18. Juli 2013

Redebeitrag zu en bloc behandelten Anträgen der SPD-Fraktion bezüglich der Energiewende in Bayern

Hier geht es zu einem Videomitschnitt meines Redebeitrags. Über die dortige Playlist können Sie sich auch die gesamte Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt anschauen. In dieser pdf-Datei können Sie ferner den gesamten Diskussionsverlauf und die Abstimmungsergebnisse nachlesen.

Auszug aus dem Plenarprotokoll vom 18.07.2013:

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Es ist schon erstaunlich, dass die CSU-Fraktion und die Staatsregierung jedes Mal wieder versuchen, sich als Vorreiter der Energiewende darzustellen. Wenn einer dafür verantwortlich ist, dass Bayern beim Strom mit einem hohen Solarstromanteil und einem hohen Biomasseanteil so gut dasteht, sind das die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande. Dies ist das Verdienst der Bürger, der Bürgermeister und der Kommunalpolitiker in diesem Lande, die ihrer Zeit voraus waren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen doch nur zurückblicken. Sie haben die Energiewende im Jahr 2011 als Getriebene eingeleitet, nicht jedoch aus Überzeugung. Sie haben das nur getan, weil Sie getrieben worden sind. Sie hatten Angst vor Wahlergebnissen. Erstaunlich ist: Die Bürgerinnen und Bürger haben investiert. Deshalb liegt Bayern beim Ausbau weit vorne. Jetzt ist jedoch der Netzausbau auf der Ebene der Verteilnetze dringend geboten. Immer wieder werden Fortschritte beim Stromspeicher gefordert. Hier können die Bürgerinnen und Bürger keine Vorreiterrolle einnehmen. Die Bürger können keine Netzverteilstudie auf den Weg bringen. Die Bürger sind auch nicht in der Lage, ein Pumpspeicherkraftwerk auf den Weg zu bringen.

(Christa Stewens (CSU): Gegen Ihren Widerstand!)

Die Standardisierung der Wertstufen, die auch in den Anträgen gefordert wurde, können die Bürger ebenfalls nicht auf den Weg bringen. Da ist die Staatsregierung gefragt. In diesem Punkt haben wir in diesem Hause seit zweieinhalb Jahren ein totales Versagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Christa Stewens (CSU): Die Bürger sind auch gefragt!)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt kurz ansprechen. Einige von Ihnen haben vielleicht schon vergessen, dass vor zweieinhalb Jahren zwei Energie-Konzepte herumgegeistert sind: Zunächst hat der damals aktive Umweltminister Dr. Markus Söder ein Konzept vorgelegt, das nach ein paar Wochen wieder verschwunden ist. Das Konzept von Herrn Minister Zeil hat sich dann durchgesetzt. Es ist jedoch mehr Show als Konzept. Der Ministerpräsident hat der Debatte um die Windkraft mit seinen Vorschlägen über den Zubau gewaltig Wind aus den Segeln genommen. Er hat gesagt, dass er die Abstände vergrößern wolle. Interessant fand ich, dass dies damals mit der Aussage begründet wurde, die Schöpfung bewahren zu wollen. Für was machen wir eigentlich die Energiewende? Wir machen sie doch, um die Schöpfung zu bewahren. Das ist doch der entscheidende Grund, warum wir die Energiewende vorantreiben und zum Erfolg führen müssen.
Ich bin vollkommen auf Ihrer Seite, wenn Sie immer wieder sagen: Es geht nicht gegen die Bevölkerung. Dann muss die Bevölkerung aber auch die richtigen Planungsinstrumente erhalten. Die Kommunen müssen die Menschen einbinden und Vorrangflächen ausweisen können. Wir brauchen eine bessere Ausstattung der Planungsverbände; denn wir können die Bürgermeister mit der Planung nicht alleine lassen. Das ist eine sehr komplexe Materie. Diesbezüglich ist in den letzten zwei Jahren jedoch nichts passiert. Hier hätte man eingreifen können.
Ein weiterer Punkt: Sie haben vorgeschlagen, die militärischen Flächen zu verwenden, die in Bayern frei werden. Interessant war, dass Ihr eigenes Umweltministerium auf Anfrage zum Plenum erklärte, dass angefragt worden sei, wie viele Flächen frei würden. Vier größere Flächen werden frei. Wenn jedoch ein Abstand von zwei Kilometern zugrunde gelegt würde, fielen diese Flächen wieder heraus. Wo sollen denn dann die Flächen sein?
Ein anderes Thema: Sie sprechen immer wieder von der Umzingelung der Ortschaften. Eine Umzingelung könnte ich auch mit einem Planungsinstrument verhindern. Dazu müsste nicht die Höhe als Maßstab genommen werden.
Ich möchte auf einen weiteren Bereich eingehen, der beim Thema Energiewende bisher zu kurz gekommen ist. Wenn wir wirklich vorankommen wollen, müssen wir einen Blick nach vorne werfen. Es reicht nicht aus, sich lediglich darauf auszuruhen, was bis jetzt passiert ist. Hier haben wir eine Reihe von Versäumnissen. Die Anträge der SPD beziehen sich auf Punkte, die immer wieder angekündigt worden sind, bei denen wir jedoch auf die Umsetzung warten. Das waren keine Ideen der SPD. Dabei ging es um Baustellen, die auf ihre Umsetzung warten. Diese Baustellen werden heute im Plenum behandelt. Wenn Sie es mit der Energiewende ernst meinen würden, müssten Sie diesen Anträgen zustimmen.
Ich möchte jetzt eine Debatte, die Herr Kollege Wörner vorhin begonnen hat, weiterführen. Auf der einen Seite haben wir eine Staatsregierung, die immer wieder die Probleme der Energiewende benennt und die Herausforderungen in den Mittelpunkt stellt, auf der anderen Seite treibt das Umweltministerium der gleichen Staatsregierung die Leistungserhöhung eines Kernkraftwerks voran. Hier muss man sich die Frage stellen, welche Energiewende Sie in diesem Land eigentlich wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Christa Stewens (CSU): Ein Verfahren, das seit Jahren läuft!)

Zum Schluss möchte ich auf die Dynamik in Bayern vor Ort eingehen. Ich fahre einmal im Jahr mit meiner Energietour quer durch Bayern. Ich besuche Bürgermeister, Leiter von Stadtwerken und Energiegenossenschaften sowie mittelständische Unternehmen. Alle sind mit im Programm. Ich merke, dass sich durch den Einstieg der Staatsregierung in die Energiewende durchaus etwas zum Positiven entwickelt hat. Wir haben eine Aufbruchstimmung. Die Leute wollen mitmachen. Ich spüre eine Begeisterung. Statt die Leute mitzunehmen und auf ihrer Begeisterung aufzubauen, werden sie jedoch verunsichert.

(Christa Stewens (CSU): Durch Sie!)

Sie machen die Planungssicherheit kaputt. Überall, wo Windkraftprojekte in der Pipeline sind und Überlegungen mit Energiegenossenschaften laufen, sind die Banken kurz davor oder bereits dabei, den Geldhahn zuzudrehen, weil es in diesem Land bei der Energiewende keine Verlässlichkeit mehr gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)