30. Oktober 2013

Kurswechsel in der Flüchtlings- und Asylpolitik umsetzen

Unser Dringlichkeitsantrag vom 30.10.2013

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, den in den Koalitionsverhandlungen in Berlin von Ministerpräsident Horst Seehofer in Aussicht gestellten Kurswechsel in der Asyl- und Flüchtlingspolitik auch in Bayern konsequent umzusetzen.

Hierzu gehören insbesondere:

─  Die Aufhebung der Residenzpflicht für Asylbewerber in Bayern;

─  Die Abschaffung der Essenspakete in den Gemeinschaftsunterkünften und die Ersetzung durch Geldleistungen;

─  Die Aufhebung der generellen Lagerpflicht für alle Flüchtlinge durch eine Änderung des bayerischen Aufnahmegesetzes;

─  Die Unterstützung der dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern und Geduldeten durch ein Wohnungsbauprogramm des Freistaats;

─  Die Unterstützung der Flüchtlinge bei der Suche nach angemessenen Wohnungen durch die Wohlfahrtsverbände und die zuständigen Sozialbehörden;

─  Die Aufstockung der staatlichen Förderung der Asylsozialberatung in Bayern;

─  Sicherstellung der Bildungsteilhabe durch ausreichende Unterstützungsangebote an Schulen und Berufsschulen;

─  Sicherstellung eines ausreichenden und ortsnahen Angebots an Sprachkursen für Asylbewerber.

 

Begründung:

Ministerpräsident Horst Seehofer hat in den Koalitionsverhandlungen in Berlin die Offenheit der CSU für einen Kurswechsel in der Asyl- und Flüchtlingspolitik bekundet. Bei der Versorgung mit Essenspakten, der Ausgestaltung der Residenzpflicht und der Schaffung von Alternativen zu den Gemeinschaftsunterkünften sei die CSU zu Änderungen bereit. Ein glaubwürdiger Kurswechsel in der Asyl- und Flüchtlingspolitik verlangt zu allererst eine Änderung der besonders restriktiven Bedingungen in Bayern. In keinem Bundesland sind die Probleme bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen so massiv wie in Bayern.

Wir fordern deshalb die Aufhebung der an die bayerischen Bezirke gebundenen Residenzpflicht in Bayern. Asylbewerber müssen die Möglichkeit erhalten, sich in ganz Bayern frei bewegen zu können. Wir fordern zu- dem die sofortige Abschaffung der Versorgung mit Essenspaketen in den Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen in Bayern. Flüchtlinge müssen die Möglichkeiten erhalten, sich nach ihren individuellen Wünschen und Vorlieben mit Nahrungs- mitteln zu versorgen. Das Sachleistungsprinzip wird deshalb in diesem Bereich durch eine Geldleistung abgelöst.

Wir fordern darüber hinaus die Aufhebung der Lagerpflicht für Asylbewerber und Geduldete durch eine Änderung von Art. 4 Abs. 1 des Bayerischen Aufnahmegesetzes (AufnG). Flüchtlinge brauchen spätestens nach einem halben Jahr einen gesicherten Rechtsanspruch auf Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft sobald sie eine geeignete Wohnung gefunden haben. Damit kann auch das bisherige bürokratische Antragsverfahren bei Auszügen aus den Gemeinschaftsunterkünften entfallen.

Zu einer menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen gehört auch ein ausreichendes Angebot an günstigen Wohnungen als Alternative zu den großen Gemeinschaftsunterkünften. Hier muss der Freistaat die Kommunen durch ein bayerisches Wohnungsbauprogramm bei der Bereitstellung dezentraler Unterkünfte unterstützen. Aufgrund der Überbelegung in den Gemeinschaftsunterkünften wird bereits heute ein erheblicher Anteil der Flüchtlinge in Bayern von den Bezirksregierungen sowie den Landkreisen und kreisfreien Städten dezentral untergebracht. Damit ist die generelle Lagerpflicht aus dem Bayerischen Aufnahmegesetz ohnehin schon in der Praxis der Unterbringung aufgeweicht. Um flexibel auf rasch sich ändernde Flüchtlingszahlen reagieren zu können, brauchen die Kommunen noch mehr Handlungsfreiheit und staatliche Unterstützung bei der Suche nach und Bereitstellung von dezentralen Unterkünften.

Insbesondere in den städtischen Ballungszentren brauchen Flüchtlinge Unterstützung und Beratung bei der Suche nach einer geeigneten Wohnung auf dem öffentlichen und privaten Wohnungsmarkt. Hier müssen die entsprechenden Hilfsangebote der Wohlfahrtsverbände und der zuständigen Sozialbehörden weiter ausgebaut werden. Hier muss vor allem die staatliche Förderung der Asylsozialberatung deutlich verbessert werden.

Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz übernimmt der Freistaat die Kosten für die Unterbringung in Wohnungen im Rahmen der örtlichen Vorgaben für Sozialgeld- und ALG II-Bezieher. Um das Sachleistungsprinzip des Asylbewerberleistungsgesetzes zu gewährleisten, werden Miete und Nebenkosten direkt an die Vermieter überwiesen.

Zur Sicherung der Bildungsteilhabe von Kindern und Jugendlichen müssen die Schulen und Berufsschulen ausreichende Unterstützungsangebote vorhalten können. Für alle Asylbewerber muss ein ausreichendes und ortsnahes Angebot an Sprachkursen zur Verfügung gestellt werden. Damit werden die Voraussetzungen für eine Integration erheblich verbessert.

Erfahrungen aus anderen Bundesländern und Kommunen zeigen, dass durch die Unterbringung in privaten Wohnungen auch die Kosten der Unterbringung deutlich reduziert werden können. Auch Konflikte mit Nachbarn und Anwohnern nehmen dadurch ab und es entstehen keine Angriffspunkte für rechtspopulistische Mobilisierungen. Die erhöhte Fluktuation in der Erstaufnahme und der schnellere Auszug aus den Gemeinschaftsunterkünften entschärft zudem das Überbelegungsproblem in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften.

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 05.02.2014 leider durch die Stimmen der CSU, bei Enthaltung der Freien Wähler, abgelehnt.