6. Februar 2013

EEG-Umlage wirkungsvoll begrenzen – Berechnung der EEG-Umlage ändern: Meine Rede zu unserem Dringlichkeitsantrag

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der vorliegende Antrag (Anm.: gemeint ist der ursprüngliche Antrag der CSU- und FDP-Fraktion) − Sie haben den Vorrednern sicher gut zugehört − könnte auch aus der Energiekommission kommen. Der Antrag enthält viele Selbstverständlichkeiten und schöne Ziele, aber keine konkreten Maßnahmen. Der Vertreter der FDP hat genau das Gegenteil der CSU-Position wiedergegeben. Ich glaube, Sie haben recht. Sie brauchen die Energiekommission. Sie brauchen die Energiekommission, damit sich Ihre Fraktionen einig werden. Das ist der entscheidende Punkt. Schauen wir uns einmal das Thema an: Was wollen CSU und FDP mit ihrem gemeinsamen Antrag? Was halten Sie von den Vorschlägen des Bundeswirtschaftsministers? – Darauf gehen Sie nicht ein. Teilen Sie die Einschätzung des Bundesumweltministers, der Ihrer Partei angehört? Würde man die Vorschläge von Umweltminister Altmaier, die in einem internen Arbeitspapier dargestellt worden sind, umsetzen, käme dies einem Neubaustopp für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien gleich. Teilen wir diese Auffassung oder nicht?
Wir können noch weiter gehen. Die FDP hat vorhin die Stromsteuer angesprochen. Der bayerische Wirtschaftsminister möchte die Stromsteuer reduzieren. Der Bundesminister der gleichen Partei möchte das nicht. Die CSU-Fraktion äußert sich nicht dazu. Davon steht auch nichts im Antrag, was bedeutet: Wir haben zwei gegensätzliche Reden gehört, die für den gleichen Antrag geworben haben. Das zeigt, wie inhaltsleer Ihr Antrag zum Thema Energiewende ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Tobias Thalhammer (FDP): Sie haben keine Vorschläge!)

In Ihrem Antrag fordern Sie eine Technologieneutralität. Genau das möchten wir nicht. Hätte es eine Technologieneutralität beim EEG gegeben, wäre der Solarstrom nie so schnell günstiger geworden.

(Tobias Thalhammer (FDP): “Solarstrom” und “günstig” sind ein Widerspruch in sich!)

