27. Januar 2017

Riedberger Horn: Wer mitverdient, kann nicht mitentscheiden

Die geschäftlichen Verflechtungen zwischen Obermaiselsteiner Lokalpolitikern und dem Liftinvestor am Riedberger Horn haben wir diese Woche mit einem Dringlichkeitsantrag zum Thema in der Plenarsitzung gemacht. Denn wer mitverdient, kann nicht mitentscheiden. Es muss Konsequenzen haben, wenn mehr als die Hälfte der mit der Entscheidung über die Skischaukel am Riedberger Horn befassten Gemeinderatsmitglieder aus Obermaiselstein gleichzeitig auch deren  potentielle Betreiber sind. Die Alpenschutzzone ist kein Verschiebebahnhof und kein Spielball für die monetären Interessen einiger Lokalpolitiker.

Dass es bei den Beschlüssen zu dem für den Liftausbau erforderlichen Teilflächennutzungsplan nicht mit rechten Dingen zuging, bestätigt nun ein unlängst veröffentlichtes Gutachten. Danach hätte der Obermaiselsteiner Gemeinderat „wegen persönlicher Beteiligung“ gar nicht über das Projekt abstimmen dürfen. Wir fordern daher den CSU-Innenminister Herrmann auf, die Rechtmäßigkeit des Vorgangs zu überprüfen und das Handeln der zuständigen Aufsichtsbehörde näher unter die Lupe zu nehmen. Das Landratsamt Oberallgäu hatte als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde in einer Stellungnahme keinen Anlass für eine Befangenheit der persönlich in das Projekt verstrickten Kommunalpolitiker gesehen. Da bleibt jedoch „ein übles Geschmäckle“, denn wir wissen, dass das Landratsamt Oberallgäu dieses Liftvorhaben befürwortet. Es stellt sich daher die Frage: Waren die Juristen im Landratsamt selbst unbefangen?

Zum rechtlichen Hintergrund:
Nach derzeitiger Gesetzeslage ist die geplante Liftverbindung am Riedberger Horn in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig.
Das Vorhaben widerspricht dem Bodenschutzprotokoll der internationalen Alpenkonvention, das den Bau von Skipisten in rutschanfälligen Gebieten verbietet. Darauf hat das Landesamt für Umwelt die Staatsregierung ausdrücklich hingewiesen. Das Vorhaben widerspricht außerdem dem bayerischen Alpenplan, einem verbindlichen und seit 1972 bewährten Instrument der bayerischen Landesplanung. Den Alpenplan will die CSU-Staatsregierung mit einer Änderung des LEP nun zurechtstutzen. Was nicht passt, wird passend gemacht, um einer Hand voll Investoren vor Ort zu Willen zu sein. Wenn nun eine Gruppe genau dieser Investoren in den Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein die für die weitere Genehmigung erforderlichen Beschlüsse über die Aufstellung eines gemeinsamen Teilflächennutzungsplans auf den Weg gebracht haben, dann frägt man sich, was hier eigentlich noch alles zurechtgebogen werden soll.
Art. 49 BayGO soll gewährleisten, dass die Mitglieder des Gemeinderats bei der Beratung und Abstimmung von sachlichen Gesichtspunkten geleitet werden und ihre Obliegenheit gewissenhaft wahrnehmen. Die stets dem Gemeinwohl verpflichtete Verwaltungstätigkeit soll nicht von Personen beeinflusst sein, die wegen eines unmittelbaren Eigeninteresses am Ausgang des Verfahrens nicht die Gewähr für eine unbefugte Mitwirkung bieten.

Bei der Beschlussfassung über die Aufstellung eines gemeinsamen Teilflächennutzungsplans „Verbindungsbahn Grasgehren-Balderschwang“ haben neben dem Ersten Bürgermeister von Obermaiselstein, Peter Stehle, vier Gemeinderatsmitglieder aus Obermaiselstein und ein Gemeinderatsmitglied aus Balderschwang mitgewirkt, obwohl sie gleichzeitig Gesellschafter der „Grasgehrenlift Otto Schmid OHG“, dem potentiellen Betreiber der geplanten Verbindungsbahn, sind. Nach den gesetzlichen Regeln im Handelsgesetzbuch (HGB) sind die Gesellschafter einer OHG grundsätzlich Träger aller gesellschaftlichen Rechte und Pflichten und unterliegen einer unbegrenzten Haftung, auch hinsichtlich ihres Privatvermögens.
Das Gutachten des Verwaltungsrechtlers Manssen kommt daher klar zu dem Schluss, dass die betroffenen Kommunalpolitiker nach Art. 49 der Bayerischen Gemeindeordnung „wegen persönlicher Beteiligung“ gar nicht mit abstimmen dürfen. Der für den Bau der geplanten Liftanlage erforderliche Flächenteilnutzungsplan wäre daher nicht rechtswirksam.

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Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 24.01.2017