16. Januar 2015

Überarbeitung der Rahmenbedingungen für den Einsatz derivativer Finanzinstrumente bayerischer Kommunen

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen vom 12.12.2014, mit den Antworten des Staatsministers des Inneren, für Bau und Verkehr, Joachim Herrmann, vom 16.01.2015 (kursiv dargestellt)

Laut Bericht der Staatsregierung über die Handhabung und das Ausmaß des Einsatzes von Zinsswap-Geschäften, bzw. von derivativen Finanzierungsinstrumenten durch bayerische Kommunen, hält das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr eine Überarbeitung der Rahmenbedingungen mit strengeren Anforderungen an den Einsatz derivativer Finanzinstrumente für notwendig (vgl. S. 4 des Berichts).

Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich, bezüglich Fragen 8 b) und 8 c) im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, wie folgt:
Vorbemerkung:

Der Bayerische Landtag hat die Staatsregierung in den Beschlüssen vom 16.07.2013 (Drs. 16/18018 und 16/18019) zu einer umfassenden Berichterstattung u. a. über den Einsatz derivativer Finanzinstrumente durch Kommunen an den (damaligen) Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit aufgefordert. Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat in den Jahren 2013/2014 den Einsatz derivativer Finanzinstrumente umfangreich evaluiert. Über das Ergebnis wurde der Landtag durch schriftliche Berichte des federführenden Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 21.05.2014 und durch mündlichen Bericht im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport am 02.07.2014 unterrichtet. Wesentliche Schlussfolgerung des schriftlichen Berichts an Frau Präsidentin des Bayerischen Landtags (S. 22) war, dass Missstände und Verluste beim Einsatz derivativer Finanzinstrumente – bezogen auf die Gesamtheit der bayerischen Kommunen – Einzelfallprobleme und kein Massenphänomen sind.
Da folglich kein sofortiger Handlungsdruck besteht, soll die Überarbeitung der Rahmenbedingungen für den Einsatz derivativer Finanzinstrumente nach dem Grundsatz Gründlichkeit vor Schnelligkeit erfolgen.

1. a) Beabsichtigt die Staatsregierung die strengeren Anforderungen an den Einsatz derivativer Finanzierungsinstrumente in Form eines förmlichen Gesetzes durch Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung zu regeln?
zu 1. a) Die Frage ist gegenwärtig nicht entscheidungsreif, weil weder die im Bericht vom 21.05.2014 angekündigte Anhörung der kommunalen Spitzenverbände noch die interne Meinungsbildung hierzu abgeschlossen ist.

1. b) Wie lautet der Zeitplan für die von der Staatsregierung geplante Überarbeitung der Anforderungen an den Einsatz derivativer Finanzprodukte?
zu 1. b) In der Sitzung des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport am 02.07.2014 wurde darauf hingewiesen, dass mit der Überarbeitung im Jahr 2014 nicht mehr zu rechnen sei. Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr strebt an, die Überarbeitung im Laufe des Jahres 2015 vorzunehmen.

2. a) Wie bewertet die Staatsregierung die Aufnahme eines generellen Verbots von spekulativen Finanzgeschäften in die Bayerische Gemeindeordnung, vergleichbar mit der Regelung in der Sächsischen Gemeindeordnung (vgl. § 72 Abs. 2 Satz 2 SächsGO)?
b) Wäre es aus Sicht der Staatsregierung angebracht, den Abschluss von besonders spekulativen, derivativen Finanzierungsinstrumenten unter einen Genehmigungsvorbehalt durch die Rechtsaufsichtsbehörde zu stellen?
c) Hält es die Staatsregierung für möglich und zielführend, bestimmte Kategorien von Geschäften, beispielsweise Optionsgeschäfte, bei denen die Kommunen als Stillhalter agieren und gegen Zahlung einer Prämie Risiken von Banken oder dritten Personen absichern, ausdrücklich zu verbieten, bzw. unter einen ausdrücklichen Genehmigungs­vorbehalt zu stellen?
zu 2. a-c) Die Fragen 2 a), b) und c) werden zusammengefasst beantwortet.
Die Meinungsbildung zu diesen Fragestellungen ist bislang nicht abgeschlossen. Diese werden in den Gesamtkomplex der Überarbeitung der Anforderungen an den Einsatz derivativer Finanzinstrumente eingebunden werden. Zur Bewertung von Optionsgeschäften, bei denen die Kommune als Stillhalter agiert, darf zunächst auf die Antwort auf die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Hartmann vom 08.07.2013 betreffend Kommunen als Stillhalter bei Optionsgeschäften vom 07.08.2013 (Drs.16/18312) verwiesen werden.

