forschungsvorhaben „Wasserkraftnutzung und Gewässerökologie“ des Lehrstuhls für aquatische Systembiologie der TU München).

8.1 c) Wie stellt sich – bezogen auf die vergangenen 10 Jahre – das Verhältnis von Stilllegungen und Neubauten von (Klein-) Wasserkraftanlagen in den bayerischen Alpen dar? Wie viele Konzessionen zur Wasserkraftnutzung laufen in den nächsten Jahren aus und wo gibt es Planungen für Neubauten?
zu 8.1 c): Zum Verhältnis von Stilllegungen und Neubauten von Wasserkraftanlagen können keine Angaben gemacht werden. Es existieren in der Verwaltung keine Aufzeichnungen zum Datum einer Stilllegung bzw. Stilllegungen werden nicht gemeldet. Bis Ende 2024 laufen bei 39 Wasserkraftanlagen innerhalb der Gebietskulisse die Konzessionen aus. Teilweise bleiben jedoch nach Ablauf der aktuellen wasserrechtlichen Gestattung darüber hinaus vorhandene Altrechte unbefristet bestehen. Der Verwaltung sind momentan 21 Planungen für Neubauten in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Berchtesgadener Land, Garmisch-Partenkirchen, Oberallgäu, Traunstein und Weilheim-Schongau bekannt (Antrag eingereicht oder Vorgespräche mit Behörden geführt).

8.1 d) An welchen bestehenden Wasserkraftanlagen wurden in den vergangenen 10 Jahren Repowering-Maßnahmen umgesetzt? Welche Leistungssteigerungen wurden im Einzelnen erzielt? Welches Potenzial in der Leistungssteigerung steckt unter Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Aspekte im Repowering bestehender Anlagen im Alpenraum? Welche Maßnahmen wurden im Zuge des Repowering jeweils unternommen, um die Durchgängigkeit sowie die Gewässerökologie insgesamt zu erhöhen? Welche ökologischen Vorgaben empfiehlt die Staatsregierung bei Repowering-Vorhaben?
zu 8.1 d): Vorbemerkung
Der Begriff „Repowering“ stammt aus der Windkraft und ist im Wasserkraftbereich nicht geläufig. Soweit damit eine Erhöhung der Erzeugungskapazitäten bestehender Anlagen gemeint ist, gelten die nachfolgenden Ausführungen.
Für genehmigungsfreie Maßnahmen im Bereich Maschinen- und Elektrotechnik (Modernisierung) liegen der Staatsregierung keine Zahlen vor. Dies umfasst z.B. die Erneuerung/Verbesserung von Transformatoren, Getriebe und Steuerung oder Optimierungen der Betriebsweise, die keiner wasserrechtlichen Gestattung bedürfen.

Die ökologischen Vorgaben für eine Erweiterung des wasserrechtlichen Benutzungsumfangs (Nachrüstung) wie z.B. Erhöhung Turbinenschluckvermögen, Mehrausleitung, Nachrüstung zusätzlicher Turbinen oder Höherstau entsprechen denen für den Neubau einer Wasserkraftanlage und richten sich nach den §§ 33 bis 35 WHG (Mindestwassermenge, Durchgängigkeit, Schutz der Fischpopulation). Auch hier liegen keine Zahlen vor, da in der Wasserkraftstatistik Nachrüstungen nicht separat erfasst werden.
Ein Anreiz zur Verbesserung der Durchgängigkeit und der Gewässerökologie insgesamt erfolgte im Berichtszeitraum auch durch die Regelungen des EEG 2009 und EEG 2012, die dem Kraftwerksbetreiber ökologische Verbesserungen bzw. die Einhaltung der §§ 33 bis 35 WHG zur Bedingung für die erhöhte Einspeisevergütung machten.

