17. Juni 2015

Trinkwassergewinnung im Loisachtal

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann, Bündnis 90/Die Grünen, vom 24.03.2015, mit den Antworten der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf, vom 17.06.2015 (kursiv dargestellt)

Der Röhrlbach, ein Zufluss der Loisach zwischen Oberau und Farchant (Lkr. Garmisch- Partenkirchen), ist im Winter 2014/2015 – wie bereits in den vergangenen Jahren häufiger geschehen – zweimal trockengefallen. Bekanntlich dient das Gebiet der Wassergewinnung der Stadtwerke München, die zwischen Oberau und Farchant vier 1964/65 gebaute Vertikal- und einen Horizontalfilterbrunnen betreiben. Diese decken im Durchschnitt 20 Prozent des Wasserbedarfs der Stadt München.

In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung:

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:

1. a) Seit welchem Jahr werden die Pegelstände der Fließgewässer sowie der Grundwasserstand im Loisachtal gemessen?

Umfangreiche Messungen der Pegelstände der Fließgewässer und der Grundwasserstände im Loisachtal werden seit 1983 durchgeführt. Einige Messreihen wurden bereits vor diesem Zeitraum erhoben und reichen bis in die 1950er-Jahre zurück.

b) Wie haben sich Pegelstände und Grundwasserstand von diesem Zeitpunkt bis heute entwickelt (bitte detaillierte Auflistung der jeweilig über das Jahr gemessenen Daten)?

Derzeit werden an 13 Fließgewässermessstellen und an 86 Grundwassermessstellen im Loisachtal Messwerte der Wasserstände erhoben.

Die Auswertung der Pegelstände der Fließgewässer und der Grundwasserstände im Loisachtal zeigt, dass sie den üblichen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen sind. Da die Hydrologie nival geprägt ist, herrschen im Sommer eher hohe und im Winter eher niedrige Wasserstände vor. Allgemein sind die Grundwasserstände im Loisachtal nach dem Pfingsthochwasser 1999 aufgrund natürlicher morphologischer Änderungen der Loisach angestiegen.

2. a) Wo befinden sich die Messpunkte der Pegel von Grundwasser und Fließgewässern im Loisachtal, insbesondere im Falle des Röhrlbachs?

Die in Antwort zu Frage 1 b) genannten Messstellen sind über das gesamte Loisachtal verteilt und teilweise darüber hinaus.
Am Röhrlbach gab es drei Messstellen. Eine davon war im Bereich der Mündung und wurde inzwischen aufgelassen. Derzeit befindet sich eine im Mittellauf und eine im Quellgebiet.

b) Wie häufig bzw. zu welchen Messzeitpunkten werden Fließgewässerpegel und Grundwasserspiegel gemessen?

Lediglich noch an fünf Messstellen, die vom Wasserwirtschaftsamt Weilheim betreut werden, erfolgen die Messungen manuell im halbjährlichen Turnus. Bei den restlichen automatisierten Messstellen erfolgt die Datenerhebung des Wasserstands kontinuierlich per Datenlogger. Die Diskretisierung kann zwischen einer Messung pro Minute bis zu einer Messung am Tag schwanken.

3. a) Wie häufig war in den vergangenen zehn Jahren ein Trockenfallen des Röhrlbachs zu beobachten?

Teilabschnitte des Röhrlbachs fallen mehrmals pro Jahr in den Wintermonaten trocken.

b) Zu welchen Zeitpunkten im Jahresverlauf ist der Röhrlbach in den vergangenen Jahren zehn Jahren trockengefallen?

Siehe Antwort zu 3. a

c) Wie häufig war in den vergangenen zehn Jahren ein Trockenfallen anderer im Loisachtal befindlicher Fließgewässer zu beobachten (bitte detaillierte Auflistung der jährlichen Entwicklung)?

Von den Hauptvorflutern bzw. Fließgewässern fällt neben dem Röhrlbach die Kuhflucht regelmäßig trocken. Die Kuhflucht führt lediglich während der Schneeschmelze und nach größeren Niederschlägen durchgängig Wasser. Aufzeichnungen zu konkreten Zeiträumen liegen nicht vor. Daneben kann bei langandauernden Frost- oder Trockenperioden ein zeitweises Trockenfallen der Oberläufe abflussschwacher Bäche nicht vollständig ausgeschlossen werden (z. B. Pitzikobach, Ursprungbach). Hierzu sind keine langjährigen Beobachtungen bekannt.

4. Wie veränderten sich die Pegelstände der Fließgewässer und der Grundwasserspiegel im Loisachtal im jahreszeitlichen Verlauf der letzten 20 Jahre?

Siehe Antwort zu 1. b)

5. a) Wird die Wasserentnahme zur Trinkwassergewinnung reduziert, wenn es zum Trockenfallen einer der im Loisachtal befindlichen Fließgewässer, insbesondere des Röhrlbachs, kommt?

