29. November 2016

Reichsbürger und Rechtsextreme entwaffnen, Waffenrecht verschärfen, Waffenmissbrauch verhindern

Unser Dringlichkeitsantrag vom 29.11.2016

Der Landtag wolle beschließen:
I. Der Landtag stellt fest,
1. Die weite Verbreitung und Präsenz von funktionsfähigen Schusswaffen und Schreckschusswaffen ist in hohem Maße besorgniserregend und eine Gefahr für die Sicherheit. Das Waffenrecht muss sich noch deutlicher als bislang an der Gewährleistung der persönlichen und öffentlichen Sicherheit orientieren.

2. Das Waffenrecht bleibt wirkungslos, wenn es nicht zu durchgreifenden Verbesserungen bei der Rechtsanwendung und beim Verwaltungsvollzug kommt. Die Staatsregierung muss die bestehenden Regelungen endlich konsequent anwenden. Reichsbürgern und Rechtsextremisten in Bayern muss die Waffenerlaubnis entzogen bzw. gar nicht erst erteilt werden. Von den mehr als 1.700 Personen, die in Bayern der sogenannten Reichsbürgerbewegung zuzuordnen sind, sind nach Angaben des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr etwa 340 Waffenbesitzer. 177 Personen der rechten Szene verfügen in Bayern über eine Waffenerlaubnis.

3. Die Regelungen zum Erwerb und Besitz legaler Waffen müssen novelliert werden und der Besitz von Schusswaffen muss deutlich reduziert werden. Der Handel mit illegalen Waffen muss unterbunden werden. Es ist immer noch viel zu einfach, an Schusswaffen zu kommen. Darauf haben der Amoklauf am Münchner Olympia-Einkaufszentrum und die Anschläge von Paris im letzten Jahr schmerzhaft aufmerksam gemacht. Hier kamen deaktivierte aber später illegal aktivierte und damit wieder tödliche Waffen zum Einsatz. Es ist nicht 
 nachvollziehbar, dass deaktivierte Dekorations- und Salutwaffen sowohl in Deutschland als auch in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubnisfrei erworben werden können.

4. Es bedarf dringend einer EU-weiten Anpassung der waffenrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten. Auch ein besserer Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und eine Verbesserung der Rückverfolgbarkeit von Waffen muss sichergestellt werden.

II. Die Staatsregierung wird aufgefordert,

1. sich gemeinsam mit der Bundesregierung und den anderen Ländern, im Rahmen der Konferenz der Innenminister, sowie gemeinsam mit den Kommunen dafür einzusetzen, dass die in der Verwaltungspraxis bestehenden gesetzlichen Regelungen tatsächlich eingehalten und die vorhandenen Vollzugsdefizite beseitigt werden;

2. Lücken im Waffenrecht zu schließen. Dazu muss sie sich auf der Bundesebene dafür einsetzen, dass das Waffenrecht unverzüglich und noch in dieser Legislaturperiode geändert wird. Insbesondere braucht es regelmäßige qualifizierte Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen sowie Kontrollen des privaten Waffen- und Munitionsbestands. Außerdem müssen die Vorschriften zur Aufbewahrung von Waffen sicherstellen, dass die Waffen- und Munitionsschränke über einen angemessen Widerstandsgrad verfügen und so gegen unbefugten Zugriff ausreichend gesichert sind. Für Signal- und Schreckschusswaffen, die bei missbräuchlicher Anwendung erhebliche Verletzungen verursachen können, wird ein Erlaubnisvorbehalt (gemäß § 2 Abs. 2 des Waffengesetzes-WaffG) vorgesehen. Der Erwerb und Besitz von Reizstoffwaffen setzt die Vorlage des kleinen Waffenscheins voraus. Für deaktivierte Waffen sind eine einheitliche Kennzeichnung sowie Standards für die irreversible Deaktivierung zu gewährleisten.

3. sich sowohl auf der Bundesebene als auch auf der europäischen Ebene dafür einzusetzen, dass die EU-Feuerwaffenrichtlinie 91/447/EWG, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen (KOM(2015)750), reformiert wird.

Begründung:

Eine Lehre der schrecklichen Anschläge der letzten Monate ist, dass es auch heute noch viel zu einfach ist, legal oder illegal an Schusswaffen und Schreckschusswaffen zu gelangen. Diese Waffen stellen eine massive Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Mehr Schutz vor Waffenmissbrauch ist auch heute schon möglich. Dazu müssen die bestehenden gesetzlichen Regelungen in der Verwaltungspraxis eingehalten und vollzogen werden.
Der Besitz von Schusswaffen muss deutlich reduziert werden. Die Zahl der Personen, die in Bayern Waffenbesitzer sind, ist in den letzten Jahren weiter gestiegen (Drs. 17/10526). Das bestehende Waffenrecht gewährleistet keinen ausreichenden Schutz vor einem Missbrauch. Durch den Terroranschlag in Paris vom 13. November 2015 und den Amoklauf am Münchner Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) am 22. Juli 2016 sind vor allem unbrauchbar gemachte Schusswaffen in den Blickpunkt gerückt. Für beide Gewaltverbrechen wurden deaktivierte Waffen eingesetzt, die vor den Taten wieder aktiviert wurden. Die EU-Kommission hat im November des vergangenen Jahres unter dem Eindruck der Pariser Attentate einen Vorschlag zur Reform der EU-Feuerwaffenrichtlinie 91/447/EWG vorgelegt (KOM(2015)750), der unter anderem beabsichtigt, den Handel und Besitz von deaktivieren Waffen und bestimmten halbautomatischen Waffen zu unterbinden bzw. einzudämmen. Auch die GRÜNEN haben entsprechende Forderungen zur Reform des Waffenrechts in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 18/8710). Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Nutzung halbautomatischer Schusswaffen durch Privatpersonen, wenn diese nach objektiven Kriterien besonders gefährlich sind (Anzahl der Selbstladungen, Beschaffenheit des Laufs, Kaliber, Magazinkapazität). Auch fehlt es an einem europaweiten Kontrollsystem, durch das die physische, kognitive und psychologische Eignung für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen sichergestellt wird.
Die Staatsregierung bremst bei der Einführung eines neuen schärferen Waffenrechts. Nach Angabe des Innenministers soll alles daran gesetzt werden, dass die neuen Vorschriften, wie sie von der EU vorgeschlagen worden sind, nicht umgesetzt werden (BR, 20. März 2016, EU soll Finger vom Waffenrecht lassen).

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.
Diese werden laufend von der Landtagsverwaltung aktualisiert.

Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 30.11.2016 leider in namentlicher Abstimmung mit 18:135 Stimmen, also mit den Stimmen von CSU, SPD (außer MdL Bernhard Roos) und FW abgelehnt.