3. Hinsichtlich welcher Aspekte ist eine Überarbeitung der Rundschreiben (IMS) vom 08.11.1995 und 14.09.2009 geplant?
zu 3.) Auf die Antwort zu Frage 1 a) wird verwiesen.

4. a) Haben die laut Bericht geplanten Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden bezüglich der Überarbeitung der Anforderungen bereits stattgefunden?
zu 4. a) Ein Auftaktgespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden konnte aus terminlichen Gründen erst am 11.11.2014 durchgeführt werden.

4. b) Falls ja, was waren die Ergebnisse dieser Gespräche?
zu 4. b) Das Auftaktgespräch war nicht auf eine sofortige Ergebnisfindung, sondern auf die Ausleuchtung verschiedener Aspekte gerichtet. Im Ergebnis wurde vereinbart, dass eine Meinungsbildung innerhalb der kommunalen Spitzenverbände erfolgen solle. Wir rechnen mit dem Eingang einer schriftlichen Äußerung bis Ende des ersten Quartals 2015.

4. c) Falls nein, wann sind diese Gespräche geplant?
zu 4. c) entfällt.

5. Welche Vertreter*innen welcher Staatsministerien waren oder werden von Seiten der Staatsregierung an diesen Gesprächen beteiligt?
zu 5.: An dem Auftaktgespräch waren die zuständige Sachgebietsleiterin und der innerhalb des Sachgebiets zuständige Mitarbeiter des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr beteiligt.

6. Hat die Staatsregierung darüber hinaus mit weiteren Interessensvertreter*innen oder Verbänden Gespräche über die strengeren Anforderungen an den Einsatz derivativer Finanzprodukte geführt oder plant sie derartige Gespräche?
zu 6.: Es wurden weitere Gespräche geführt.

7. Falls ja,
a) mit wem hat die Staatsregierung gesprochen bzw. plant sie entsprechende Gespräche?
zu 7. a) Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat mit dem Bundesverband öffentlicher Zinssteuerung e. V. auf dessen Wunsch hin Gespräche geführt. Weitere Gespräche, ggf. auch mit anderen Interessensvertretern oder Verbänden, hat das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gegenwärtig nicht geplant, behält sich diese – falls erforderlich – aber vor.

7. b) was waren die Ergebnisse dieser Gespräche?
zu 7. b) Der Bundesverband hat Informationsmaterialien übergeben und eine schriftliche Äußerung nach dem 12.11.2014 angekündigt. Die schriftliche Äußerung lag bis zur Frist für die Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage noch nicht vor.

7. c) welche Vertreter*innen welcher Staatsministerien waren oder werden von Seiten der Staatsregierung an diesen Gesprächen beteiligt?
zu 7. c) Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen.


8. a) Welches Ministerium hat die Federführung für die Überarbeitung der Rahmenbedingungen für den Einsatz derivativer Finanzprodukte?
zu 8. a) Zuständiges Ressort ist das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (§ 3 Nr. 2 StrGVV).

8. b) Wie verteilen sich die Zuständigkeiten zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie und dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der in der Einleitung genannte Bericht vom Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie gegeben wurde, obwohl die bisherigen Derivateerlasse, sowie die anlässlich des Berichts durchgeführte Erhebung bei den bayerischen Kommunen, in den Zuständigkeitsbereich des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr fallen?
c) Müsste nicht das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr als oberste Rechtsaufsichtsbehörde der Kommunen die ausschließliche Zuständigkeit für alle Fragen, die mit Derivatgeschäften und Finanzierungen verbunden sind, für sich beanspruchen?
zu 8. b und c): Die Fragen 8 b) und c) werden zusammengefasst beantwortet.
Die Zuständigkeit liegt ausschließlich beim Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, soweit es sich um den Einsatz derivativer Finanzinstrumente durch Kommunen handelt.
Die Befassung des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (vormals für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie) resultierte ausschließlich aus dem Umstand, dass sich die primären Fragestellungen der Beschlüsse auf den Drs. 16/18018 und 16/18019 auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis des vormaligen Staatsministers für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie bezogen.

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.