23. Mai 2016

Manipulationen bei wiederkehrenden Prüfungen in bayerischen Atomkraftwerken

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ludwig Hartmann, Martin Stümpfig, Christine Kamm und Rosi Steinberger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 28.04.2016 mit den Antworten der Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz, Ulrike Scharf, vom 23.05.2016 (kursiv gestellt)

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Schriftliche Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. Welche Anordnungen gegenüber den Betreibern hat die Bayerische Atomaufsicht nach Bekanntwerden der Manipulationen in Biblis und Philippsburg gegenüber den bayerischen Atomkraftwerksbetreibern erlassen?
Unregelmäßigkeiten bei Wiederkehrenden Prüfungen (im Folgenden abgekürzt mit WkP), die beim Kernkraftwerk Philippsburg 2 zum Erlass einer Anordnung nach § 19 Abs. 3 Satz 1 des Atomgesetzes (AtG) durch die baden-württembergische Aufsichtsbehörde geführt haben, sind dem StMUV aus den bayerischen Kernkraftwerken nicht bekannt. Daher gibt es keine Veranlassung für die bayerischen Kernkraftwerke Anordnungen nach § 19 Abs. 3 Satz 1 AtG in Erwägung zu ziehen.
2. a) Kann die bayerische Atomaufsichtsbehörde ausschließen, dass Mitarbeiter der Firma Westinghouse wiederkehrende Prüfungen in bayerischen Atomkraftwerken vorgenommen haben?
2. b) Kann die bayerische Atomaufsichtsbehörde ausschließen, dass einer oder mehrere Mitarbeiter, die in Philippsburg die Überprüfung von Messeinrichtungen manipuliert haben, auch in Bayern wiederkehrende Prüfungen vorgenommen haben, bzw. vorgegeben haben, wiederkehrende Prüfungen vorgenommen zu haben?
Die Fragen 2a und 2b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
 Nach derzeitigem Kenntnisstand sind für die Unregelmäßigkeiten im Kernkraftwerk Philippsburg 2 einzelne Mitarbeiter eines externen Dienstleisters verantwortlich, die in den bayerischen Kernkraftwerken nicht tätig waren. Der bayerischen Aufsichtsbehörde liegen bisher keine Informationen vor, die die Zuverlässigkeit weiterer Mitarbeiter des Dienstleisters oder die Zuverlässigkeit des Dienstleisters generell in Frage stellen.
3. Kann die bayerische Atomaufsichtsbehörde ausschließen, dass ähnlich gelagerte Manipulationen in bayerischen Atomkraftwerken in den vergangenen Jahren vorgekommen sind?
Bei den bayerischen Kernkraftwerken werden der Prüfumfang, der Prüfinhalt, das Prüfintervall und die Prüfbeteiligung, abhängig von der sicherheitstechnischen Relevanz des betreffenden Systems, durch die Aufsichtsbehörde, unter Hinzuziehung atomrechtlicher Sachverständiger, festgelegt. Dabei werden alle für die kerntechnische Sicherheit unmittelbar bedeutsamen WkP in regelmäßigen Prüfzyklen mit Sachverständigenbeteiligung durchgeführt. Atomrechtlich relevante WkP, die vom Betreiber ohne Sachverständigenbeteiligung durchgeführt werden, unterliegen einer kontinuierlichen Kontrolle durch regelmäßige Einsichtnahme in die Prüfdokumentation durch den atomrechtlichen Sachverständigen. Nicht zuletzt durch diese unabhängigen Kontrollen wird einer Manipulation von sicherheitsrelevanten wiederkehrenden Prüfungen vorgebeugt. Hinweise auf vorgetäuschte WkP in bayerischen Kernkraftwerken liegen der bayerischen Aufsichtsbehörde nicht vor. 
4. Gab es nach Bekanntwerden der Fälle in Philippsburg und Biblis eine zusätzlich angeordnete Überprüfung der wiederkehrenden Prüfungen der letzten Jahre in den bayerischen Atomkraftwerken?

Nein.
5. a) Wenn Frage 4 mit ja beantwortet wurde:
Wenn ja, für welchen Zeitraum wurden die wiederkehrenden Prüfungen kontrolliert?
Antwort entfällt.
5. b) Wie hoch war die Zahl der kontrollierten wiederkehrenden Prüfungen im Vergleich zur Gesamtzahl der wiederkehrenden Prüfungen im genannten Zeitraum?
Antwort entfällt.
5. c) Wer hat die Kontrollen durchgeführt?
Antwort entfällt. 

6. Wenn Frage 4 mit nein beantwortet wurde: Warum nicht?
Auf die Antworten zu den Fragen 2a, 2b und 3 wird verwiesen.
 Im Übrigen bleibt das Ergebnis der landesaufsichtlichen Prüfung in Baden- Württemberg abzuwarten, um abschließend beurteilen zu können, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen aus diesen Vorfällen für die bayerischen Anlagen zu ziehen wären.


7. a) Ist das Vier-Augen-Prinzip zwingend bei allen wiederkehrenden Prüfungen in den bayerischen Atomkraftwerken vorgeschrieben?
Bei allen atomrechtlich relevanten WkP ist die Anwendung des Vier-Augen- Prinzips durch die Betriebsvorschriften vorgegeben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.
7. b) Welche zusätzliche Maßnahmen will die Staatsregierung ergreifen, um die tatsächliche und ordnungsgemäße Durchführung der wiederkehrenden Prüfungen sicher zu stellen?
Auf die Antworten zu den Fragen 3 und 6 wird verwiesen.
7. c) Ist die bayerische Atomaufsicht bereit zur Sicherheit der bayerischen Atomkraftwerke ein durchgängig bei allen wiederkehrenden Prüfungen anzuwenden- des Vier-Augen-Prinzip in Verbindung mit einer regelmäßigen, beispielsweise jährlich, wechselnden Besetzung der jeweiligen Messtrupps einzuführen?
Auf die Antworten zu den Fragen 6 und 7a wird verwiesen.
8. Wie beurteilt die Staatsregierung die Tatsache, dass die bisher bekannt gewordenen Manipulationen bei wiederkehrenden Prüfungen nicht als meldepflichtige Ereignisse zu behandeln sind und ist die Staatsregierung bereit sich dafür einzusetzen, dass dieses Fehlverhalten in den Katalog der meldepflichtigen Ereignisse aufgenommen wird?
Zu dieser Frage bleibt das Ergebnis der landesaufsichtlichen Prüfung in Baden- Württemberg abzuwarten.

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Hier habe ich Ihnen meine Schriftliche Anfrage und die Antwort der Staatsregierung auch als pdf-Datei im Drucksachenlayout des Bayerischen Landtags hinterlegt.