9. Dezember 2014

Mein Beitrag zur Haushaltsdebatte im Bayerischen Landtag

Hier geht es zu einem Videomitschnitt meines Redebeitrags. Über die dortige Playlist können Sie sich auch die gesamte Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt anschauen.
Sobald das Protokoll der Plenarsitzung freigegeben wurde, werde ich den entsprechenden Teil ebenfalls an dieser Stelle veröffentlichen.
Vorab finden Sie meinen ausformulierten Redebeitrag in schriftlicher Form hier.

Auszug aus dem Plenarprotokoll:

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Lassen Sie mich vorweg ebenfalls die besten Genesungswünsche an den Ministerpräsidenten übermitteln. Wir hoffen, dass er bald wieder auf den Beinen ist. Gesundheit geht wirklich immer vor.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Natürlich habe ich der Rede seiner Stellvertreterin aber genauso aufmerksam zugehört, als wäre sie vom Ministerpräsidenten gekommen – auch der Rede des nicht mehr anwesenden Fraktionsvorsitzenden der CSU, Herrn Kreuzer. Ich muss sagen: Wie auch beim Durchlesen des Doppelhaushalts fällt mir immer wieder nur ein Zitat von Michel de Montaigne ein: Kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man kann auch ganz einfach sagen: Ein dicker Geldbeutel ist kein Garant für gute Politik. Sie geben viel Geld aus, bleiben aber trotzdem vieles schuldig. Zuallererst fehlt Ihnen eine klare Vision zu Bayerns Zukunft, dazu, wie Sie Bayern gestalten möchten. Mir fehlt Orientierung in Ihrer Politik. Es fehlt aber auch der Mut, Bayerns Erneuerung voranzutreiben. Vor allem fehlt Folgendes: Ideen und Visionen, wie sie eine sich ändernde Welt immer wieder fordert und auf die die Menschen warten. Es fehlt ein klares Bekenntnis, was Ihrer Meinung nach bewahrt und erhalten werden muss. Das fehlt mir in Ihrer Erklärung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Betrachten wir es folgendermaßen: Was würde eine Regierung tun, die die Zukunftsaufgaben in Bayern wirklich anpacken möchte, um heute die Grundlagen für ein gutes Leben in Zukunft zu legen? Nehmen wir ganz vorneweg einmal das Beispiel Energiewende. Eine zukunftsfreundliche Regierung würde alle Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung stehen, nutzen, um die Versorgung mit sicherer und dauerhaft sauberer Energie voranzutreiben. In der Energiepolitik ist diese CSU-Regierung definitiv planlos.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Besser gesagt: Es gibt ja durchaus einen Plan, das Energiekonzept von 2011, „Energie innovativ“. Der Plan wäre schon da: 6 bis 10 % Windenergie in Bayern bis 2021. Aber leider ist da auch der Ministerpräsident, und Seehofer will das nicht mehr haben.

(Zuruf von der CSU)

Im Energiekonzept steht, Bayern wolle einen umfassenden Ausbau der Stromnetze. Bayern wolle den Bau sogar beschleunigen und die Akzeptanz für neue Stromleitungen in diesem Land erhöhen. Aber Seehofer will nicht mehr.
Im gleichen Energiekonzept steht, Bayern wolle Stromspeicher schaffen. Aber auch hier: Seehofer will nicht mehr.
Man kann auch noch einen Schritt weitergehen. Die Staatsregierung hat gemeinsam mit dem Bund Naturschutz und dem Landesbund für Vogelschutz einen Aktionsplan bis 2020 auf den Weg gebracht. In gut fünf Jahren wollte man da also ankommen. Ziel ist es, den Stromverbrauch um ein Fünftel zu senken. Aktuell zu den Vergleichszahlen von 2009 ist der Strombedarf in Bayern um 10 % gestiegen.
In kaum einem anderen Bereich stehen im wahrsten Sinne des Wortes wirklich Welten zwischen den Worten und den Taten der CSU-Regierung, zwischen positiver Beschlusslage und negativer Blockade.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch heute hat die CSU-Regierung es indirekt wieder getan: Sie weist bei der Energiepolitik ganz oft und immer wieder Richtung Berlin. Für den Kollegen Kreuzer, der gerade nicht anwesend ist: Sie sind die kleinste Regierungspartei in Berlin.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Zuruf von der CSU: Aber wir regieren!)