8.1 e) Wie viele Kleinwasserkraftanlagen wurden – aufgeschlüsselt nach (Erst-)Genehmigungen für den Neubau und (Folge-)Gestattungen einer bestehenden oder übergangsweise stillgelegten Wasserkraftanlage – in den letzten 10 Jahren mit welcher Ausbauleistung an welchen Bächen genehmigt? Für wie viele Anträge auf Kleinwasserkraftanlagen wurde die Genehmigung nicht erteilt?
zu 8.1 e): In den Jahren 2005 bis 2014 wurden die folgenden Genehmigungen erteilt:

150817 Interpellation Tab zu 8.1e1

150817 Interpellation Tab zu 8.1e2

Es gibt keine Fälle, in denen die Genehmigung nicht erteilt wurde. Bei Anträgen, bei denen keine Aussicht auf Genehmigung besteht, wird den Antragstellern von den Kreisverwaltungsbehörden aus Gründen der Verwaltungseffizienz in der Regel Gelegenheit zur Rücknahme des Antrags gegeben.

8.1 f) Welches Speicherpotenzial durch Pumpspeicherkraftwerke sieht die Staatsregierung im bayerischen Alpenraum? Welche Gebiete im bayerischen Alpenraum eignen sich zur Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken? Zu welchen Ergebnissen kommt die bereits mehrfach angekündigte Speicherpotenzial- und Standortanalyse für Pumpspeicherkraftwerke, für welche federführend das Landesamt für Umwelt zuständig ist? Welches Fachbüro wurde mit dieser Analyse beauftragt? Welche ökologischen Kriterien wurden bei der Auswahl möglicher Standorte In dieser Analyse angewendet? Wann wird diese Analyse veröffentlicht?
zu 8.1 f): Das Speicherpotenzial durch Pumpspeicherkraftwerke ist unter technischen, geologischen, ökonomischen, umweltfachlichen und infrastrukturellen Gesichtspunkten zu sehen. Insbesondere ökonomische Belange schränken die Realisierbarkeit des theoretisch möglichen Speicherpotenzials stark ein.
In der Studie „Analyse der Pumpspeicherpotenziale in Bayern“, die nach einem Ministerratsbeschluss vom Landesamt für Umwelt in Auftrag gegeben wurde, wurden Potenziale anhand vorgegebener Kriterien untersucht. Durch eine schrittweise Filterung wurden insgesamt acht Potenzialflächen im Alpenraum als besonders geeignet ausgewählt und im Anschluss vertieft untersucht. Von diesen acht Potenzialflächen lassen drei eine Leistung im Bereich 500 bis 1.000 MW erwarten und fünf eine Leistung im Bereich 100 bis 500 MW (bei einer Auslegung auf sechs Turbinenvolllaststunden).
Mit der Studie zur Analyse der Pumpspeicherpotenziale in Bayern erfolgt keine Vorfestlegung über die Genehmigung oder Realisierung von Pumpspeicherprojekten. Neben den Potenzialflächen, die für die vertiefte Untersuchung ausgewählt wurden, existieren weitere Potenziale, die nicht im Einzelnen geprüft wurden.
Grundsätzliche Voraussetzung zur Errichtung von Pumpspeicherkraftwerken ist das Vorhandensein ebener Strukturen mit einem ausreichenden Höhenunterschied und einer nicht allzu großen Horizontalentfernung. Einschränkungen bestehen in Bereichen mit gips- oder anhydrithaltigen Gesteinsformationen und in geologischen Rutschgebieten sowie in Schutzgebieten (Wasser, Heilquellen, Naturschutz) und im Umgriff von Infrastruktureinrichtungen (z.B. Siedlungen, Verkehrsflächen, Rohstoffabbaugebiete). In der Studie „Analyse der Pumpspeicherpotenziale in Bayern“ wurden Kriterien entwickelt, nach welchen eine Auswahl grundsätzlich zur Errichtung von Pumpspeicherpotenzialen geeigneter Flächen getroffen werden kann.
Die Studie „Analyse der Pumpspeicherpotentiale in Bayern“ wurde am 29. September 2014 veröffentlicht. Wesentliche Elemente sind
─  die Erarbeitung einer Bewertungsmatrix mit transparenten, nachvollziehbaren Kriterien,

