18. Juni 2015

Für eine menschliche Flüchtlingspolitik: Schutz gewähren – Menschenwürde garantieren – Integration erleichtern

Unser Dringlichkeitsantrag vom 18.06.2015

Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag unterstreicht seine Bereitschaft, Menschen, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, zu helfen. Dies gilt gerade in Zeiten, in denen eine hohe Zahl kriegerischer Konflikte und instabiler Staaten die Ursache dafür sind, dass weltweit über 50 Mio. Menschen auf der Flucht vor Gewalt und Verfolgung sind und sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen, um Leben und Gesundheit von sich und ihren Familien zu schützen.

Der Weg der Flüchtlinge ist oft ebenfalls lebensgefährlich. Das Massensterben im Mittelmeer ist der Ausdruck fehlenden Willens der meisten europäischen Regierungen, wirksam für den Schutz der Flüchtlinge zu sorgen. Es ist dringend geboten, ein ziviles und dauerhaftes Seenotrettungsprogramm nach dem Vorbild von Mare Nostrum, das im vergangenen Jahr beendet wurde, aufzulegen und endlich legale und sichere Wege zu schaffen, um Asyl zu beantragen, beispielsweise mit Botschaftsasyl, Resettlement-Programmen und Botschaftsvisa. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sind dringend aufgefordert, sich endlich auf eine gemeinsame Asylpolitik zu verständigen. Dazu gehört es auch, das Dublin-System durch ein System der solidarischen Aufnahme der Flüchtlinge zu ersetzen.

Der Vorschlag, in nordafrikanischen Staaten Asylzentren einzurichten, ist unpraktikabel und realitätsfern und deshalb abzulehnen.

Wer bedroht und verfolgt wird, findet bei uns Asyl. Das ist nicht zuletzt die Lehre aus unserer eigenen Geschichte. Das Recht auf Asyl ist ein individuelles Recht und muss es auch bleiben, denn es kommen immer Menschen zu uns, die ihre eigene Geschichte und ihr eigenes Schicksal haben und damit auch das Recht, dass ihr Einzelfall geprüft wird.

Die steigende Zahl der Flüchtlinge hat in der Bevölkerung eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Das zeigt, dass den Bürgerinnen und Bürgern das Schicksal der Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, am Herzen liegt. Viele engagieren sich ehrenamtlich, um den Flüchtlingen zu helfen und sie nicht alleine zu lassen. Auch die Spendenbereitschaft ist ungebrochen. Diese gelebte Solidarität ist nicht hoch genug einzuschätzen und verdient unseren Dank.

Wer bei uns Schutz sucht, hat in unserem Sozialstaat selbstverständlich das Recht auf das Existenzminimum. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits 2012 festgestellt hat, ist die Menschenwürde nicht an eine bestimmte Herkunft geknüpft und „migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ Der Bayerische Landtag steht zu dem Grundsatz, den Flüchtlingen ein menschenwürdiges Leben in unserem Land zu ermöglichen.

Für viele der Flüchtlinge ist völlig unklar, wann und ob sie wieder in ihre Heimat zurückgehen können. Deshalb ist es unsere Aufgabe, ihnen eine Lebensperspektive zu bieten und sie in unsere Gesellschaft zu integrieren. Für die in Bayern lebenden Flüchtlinge kann der Freistaat vor allem in Fragen der Unterbringung, des Zugangs zum Arbeitsmarkt, des Erwerbs der deutschen Sprache, der Gesundheitsversorgung und des Zugangs zu den Bildungseinrichtungen entscheidende Unterstützung leisten.

Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Integration der Asylsuchenden und Flüchtlinge zu stärken durch

– Ausbau der Erstaufnahmeeinrichtungen, Verbesserung der Verteilung der Asylsuchenden;

– den schnelleren Auszug von Flüchtlingen aus den Gemeinschaftsunterkünften;

– Verteilung der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge auf Inobhutnahmeplätze in den Landkreisen und bundesweite Verteilung unter Berücksichtigung fachlicher Standards;

– mehr sozialen Wohnungsbau, insbesondere in Gebieten mit Mangel an ÖPNV-erschlossenem preisgünstigem Wohnraum;

– schnelleren Zugang zu Integrations- und Deutschkursen;

– schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt;

– den Ausbau der Asylsozialarbeit und Migrationsberatung;

– die Schaffung von Koordinierungsstellen für Ehrenamtliche;

– den Ausbau der Übergangsklassen und Integrationsklassen.

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene einzusetzen für

– die Sicherung des Zugangs zu gesundheitlicher Versorgung und Einführung einer Gesundheitskarte auch für Flüchtlinge;

– deutlich schnellere Registrierung der Asylsuchenden und schnellere Asylverfahren;

– einen sicheren Aufenthaltsstatus für Ausbildung mit zwei anschließenden Praxisjahren;

– eine Bleiberechtsregelung für lange hier schon lebende, gut integrierte Asylsuchende;

– die Verbesserung der Familiennachzugsregelung, insbesondere für minderjährige Kinder;

– ein Einwanderungsgesetz für Menschen aus bestimmten Ländern und Berufen.

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene einzusetzen für

1. eine solidarische europäische Flüchtlings- und Asylpolitik;

2. die Umsetzung der europäischen Asyldurchführungsrichtlinie in allen europäischen Ländern;

3. die Unterstützung von Flüchtlingen in Drittstaaten/Anrainerstaaten von Krisengebieten mit dem Ziel, die Not der Menschen dort zu lindern und die Destabilisierung dieser Staaten zu verhindern;

4. die Stärkung der Entwicklungshilfe.

 

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Aktuelle Informationen zum Beratungsverlauf unseres Antrags im Bayerischen Landtag.

Wie Sie den Unterlagen unter dem oben stehenden Link entnehmen können, wurde unser Antrag in der Plenarsitzung am 18.06.2015 leider durch die Stimmen der CSU und der Freien Wähler abgelehnt.