– Sie regieren, das ist richtig. Aber wenn Sie doch regieren, warum schreien Sie dann immer nach Berlin? Berlin müsse das EEG ändern, Berlin müsse ein Strommarktdesign entwickeln, Berlin müsse den Emissionshandel retten. Natürlich muss auch in Berlin etwas passieren. Aber deswegen braucht Bayern doch nicht zu blockieren. Das ist der große Unterschied.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Wie miserabel Ihre Energiepolitik in Bayern ist, hat vor zwei Wochen der bundesweite Vergleich der Länder durch die Agentur für Erneuerbare Energien gezeigt. Bei der allgemeinen Bewertung Ihrer Landespolitik, für die Sie verantwortlich sind, erreicht Bayern problemlos den letzten Platz im Bundesvergleich. Im Hinblick auf die Vergangenheit ist Bayern durchaus gut. Beim Blick in die Zukunft versagen Sie auf der ganzen Linie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte aber nicht nur kritisieren, sondern auch deutlich machen, was man in Bayern besser machen kann. Eines ist ganz klar: Das Windkraftverhinderungsgesetz 10 H muss kassiert werden, das ist absolut unstrittig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Bereich, in dem Bayern wirklich tätig werden muss: Es ist widersinnig, wenn Biogasanlagen dann Strom liefern, wenn Wind und Sonne ebenfalls liefern. Wir brauchen den flexiblen Einsatz von Biogasanlagen. Das muss gefördert werden, auch aus Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Ein weiterer Bereich ist die Kraft-Wärme-Kopplung. Bundesweit liegt man hinter den Erwartungen und Hoffnungen; in Bayern gilt das ganz besonders. Um diesen Rückstand aufzuholen, wird ein bayerisches Förderprogramm nötig sein. Wir brauchen es, um eine wichtige Ersatzkapazität zu schaffen, die man flexibel einsetzen kann, und um einen Beitrag zur CO2-Reduzierung zu leisten.
Zum Schluss noch ein Stichwort zum Thema Energie – das Lieblingsthema des leider erkrankten Ministerpräsidenten: HGÜ-Leitungen. Der Populismus gegen HGÜ-Leitungen muss ein Ende haben. Wir brauchen einen überregionalen Netzausbau.

(Beifall bei den GRÜNEN – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Leitungen braucht man nicht! Nein, die müssen weg! – Zuruf des Abgeordneten Michael Hofmann (CSU))

Wir brauchen einen überregionalen Netzausbau. Wir müssen gemeinsam mit den Bürgern nach optimalen Lösungen suchen. Kooperation in den Sachfragen! Über den konkreten Verlauf der Leitung kann man diskutieren. Über Erdverkabelung kann man diskutieren. Da müssen wir gemeinsam mit den betroffenen Menschen diskutieren und einen richtigen Weg finden. Aber populistisch einfach Nein zu sagen, bewältigt keine Herausforderungen in diesem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Bereich ist das Thema Stromspeicherung bzw. Pumpspeicherkraftwerke. Das ist ein wichtiger Baustein der Flexibilisierungsoption für die Energiewende, wenn Wind und Sonne kein Angebot liefern. Nach dreieinhalb Jahren hat das Wirtschaftsministerium eine Studie mit möglichen Standorten vorgelegt. Das ist wirklich ein erster richtiger Schritt. Ich bin auch davon überzeugt, dass es nicht an den motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium lag. Es lag an der politischen Spitze, dass das dreieinhalb Jahre lang gedauert hat.
Ein weiteres Stiefkind ist die Stromeinsparung. Gerade in Bayern brauchen wir ein Angebot. Wenn ein Land so vielfältig ist, wird es nicht nur ein einziges Konzept geben, das sich für jede Region eignet. Deshalb fordern wir ein flächendeckendes Netz von regionalen Energieagenturen in allen bayerischen Landkreisen.
Man sieht: Bei der Energiewende kann Bayern deutlicher gestalten, wenn Sie wirklich wollen. Doch leider bleiben Sie untätig. Schlimmer noch, Sie verhindern, dass bei der Energiewende in diesem Land etwas vorwärtsgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich zu einem sehr großen und auch vor finanziellem Hintergrund wichtigen Teil in diesem Doppelhaushalt kommen, zur bayerischen Bildungspolitik. Was würde eine zukunftsfreundliche Regierung tun, damit Erfolg in der Schule nichts mit der Herkunft zu tun hat? – Sie würde die Kinder mitnehmen und fördern, statt sie auszusortieren. Sie würde fördern und ermutigen, statt zu entmutigen. Sie würde für gerechte Bildungschancen sorgen, statt nur das Schulsystem überzuoptimieren.
Gerechte Bildungschancen müssen unabhängig davon sein, ob jemand in München wohnt oder in Bayerbach. Sie müssen unabhängig davon sein, ob der Vater einen Hauptschulabschluss oder das Abitur in der Tasche hat. Sie müssen unabhängig davon sein, ob jemand geduldet ist, seine Eltern aus der Türkei kommen oder ob er in Bayern geboren ist. Sie müssen unabhängig davon sein, ob jemand eine körperliche oder geistige Einschränkung hat. Sie müssen unabhängig davon sein, ob der Papa ein Flüchtling oder ein Zahnarzt ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was bedeutet dies ganz konkret für die bayerische Landespolitik? – Wir müssen die Grundschule im Dorf lassen. Eine zukunftsfreundliche Regierung würde für den Erhalt eines wohnortnahen Schulangebots sorgen. Der Leitspruch „Kurze Beine, kurze Wege“