─  die computergestützte topografische Analyse von Flächen in einem digitalen Geländemodell.
Anhand technischer, umweltfachlicher, geologischer, infrastruktureller und ökonomischer Kriterien fand eine schrittweise Auswahl geeigneter Potenzialflächen statt – zunächst automatisiert, dann zunehmend begleitet durch eine Arbeitsgruppe von Experten aus der Verwaltung. 16 von insgesamt 1.400 Potentialflächen in ganz Bayern wurden bezüglich Chancen, Anforderungen und Hindernissen vertieft untersucht. Das Gesamtpotenzial dieser 16 Flächen beträgt danach rund 11.000 MW mit einem Gesamtarbeitsvermögen von rund 66.000 MWh. Demnach weist Bayern rein theoretisch ein großes Potenzial zur Pumpspeicherung auf. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen derart geändert, dass Pumpspeicherkraftwerke unter den derzeitigen Marktbedingungen nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Dies belegt eine zweite Studie zur Rentabilität von Pumpspeicherkraftwerken in Bayern. Die Investition in Pumpspeicherkraftwerke ist eine Entscheidung der Unternehmen und keine staatliche Aufgabe. Neben Pumpspeicherkraftwerken können auch neue Technologien die Aufgaben der Stromspeicherung und Stromregelung übernehmen. In Bayern wird intensiv zu diesen Alternativen geforscht. Welche Technologie sich am Ende am Markt durchsetzt, ist noch offen.
Für die Bearbeitung der Studie hat das Landesamt für Umwelt das Ingenieurbüro Lahmeyer Hydroprojekt GmbH beauftragt.

Folgende ökologische Kriterien wurden bei der Auswahl möglicher Standorte in der Analyse angewendet: Nationalpark, Naturschutzgebiet, FFH-Gebiet, SPA-Gebiet, Landschaftsschutzgebiet, Naturpark, Biosphärenreservat, Naturdenkmal, geschützter Landschaftsbestandteil, Alpenplan, Moorgebiet, Biotop, Ökofläche, Artenschutz allgemein, Artenschutz Fische und Rundmäuler, BayernNetzNatur-Projekt, Naturschutzgroßprojekt des Bundesamts für Naturschutz, Gewässerökologie, Bannwald, Naturwaldreservat. Des Weiteren wurden in der Kategorie Umwelt folgende Kriterien berücksichtigt: Wasserschutzgebiet, Heilquellenschutzgebiet, Vorrang- und Vorbehaltsfläche Wasserversorgung, Landschaftsbild und Erholung.
Die Studie „Analyse der Pumpspeicherpotenziale in Bayern“ wurde am 29. September 2014 veröffentlicht. Sie ist unter nachfolgendem Link im Internet abrufbar:
http://www.stmwi.bayern.de/energie-rohstoffe/erneuerbare-energien/wasserkraft/.