Für die Fließgewässer Röhrlbach und Kuhflucht, die beide aufgrund natürlicher hydrologischer Schwankungen trocken fallen, gibt es keine Grenzwerte, die eine Reduktion der Entnahme der Trinkwassergewinnung beim Trockenfallen veranlassen.

An den Fließgewässern Lauterbach und Ronetsbach sind Grenzabflussmengen für das Sommer- und das Winterhalbjahr definiert. Bei Unterschreitung dieser Grenzwerte würde entsprechend dem gültigen Wasserrechtsbescheid die Einstellung der Entnahme geprüft.

Für die beantragte Fortsetzung der Trinkwassergewinnung wird von den Stadtwerken München in Absprache mit den Fachbehörden ein dynamisches Entnahmekonzept vorgeschlagen, welches zukünftig bei niedrigen Grundwasserständen und geringen Abflüssen ausgewählter Quellbäche (neben Lauterbach und Ronetsbach zukünftig auch Pitzikobach) oder der Loisach eine vorsorgliche schrittweise Reduzierung der Entnahme vorsieht.

Auch die teilweise trockenen Verhältnisse im Röhrlbach sollen bei der maximal möglichen Entnahme berücksichtigt werden. Da derzeit noch keine detaillierten Informationen zur Frage, ob und inwieweit die zeitweiligen trockenen Verhältnissen im Röhrlbach durch die Trinkwasserentnahme beeinflusst werden, vorliegen, haben die Stadtwerke München vorgeschlagen, eine mehrjährige Messkampagne zu den Wasserspiegellagen im Röhrlbach und den angrenzenden Grundwassermessstellen durchzuführen, um behördlicherseits nach Vorliegen dieser Messergebnisse über eine Festsetzung von Grenzwerten auch für den Röhrlbach zu entscheiden.

b) Wenn ja, wie häufig war dieser Schritt in den letzten Jahren nötig?

Im extrem trockenen Sommer 2003 wurden die Grenzabflüsse der Bäche Lauterbach und Ronetsbach unterschritten und die Entnahme wurde reduziert.

c) Wenn nein, wird dieser Schritt angesichts des zukünftig zu erwartenden trockeneren Klimas in Erwägung gezogen?

Entfällt, da eine Reduzierung der Wasserentnahme bereits erfolgt, siehe Antworten zu 5. a) und 5. b).

6. Welche Maßnahmen werden von den zuständigen Naturschutzbehörden ergriffen um den Naturraum Loisachtal und seine vielfältige Wasser- und Moorlandschaften zu schützen?

Die Naturschutzbehörden sind intensiv in das laufende Wasserrechtsverfahren zur Trinkwassergewinnung der Stadtwerke München im Loisachtal eingebunden und stellen die vollständige Beachtung naturschutzrechtlicher Anforderungen sicher. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Installation und Erprobung eines neuartigen Entnahmeregimes, welches direkt mit der wechselnden Ergiebigkeit des Grundwasserdargebots korreliert wird.

Abgesehen von den Bemühungen um eine naturverträgliche Grundwasserentnahme stehen folgende Maßnahmen im Vordergrund amtlicher Naturschutzbestrebungen:

  • Vertragsnaturschutz
: Das Loisachtal ist nicht nur ein Refugium hochwertigster Moore, sondern 
auch eine hochkarätige Wiesenlandschaft. Alle Formen extensiv genutzten Grünlandes traditioneller Prägung von Nass bis Trocken kommen vor. Wichtiges Instrument zu dessen Erhaltung ist der Vertragsnaturschutz. Der Umfang solcher schutzwürdiger Wiesenflächen, deren Pflege über das Vertragsnaturschutzprogramm gefördert wird, beträgt im Loisachtal ca. 2 km2. 

  • Unterschutzstellung
: Die ökologisch wertvollsten Flächen (ca. 6,7 km2) des Loisachtales sind als FFH–Gebiet Nr. 8432-301 „Loisachtal zwischen Farchant und Eschenlohe“ gemeldet bzw. es befinden sich Teile davon im europäischen Vogelschutzgebiet Nr. 8332-471 „Murnauer Moos und Prühlmoos“.
  • Einbindung in die Planung von Infrastrukturvorhaben
: Die Naturschutzbehörden sind seit Jahrzehnten intensiv insbesondere in die verschiedenen, das Loisachtal betreffenden Straßenbauprojekte eingebunden. 
Die Bemühungen hatten Erfolg, denn sowohl für die früher geplante A 94 quer durch die Feuchtgebiete, als auch für die Umfahrung Oberau konnten naturverträglichere Lösungen gefunden werden. Die Begleitung der neuen Planungen und der Baumaßnahmen beschäftigen die Naturschutzbehörden nach wie vor.
  • Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen als Folgebewältigung von Eingriffen im Sinne der §§ 13 ff. BNatSchG werden im Loisachtal gezielt zur Förderung wertgebender Lebensräume umgesetzt (Hangquellmoore, Streuwiesen, extensive Viehweiden, Auenlandschaft entlang der Loisach).

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Anbei habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antworten der Staatsregierung als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.