(Karl Freller (CSU): Der ist von mir!)

– Der mag ja von Ihnen sein; aber dann handeln Sie auch so! Das ist das Entscheidende. Ich sage immer: Bei der Problemanalyse sind wir gar nicht weit auseinander. Schwierig wird es bei Ihren Taten. Hier unterscheiden wir uns.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Leitspruch „Kurze Beine, kurze Wege“ muss ernst genommen werden, damit die Grundschulen im Dorf bleiben können. Für den ländlichen Raum und das kulturelle Leben auf dem Land ist dies ein wichtiger Standortfaktor. Ich finde es schade, dass Herr Kollege Kreuzer nicht anwesend ist. Ich möchte Ihnen fünf Maßnahmen nennen, die umgesetzt werden könnten. Vielleicht können Sie Herrn Kollegen Kreuzer diese Maßnahmen aufschreiben.

(Michael Hofmann (CSU): Er kann das Protokoll lesen, Herr Kollege!)

Erstens. Für die Außenstellen der kleinen Grundschulen müssten ab sofort wissenschaftlich begleitete Modellversuche zugelassen werden.
Zweitens. Jahrgangskombinierte Klassen müssten besser und vor allem verlässlich ausgestattet werden. Alle Kombiklassen müssten fünf zusätzliche Lehrerstunden erhalten und nicht nur die Option auf diese Stunden haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Drittens. Kleine Grundschulen unter der Mindestgröße müssten bei der Zuteilung der Lehrerstunden so behandelt werden, als würde die Klassenstärke von mindestens 20 Schülern erreicht. Nur so kann es gelingen, dass die Schulen tatsächlich am Ort bleiben.
Viertens. Die Mobile Reserve muss im ersten Schritt um 10 % aufgestockt werden. Gerade kleine Grundschulen müssen bei der Krankheit von Lehrkräften immer wieder den Ausfall von Unterricht hinnehmen. Das kann es nicht sein. Wir alle wissen, dass die Mobile Reserve bereits am Schuljahresanfang verplant ist und nicht ausreicht.
Fünftens. Kindertagesstätten und kleine Grundschulen vor Ort müssten gemeinsam zu Kinderhäusern der Zukunft weiterentwickelt werden. Hier sind auf Ihrer Seite Visionen und Konzepte gefragt. Das ist ganz entscheidend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Würden diese Vorschläge umgesetzt, dann kämen wir einen großen Schritt in Richtung auf die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land voran. Wir brauchen gute Bildungschancen für alle, unabhängig vom Wohnort.