8.2 Biomasse
a)
Welches Potenzial besteht unter absehbaren ökonomischen Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb von regionalen Biomasseheizkraftwerken im bayerischen Alpenraum?
zu 8.2 a): Auf Grund der naturräumlichen Gegebenheiten ist Holz der wichtigste Energieträger im Alpenraum. Andere Formen der energetischen Nutzung von Biomasse (z.B. Biogas) sind hier nur von untergeordneter Bedeutung.
Eine grobe Schätzung der Energiepotenziale von Holz, das dem Wald entnommen werden kann, ist im „Energieatlas Bayern“ (http://www.energieatlas.bayern.de/) veröffentlicht. Diese Karte gibt Auskunft über die aus den Wäldern jährlich nutzbaren Energiepotenziale. Es handelt sich um eine grobe Schätzung der Energiepotenziale (Bezugsfläche Gemeindegebiet). Die Karte gibt keine Auskunft darüber, in welchem Maß die Potenziale bereits genutzt oder tatsächlich verfügbar gemacht werden können. Die Details zur Datenerfassung und Herleitung der Potenziale sind im „Energieatlas Bayern“ dargestellt und bei der Verwendung der Karten zu beachten.
Eine Auswertung hat ergeben, dass die Gemeinden, die mit ihrer überwiegenden Fläche im Alpenraum liegen, in Summe ein jährliches Energiepotenzial von 4 Petajoule (PJ) aufweisen. Dies entspricht ca. 6,5 Prozent des gesamten bayerischen Potenzials von rund 62 PJ.
Wie viel von diesem Potenzial im Alpenraum bereits genutzt wird, ist nicht bekannt. Eine Studie zum Energieholzverbrauch in Bayern aus dem Jahr 2014 hat gezeigt, dass ein Großteil des Energieholzes in Feuerungsanlagen privater Haushalte verbraucht wird. Diese Holzmengen sind dort derzeit gebunden und nur sehr schwer zu quantifizieren. Bei kleinen und mittleren Biomasseanlagen ist von einer mehr oder weniger regional organisierten Hackschnitzelbereitstellung und -versorgung auszugehen. Allerdings sind Holzhackschnitzel grundsätzlich ein transportwürdiges Gut, das in einem gewissen Radius vom Verbrauchsstandort erzeugt werden kann. So erfolgen auch Transporte nach Österreich, die den bayerischen Holzheiz(kraft)werken nicht zur Verfügung stehen.
Die Ergebnisse der Bundeswaldinventur 2012 deuten darauf hin, dass die Holznutzungspotenziale in Bayern in Summe bereits weitgehend ausgeschöpft werden, sofern die Holzvorräte nicht abgebaut werden sollen. Inwieweit eine ausreichende Holzversorgung für neue Biomasseheiz(kraft)werke sichergestellt werden kann, muss jeweils im Einzelfall vor Ort geprüft werden.
Neue Biomasseheizkraftwerke werden aufgrund eines fehlenden Anreizes (vgl. EEG-Novelle 2014) kaum mehr errichtet werden, es sei denn, der erzeugte Strom kann direkt vermarktet werden oder dient der Eigenversorgung. Ein wirtschaftlicher Betrieb von Biomasseheizwerken zur regionalen Wärmeversorgung ist im Einzelfall sicherlich noch möglich und auch sinnvoll.

8.2 b) Wie hat sich in den letzten 10 Jahren die energetische Nutzung von Biomasse in den bayerischen Alpen verändert?
zu 8.2 b): Es liegen keine detaillierten Informationen zur Entwicklung der energetischen Nutzung von Biomasse im Alpenraum vor. Durch die bereits erwähnten Untersuchungen zum Energieholzmarkt in Bayern wurden zwar Daten erhoben, diese lassen jedoch keine statistisch gesicherten Aussagen für einzelne Regionen zu.
In ganz Bayern erlebte die Nutzung von Energieholz in den letzten 10 Jahren einen enormen Aufschwung. Sowohl Privathaushalte investierten vermehrt in Holzheizungen, aber auch im Bereich der Biomasseheizwerke mit Nahwärmenetzen sowie bei Biomasseheizkraftwerken, die Strom und Wärme aus Holz liefern, war zwischen 2005 und 2014 ein wesentlicher Zubau zu verzeichnen. Speziell der bayerische Alpenraum ist traditionell schon immer stark mit dem Thema „Heizen mit Holz“ verbunden. So waren auch einige größere Anlagen im Alpenraumgebiet – sicherlich auch inspiriert vom Nachbarland Österreich – Vorreiter und Vorbild bei der Nutzung des heimischen Energieträgers. Zu nennen sind hierbei beispielsweise das Biomasseheizwerk Reit im Winkl, das seit 2001 einen Großteil des Ortes mit Wärme aus einem Holzheizwerk versorgt.
Kleinfeuerungsanlagen
Daten zum absoluten Anlagenbestand von Holzheizungen in den alpenländischen Haushalten liegen nicht vor. Rückschlüsse auf die energetische Nutzung von Biomasse sind nur indirekt möglich und müssen sich auf wenige verlässliche Datenquellen stützen. Beispielsweise gewährt der Bund deutschlandweit seit dem Jahr 2000 im Rahmen des Marktanreizprogramms zur Förderung von erneuerbaren Energien im Wärmebereich Zuschüsse für den Einbau von Biomasseheizkesseln. Allein in den vergangen 10 Jahren wurden von der Bewilligungsbehörde, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausführkontrolle (Bafa), an rund 117.000 bayerische Bauherrn Fördermittel für Holzheizungen vornehmlich im häuslichen Bereich ausbezahlt (Pellet, Stückholz und Hackschnitzelkessel < 100 kW). Dies zeigt eine Abfrage bei einer öffentlich zugänglichen Datenbank (http://www.biomasseatlas.de), die das Marktanreizprogramm im Bereich der Kleinanlagen transparent darstellt.
Beispielhaft wurden die Daten für die beiden Landkreise Rosenheim und Traunstein, die in der Gebietskulisse der Alpenkonvention liegen, ausgewertet. In einem Zeitraum von 10 Jahren wurden 749 Anlagen gefördert, wobei es sich in 69 Prozent der Fälle um den Einbau von Pelletkesseln handelte (vgl. Tabelle).

