4. Juni 2013

Keine Genehmigung für Fracking zur Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen – Meine Rede im Plenum

Es folgt ein Auszug aus dem Plenarprotokoll vom 04.06.2013

Fünfter Vizepräsident Jörg Rohde:
Herzlichen Dank an beide bisherigen Redner für den sparsamen Umgang mit der Redezeit. Fünf Minuten scheinen für das Thema zu reichen. – Herr Kollege Hartmann, Sie haben das Wort.

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Man braucht vielleicht keine zehn Minuten, aber ganz kurz kann man es auch nicht machen.
Es wurde vorher schon angesprochen: Die Bundesregierung kann sich nicht auf ein Fracking-Gesetz einigen. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Das ist für uns eine Unfähigkeit erster Klasse, was in Berlin präsentiert wird. Seit über drei Jahren wird über das Thema Fracking diskutiert. Das zeigt aber auch ganz deutlich, wie richtig es war, dass die drei Oppositionsfraktionen die Anträge ins Plenum hochgezogen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir einmal zurückblicken, dann sehen wir das relativ oft in der Energiedebatte. Da haben wir zum einen die Merkel-Regierung, die sich nicht einig ist, dann haben wir Schwarz-Gelb in Bayern, die sind sich genauso wenig einig.

(Tobias Thalhammer (FDP): Es passt kein Blatt zwischen uns!)

Es ist ein bunter Strauß von Widersprüchen in der Fracking-Debatte in diesem Land.
Jetzt schauen wir einmal zur FDP. Ganz vorneweg gehen die Lobbyisten und die Fracking-Freunde in diesem Land, die Freunde der alten Energiewirtschaft, der fossilen Energiewirtschaft. Sie gehen vorneweg. Auf der anderen Seite sitzt aber auch Wirtschaftsminister Zeil von der gleichen Partei im Kabinett, der heute leider nicht anwesend ist,

(Tobias Thalhammer (FDP): Frau Staatssekretärin Hessel ist da!)

der einfach behauptet, es sei kein bayerisches Problem. Er sagt immer wieder, in Bayern stehe das Fracking nicht an, also ist es hier kein Problem. Auf Bundesebene wird es von der FDP massiv vorangebracht. Auf der anderen Seite ignoriert der Minister wissentlich, dass in Bayern durchaus mögliche Lagerstätten für unkonventionelles Erdgas vorhanden sind; Kollege Wörner hat es vorher angesprochen.
Dann schauen wir einmal zur Union. Da gibt es ebenso einen echten Fracking-Freund, der vorneweg läuft: der EU-Kommissar Oettinger. Wie so oft sieht er, wenn das Fracking nicht kommen sollte, den Wirtschaftsstandort Deutschland in Gefahr. Wie jedes Mal mischt er sich in die Bundespolitik ein. Wie kaum ein anderer EU-Kommissar treibt er das Fracking voran.
Auf der anderen Seite ist Minister Huber. Er ist leider wieder nicht da. Man muss Minister Huber vollkommen recht geben. Er hat wörtlich gesagt, Fracking sei eine tickende Zeitbombe. Darin gebe ich Minister Huber durchaus recht. Dann ist es aber an der Zeit, zu beschließen, dass wir das Fracking in diesem Land so nicht haben möchten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man sich dann weiter anschaut, was gelaufen ist, sieht man: Die Union und die FDP in Berlin haben in den letzten Monaten ein Gesetz diskutiert, das heute kassiert worden ist, das den Menschen als Fracking-Verbot, als eine Beschwerung des Frackings vermittelt wurde. Was war das aber wirklich? – Man wollte immerhin in Wasserschutzgebieten Fracking verbieten bzw. Umweltverträglichkeitsprüfungen notwendig machen. Das sind 14 % der Landesfläche, auf der sie es verbieten wollten. Sie wollten Fracking auch mit dem Gesetz, das im Bundestag eingebracht wurde, nicht gänzlich verbieten. In einer dpa-Meldung liest man heute, was durchaus positiv ist, ich bin gespannt, wie sich die CSU-Fraktion heute verhalten wird, dass von Unionskollegen von einer „Gewissensfrage“ gesprochen wird. In einer Zeitung, auch bei „Spiegel online“, liest man, dass vor allem auf Druck der CSU-Landesgruppe, also Ihrer Kollegen der CSU in Berlin, das Gesetz so nicht zustande gekommen ist.

(Tobias Thalhammer (FDP): Die CSU hat nur eine Landesgruppe!)

Die CSU hat dafür gesorgt, weil Sie gewusst haben, Fracking wird mit diesem Gesetz zugelassen. Man möchte jetzt weiter Einhalt gebieten. Man hat im Wahlkampf Angst vor dem Thema. Dann stimmen Sie doch in Bayern dafür, dass wir für ein Fracking-Verbot auf Bundesebene sind, und lassen Sie sich in dieser Sache nicht immer vom wirklich sehr kleinen Koalitionspartner treiben.