Ein weiteres Thema der bayerischen Bildungspolitik ist das bayerische Gymnasium. Was würde eine zukunftsfreundliche Regierung tun, um das Gymnasium weiterzuentwickeln? Wir sind uns alle einig, dass die Lehrinhalte im Gymnasium anspruchsvoll und komplex sind. Diese Regierung würde dafür sorgen, dass mehr Zeit für die Vertiefung zur Verfügung steht. Für alle Schülerinnen und Schüler muss eine stärkere Individualisierung möglich sein, damit sie im eigenen Takt lernen und zum Abitur kommen können. Entscheidend ist eine Reform der Mittelstufe. Dafür muss ein umfassendes pädagogisches Konzept erarbeitet werden. Außerdem muss die Fächer- und Stoffdichte in der Mittelstufe reduziert werden. Durch fächerübergreifendes Lernen und Projektlernen sowie durch die Konzentration auf das Wesentliche muss Tempo herausgenommen werden, damit den Schülern Zeit zum Lernen bleibt.
Zum Vergleich: Was tun Sie im Hinblick auf die Schulen auf dem flachen Land? – Sie sprechen von einer Grundschulgarantie, die nicht für 379 unselbstständige Außenstellen von Grundschulen gilt. Das ist eine Mogelgarantie, bei der man erst im Kleingedruckten erkennt, was sie eigentlich umfasst.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie richten als Sparmaßnahme Kombiklassen ein, ohne diesen Klassen genügend Lehrerstunden zuzuweisen. Sie lassen die Schule in Unterjoch im Allgäu schließen, so dass die Schüler nach Österreich zur Schule gehen müssen. Sie sind wirklich Weltmeister im Veranstalten von Dialogforen. Sie haben Gespräche, Anhörungen und Werkstattgespräche zur Weiterentwicklung des Gymnasiums durchgeführt. Am Ende haben Sie ein Konzept vorgelegt, mit dem Sie auf die gesamte Expertise pfeifen. Schließlich haben Sie die freie Entwicklung behindert, indem Sie eine Deckelung auf 25 % der Schüler ausgesprochen haben, die die „Mittelstufe Plus“ durchlaufen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit bringen Sie keine Ruhe in die Schulpolitik. Das Gegenteil wird passieren. Sie verunsichern Lehrer, Eltern und Schüler gleichermaßen. Statt einen Ausweg aus Ihrem Dilemma aufzuzeigen, haben Sie sich in Ihrem selbst gesponnenen Geflecht aus Widersprüchen, Ankündigungen und haltlosen Versprechen verheddert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, sehen wir uns einmal die Landwirtschaftspolitik in diesem Lande an. Auch hier stellt sich die Frage: Was würde eine zukunftsfreundliche Regierung tun, um Wasser und Böden zu schützen und die Artenvielfalt zu erhalten? Sie würde zunächst einmal dafür sorgen, dass dem ausufernden Flächenverbrauch Einhalt geboten wird. Immer noch verschwinden täglich 25 Fußballfelder unter Beton und Asphalt. Oft geschieht dies für ungenutzte Umgehungsstraßen oder ungenutzte Gewerbegebiete.

(Michael Hofmann (CSU): Wer weist die Gewerbegebiete aus?)