150817 Interpellation Tab zu 8.2b

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Biomasseheiz(kraft-)werke
Daten zum absoluten Anlagenbestand von Holzheizwerken im Betrachtungsgebiet liegen nicht vor. Rückschlüsse auf die energetische Nutzung von Biomasse sind auch hier wieder indirekt über Förderprogramme (verlässliche Datenquelle) möglich. Der Freistaat Bayern unterstützt seit vielen Jahren den Bau von Biomasseheizwerken, die mit Holz befeuert werden. Zuletzt erhielten die Heizwerke im Förderprogramm Bioklima eine Zuwendung in Höhe von 20 € je Tonne CO2, die das Heizwerk in sieben Jahren im Vergleich zu einer fossilen Heizvariante einsparen wird.
Im Betrachtungszeitraum wurden 30 Holzheizwerke mit einer installierten Nennwärmeleistung von 20,6 MW thermisch in der Gebietskulisse der Alpenkonvention fachlich begleitet und bezuschusst. Seit Beginn des Engagements des Freistaates für die Nachwachsenden Rohstoffe sind in der Alpenregion mittlerweile insgesamt 73 Biomasseheizanlagen finanziell unterstützt worden.
Die verschiedenen Gesetze für den Ausbau erneuerbarer Energien (z.B. EEG) haben dazu geführt, dass auch im Alpenraum vermehrt Biomasseheizkraftwerke entstanden sind, die ausschließlich beziehungsweise vornehmlich bonusfähige Festbrennstoffe wie Waldhackschnitzel oder Rinde einsetzen. Genaue Zahlen zum aktuellen Bestand an Biomasseheizkraftwerken in der Gebietskulisse des Alpenraums liegen nicht vor. Die Holzvergasungstechnologie, die erst um das Jahr 2009 mit den ersten serienreifen Anlagen eine gewisse Marktdurchdringung erreichte, ist mittlerweile in Bayern unter den Biomasseheizkraftwerken die am häufigsten vertretene Technologie im kleineren Leistungsbereich. Die elektrischen Leistungen liegen meist unter 200 kWel.

8.3 Energieeinsparung und rationelle Energieverwendung
Liegen der bayerischen Staatsregierung Zahlen zur Entwicklung des Energieverbrauchs im bayerischen Alpenraum in den vergangenen 10 Jahren vor (absolut, Aufteilung nach Energieträgern und nach Verbrauchssektoren)?
zu 8.3: Die bayerische Energiebilanz umfasst das gesamte Staatsgebiet. Die Erstellung regionalisierter Energiebilanzen ist auf Basis der verfügbaren Daten nicht möglich. Insofern können keine Angaben zur Entwicklung des Energieverbrauchs im bayerischen Alpenraum und des Energieträgereinsatzes zu dessen Deckung gemacht werden.

8.4 Fossile Brennstoffe
Wie haben sich in den letzten 10 Jahren die Emissionen aus fossilen Energieträgern in den bayerischen Alpen entwickelt?
zu 8.4: Siehe Antwort zu Frage 8.3.

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Hier geht es zum 9. Kapitel der Interpellation: Verkehr

Hier können Sie die komplette Interpellation mit den Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags herunterladen.