(Beifall bei den GRÜNEN – Tobias Thalhammer (FDP): Klein, aber oho!)

Ein weiterer Bereich wurde von den Kollegen angesprochen, das kann ich jetzt ganz kurz machen: Jedem sollte bewusst sein, worüber wir reden. Fracking klingt für viele relativ harmlos. In Nordamerika wird es in großem Stil betrieben. Selbst der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat deutlich gemacht, dass es in Deutschland in dieser Form ökologisch und ökonomisch keinen Sinn hat. Das ist ein Beratergremium der Bundesregierung, nicht der GRÜNEN. Außerdem ist bekannt, dass die langfristigen hydrogeologischen Folgen von Fracking nicht abschätzbar sind. Es geht auch um den Rückfluss des Wassers, das eingepresst wird. Was damit passiert, ist bei Weitem noch nicht untersucht worden.
Als Letztes möchte ich noch ansprechen, und das ist mir persönlich ein wichtiger Aspekt: Man muss sich schon fragen, worin man eigentlich die Zukunftschancen dieses Landes sieht. Sehen wir sie wirklich darin, die letzten Kubikmeter fossilen Erdgases aus dem Boden zu pressen, oder sehen wir sie in Energieeffizienz, in erneuerbaren Energien, wo wir vorankommen möchten?
Wenn man wirklich eine Energiewende und eines Tages den Energiebedarf zu 100 % aus erneuerbaren Energien decken möchte, dann benötigt man das Fracking in dieser Form nicht. In meiner Rede vorhin zum Klimaschutzgesetz habe ich deutlich gesagt: Auch uns GRÜNEN ist klar, dass wir in der Übergangszeit Gaskraftwerke brauchen werden. Bis jetzt gibt es keine Prognose, die einen Engpass bei der Erdgasversorgung in Deutschland und Europa für die nächsten zehn Jahre vorhersagt. Wahrscheinlich gibt es ihn nicht einmal in den nächsten zwanzig Jahren. Das heißt, das Fracking wird für die Energiewende definitiv nicht benötigt.
Deshalb meine Bitte an die Union: Haben Sie den Mut, den Ihre Kollegen in Berlin haben, die zumindest in der Fraktionssitzung Druck gemacht haben, und stimmen Sie heute unserem Antrag zu! Sprechen Sie sich deutlich für ein Verbot von Fracking aus und lassen Sie Ihren Koalitionspartner, der ist hier im Plenum eh kaum noch vertreten, alleine abstimmen!

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

(….)

Staatssekretärin Melanie Huml (Umweltministerium):
Zur Frage Nummer eins: Sie wissen, in Bayern haben wir ein Wasserrecht. Mit diesem Wasserrecht können wir gewisse Frackingbereiche einschränken und verbieten. Ich gehe davon aus, dass das auch für die Bereiche möglich ist, die Sie angesprochen haben.
Dazu haben Sie gesagt, dass Ihr Antrag differenziere. Sie fordern uns zu etwas auf, worin wir einer Meinung sind. Damit stellen Sie einen Schaufensterantrag. Von daher lehnen wir diesen ab.

Fünfter Vizepräsident Jörg Rohde:
Eine zweite Zwischenbemerkung kommt von Herrn Kollegen Hartmann. Bitte schön.

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Wahrscheinlich erhalte ich keine Antwort. Bei mir geht es in dieselbe Richtung. Ich möchte Sie fragen, ob Sie die Anträge überhaupt gelesen haben.

Staatssekretärin Melanie Huml (Umweltministerium):
Selbstverständlich!

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Im ersten Spiegelstrich im Antrag der GRÜNEN wird die Staatsregierung aufgefordert, sich beim Bundesrat für ein Verbot von Fracking-Methoden bei der Erdgasgewinnung einzusetzen. Das ist genau das, was Sie gerade gesagt haben. Da ein Vorankommen auf Bundesebene schwierig ist, könnte der Minister durchaus unterstützt werden. Der Landtag sollte diesem Antrag geschlossen zustimmen und ihm dies mitgeben. Damit erhält er eine bessere Verhandlungsposition. Einfach zu sagen, es handle sich um einen Schaufensterantrag, ist erbärmlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Fünfter Vizepräsident Jörg Rohde:
Frau Staatssekretärin, Sie haben noch einmal zwei Minuten.

Staatssekretärin Melanie Huml (Umweltministerium):
Es lag keine Frage vor. Es handelt sich um eine Stellungnahme.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

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Weitere Informationen zu unserem Antrag finden Sie hier.