Eine zukunftsfreundliche Regierung würde mit dem Schutz des Wassers Ernst machen. Vor über 15 Jahren hat die Europäische Union die Wasserrahmenrichtlinie, einen Meilenstein zum Schutz des Wassers, aufgesetzt. Bis zum Jahr 2015, also im nächsten Jahr, sollten die Flüsse, Bäche, Seen und das Grundwasser in einen guten ökologischen Zustand gebracht werden. Gott sei Dank sieht die Wasserrahmenrichtlinie eine regelmäßige Überprüfung vor. Diese fällt für Bayern leider katastrophal aus. Ein Beispiel dafür ist das Grundwasser. Beim Grundwasser dachte man vor zehn Jahren, im Jahre 2004, dass bis zum Jahr 2015 80 % des bayerischen Grundwassers der Richtlinie entsprechen würden. Bei der Bestandsaufnahme im Jahr 2013 stellte sich nun heraus, dass sich das Grundwasser massiv verschlechtert hat. Man geht davon aus, dass bis zum Jahr 2020 nur noch 62 % des Grundwassers als richtlinienkonform durchgehen werden. Die Entwicklung ist deutlich negativ.
Das Gleiche gilt für das Oberflächenwasser. Erst vor Kurzem hat der Landtag darüber diskutiert. Auch bei den Bächen und Flüssen hat der Nährstoffeintrag aus der Landwirtschaft dazu geführt, dass sich die Situation deutlich verschlechtert hat. Dabei gäbe es hier ein wirksames Mittel, um gegenzusteuern, von dem alle anderen Bundesländer Gebrauch machen, nämlich den Gewässerrandstreifen. Sie weigern sich bis heute, entsprechend tätig zu werden.
Ein weiterer Punkt. Eine zukunftsfähige und zukunftsfreundliche Regierung würde dafür sorgen, dass die Artenvielfalt erhalten bleibt. Sie ist durch den Flächenfraß, die Überdüngung der Felder und den Einsatz von Pestiziden massiv zurückgegangen. Diese Regierung würde dafür sorgen, dass die Lebensräume seltener Arten intakt bleiben. Sie würde dafür sorgen, dass die Biodiversität, sozusagen das Immunsystem, erhalten bleibt, indem sie hartnäckig dafür kämpft und nicht beim ersten Zeichen von Widerstand einknickt und ihre Ziele zur Disposition stellt.
Was tun Sie? – Sie geben im Zweifel immer klein bei. Wenn es um den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen geht, feuern Sie den Flächenverbrauch weiter an. Erst vor wenigen Tagen hat der Heimatbetonierminister Söder gesagt, dass ihm das alles keine Sorgen bereite. Ein Aldi-Markt auf der grünen Wiese mit großem Parkplatz ist ihm allemal lieber als die grüne Wiese. Sie nehmen es hin, dass unser Wasser mit immer größerem technischen Aufwand und vor allem mit einem immer größeren finanziellen Aufwand für Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger von Nähr- und Schadstoffen befreit werden muss. Sie sehen zu, wie die Liste der gefährdeten Arten immer länger wird. Die von Ihnen im Jahr 2008 beschlossene Biodiversitätsstrategie ist krachend gescheitert. Das nehmen Sie einfach so hin und steuern nicht dagegen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch auf einen Punkt eingehen. Entscheidend sind die Inhalte. Sie sind der Maßstab für die Bewertung der Qualität der Politik. Es geht aber auch um die Form. Eine zukunftsfreundliche Regierung zeichnet sich nicht nur dadurch aus, was sie tut, sondern auch dadurch, wie sie es tut. Die Erwiderung des Fraktionsvorsitzenden der CSU, Herrn Kollegen Kreuzer, hat ganz deutlich gezeigt, dass bei Ihnen die Arroganz der Macht und nicht die Überzeugung von Ihrem Handeln eine Rolle spielt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Gesellschaft ist in den letzten Jahren vielfältiger und bunter geworden. Sie ist auch widersprüchlicher geworden. Die Entscheidungsträger müssen erklären, warum sie so oder so entscheiden. Um dies besser erklären zu können, müssen sie zunächst einmal zuhören und diskutieren. Dann müssen sie entscheiden. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, hat dafür die Formel der Politik des Gehörtwerdens aufgestellt: Jeder und jede hat das Recht, für sein Anliegen bei denjenigen, die entscheiden, Gehör zu finden. Das muss passieren, bevor die Entscheidungen fallen, nicht danach, wenn längst klar ist, wie entschieden wird. Hier geht es um das ernste Abwägen verschiedener Interessen, um die Suche nach der besten Lösung für unser Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer hat man oft den Eindruck, er betreibt eine Politik zum Verrücktwerden. Wenn einer nur laut und lange genug schreit, verrückt er die Meinung des Ministerpräsidenten in seine Richtung. So haben wir es zum Beispiel bei der Windkraft schmerzlich erfahren. So kann man einen Stammtisch verwalten, aber nicht das Land Bayern für die Zukunft gestalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ansonsten führt die Politik der starken Sprüche oft dazu, dass Sie nachher mit leeren Händen dastehen, so etwa beim Länderfinanzausgleich. Da wird auf den Tisch gehauen, da wird gedroht, da wird geklagt; es fehlt gerade noch, dass sich der Finanzminister höchstpersönlich vor den Kollegen aus den anderen Ländern auf die Brust klopft und erklärt, was er alles erreichen möchte. Sie haben bis heute nichts erreicht. So kommen wir nicht weiter. Dass Handlungsbedarf besteht, ist unstrittig. Ihre Art, wie Sie es angehen, ist zum Scheitern verurteilt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Abschließend möchte ich auf drei wichtige gesellschaftliche Entwicklungen eingehen, auf drei Trends, die eine zukunftsfreundliche Regierung aufgreifen, gestalten und zum Wohl des Landes nutzen würde. Ich spreche von der Zuwanderung nach Bayern, von der wachsenden ethnischen Vielfalt, und vom sich ändernden Rollenverständnis von immer mehr Frauen, die in Führungspositionen drängen und nicht einsehen, warum sie immer weit davon ferngehalten werden, und natürlich spreche ich auch vom digitalen Wandel.
Eine zukunftsfreundliche Regierung würde die Chance nutzen, die sich bietet, wenn Zuwanderer nach Bayern kommen. Sie würde die Chance nutzen, wenn Frauen in Chefetagen drängen. Viele Menschen aus anderen Ländern bringen neue Ideen, Kreativität und andere Sichtweisen mit, die uns und unser Land weiterbringen können. Das sollten wir als Chance begreifen und nutzen. Ihre Politik versucht, die Zuwanderer, aber auch Frauen von Führungspositionen fernzuhalten. Das schadet unserem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Digitalisierung hat man heute wieder ganz deutlich gesehen, dass diese für Sie in erster Linie eine gewisse Art der Wirtschaftsförderung ist, mit der man die eine oder andere Strippe ziehen kann. Sie tun so, als gehe es wirklich nur noch darum, ein Geschäftsfeld zu erschließen. Das ist beim digitalen Wandel zu kurz gedacht. Man kann im besten Fall denken, dass Sie etwas naiv sind. Im schlechtesten Fall sind Sie wirklich verantwortungslos. Wir müssen über den digitalen Wandel umfassend diskutieren. Wir müssen darüber reden, wie die Zugangsbarrieren für ältere Menschen, für Menschen aus bildungsfernen Schichten abgebaut werden können, damit sie am digitalen Wandel auch teilnehmen können. Wir wollen, dass private Daten privat bleiben. Öffentliche Daten müssen aber allen zugänglich gemacht werden. Wir wollen, dass an den Schulen der verantwortungsbewusste Umgang mit den neuen Techniken gelernt wird. Leider leben viele bayerische Schulen immer noch in der digitalen Kreidezeit.
Zusammenfassend kann man feststellen: Bayern gibt so viel Geld aus wie noch nie. Sie haben einen dicken Geldbeutel. Ihnen fehlt aber der Mut, die Weichen für die Zukunft und für ein gutes Leben in der Zukunft richtig zu stellen. Bayern steckt im Modernisierungsstau. Der CSU-Regierung fehlt es wie der schwarz- gelben Vorgängerregierung an Mut und Ideen zu einer zeitgemäßen modernen Politik. Seit sechs Jahren gibt es zwar viel Aktionismus und auch viele Ankündigungen, aber es fehlen der nötige Mut und die nötigen Entscheidungen, die erforderlich sind, die eine sich ändernde Welt fordert. Ihrer Politik fehlt es nicht an Ankündigungen und Versprechen, es fehlt ihr an Taten. Es fehlt an etwas ganz Entscheidendem. Darin, dass wir in den Bereichen, die ich vorhin angesprochen habe, vor großen Herausforderungen stehen, sind wir uns, glaube ich, alle einig. Je größer aber die Herausforderungen sind, vor denen ein Land steht, umso wichtiger ist es, dass die Politik sich mit der Verlässlichkeit ihrer Entscheidungen präsentiert und dafür steht. Verlässlichkeit ist für mich die Voraussetzung für gute Politik. Wenn man sich auf die politischen Entscheidungen nicht mehr verlassen kann, fehlen jegliche Grundlage und jegliches Vertrauen, um unser Land weiterzubringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Pressebericht der Mittelbayerischen Zeitung vom 09.12.2014

Artikel in der Mainpost vom 09.12.2014