Damals vor zehn Jahren hätten sich Photovoltaik-Anlagen, die damals mit 50 Cent pro Kilowattstunde vergütet worden sind − heute weit unter 20 Cent −, im Falle der Technologieneutralität nicht durchsetzen können.
Sie haben einen weiteren Bereich bei der Energiewende nicht verstanden. Sie sagen die ganze Zeit, es würde ausreichen, etwas in erneuerbare Energien zu investieren, wenn man sie in ein altes Energiesystem presse. Das funktioniert nicht. Das Energiesystem muss sich den erneuerbaren Energien anpassen. Wir brauchen ein neues Energiemarktmodell bzw. ein neues Markt-Design. Auf diese Themen gehen Sie in Ihrem Antrag gar nicht ein. Eines muss man Bundesumweltminister Altmaier wirklich zugutehalten: Im Papier, das er vorgelegt hat, hat er relativ gut begründet − das hat Kollege Reiß auch schon richtig dargestellt −, warum die Börsenpreise sinken, wenn EEG-Strom ins Netz eingespeist wird. Die Umlage steigt, ohne dass eine einzige Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien hinzukommt. Ich nehme jetzt einmal die fixe Zahl von 20 Cent pro Kilowattstunde EEG-Vergütung an. Der Börsenpreis beträgt vier Cent. Damit müssen Sie 16 Cent umlegen. Beträgt der Börsenpreis drei Cent, müssen Sie in den nächsten Jahren einen Cent mehr umlegen, ohne dass eine einzige neue Anlage hinzukommt.
Wir sollten uns einmal die Preisentwicklung an der Börse anschauen. Der Strom, der für das Jahr 2014 im Termingeschäft gekauft wird, wird mit vier Cent pro Kilowattstunde gehandelt. Das ist bereits jetzt ein Cent weniger als vor einem Jahr. Vor fünf Jahren betrug der Börsenpreis noch sechs Cent pro Kilowattstunde. Das heißt, dass der Berechnungsmechanismus geändert werden muss. Darauf geht unser Antrag ein. Eine Möglichkeit wäre die Einführung des Umwälzmechanismus, der bis zum 1. Januar 2010 vorhanden war und dann geändert worden ist. Der EEG-Strom sollte im Grundpreis festgelegt werden. Man könnte die durchschnittlichen Kosten der Stromentstehungskosten als Grundlage heranziehen, damit die Umlage nicht steigt, wenn die Börsenpreise nach unten gehen. Diese Entwicklung darf so nicht weitergehen.
Die Probleme hat der Bundesumweltminister zumindest verstanden. Eine Lösung legt er nicht vor. Unser Antrag bringt zwei Lösungsansätze in die Debatte ein. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Dem SPD-Antrag werden wir zustimmen. Dem Antrag der FREIEN WÄHLER werden wir mit einer kleinen Änderung ebenfalls zustimmen. Den Antrag der Fraktionen der FDP und der CSU lehnen wir ab. Das ist ein Antrag, bei dem niemand weiß, wo er hinführt. Es ist nicht nötig, in einen Antrag hineinzuschreiben, dass der Bestandsschutz zu gewährleisten ist. In einem Rechtsstaat ist der Bestandsschutz durchaus gewährleistet. Das muss man nicht in einen Antrag schreiben. Das zeigt, dass Sie nichts Richtiges zum Thema zu schreiben hatten. Sie haben einfach allgemeine Floskeln in den Antrag hineingeschrieben.

Vierte Vizepräsidentin Christine Stahl: Herr Hartmann, bitte bleiben Sie am Mikrofon. Herr Thalhammer hat eine Zwischenbemerkung angemeldet.

Tobias Thalhammer (FDP): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hartmann, ich möchte eine Aussage von Ihnen hervorheben: Dank des EEG sei der Solarstrom so günstig. Das haben Sie gerade so formuliert.

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Richtig.

Tobias Thalhammer (FDP): Ich möchte Sie ganz ehrlich fragen: Wie teuer wollen Sie die erneuerbare Stromversorgung in diesem Land noch gestalten? Der Kostentreiber Nummer 1 bei der Energiewende ist die Photovoltaik. Dank der CSU- und der FDP-Fraktion konnten die Auswüchse, die Strom zum Luxusgut machen, aufgehalten werden. Strom darf nicht zu einem Luxusgut werden. Strom muss für alle bezahlbar sein. Das müssen Sie von den GRÜNEN endlich einmal einsehen.

(Beifall bei der FDP)

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Lieber Herr Kollege, darauf kann man relativ kurz antworten. Als das EEG eingeführt worden ist, hat sich die FDP-Fraktion noch nicht mit dem Thema Energiewende befasst. Man wollte gezielt neue Techniken wie Solaranlagen in den Markt bringen.

(Tobias Thalhammer (FDP): Wir haben schon Umweltpolitik gemacht, da hat es Sie noch gar nicht gegeben!)

Diese wurden damals mit 50 Cent pro Kilowattstunde vergütet. − Ich habe Ihnen zugehört, jetzt hören Sie mir zu. In Deutschland gibt es kein anderes Beispiel für ein Marktanreizprogramm, das hinsichtlich der Förderung pro Kilowattstunde aus der PV-Anlage so schnell abgeschmolzen worden ist. Anfangs waren es 50 Cent, dann ist die Förderung deutlich unter die 20 Cent gegangen. Zeigen Sie mir ein anderes Marktanreizprogramm, das so schnell reduziert worden ist, ohne dass der Markt zusammengebrochen ist. Sie werden keines finden.
Die Investitionskosten für Photovoltaik-Anlagen sind in den letzten zehn Jahren um 90 % gesunken. Bei Windkraftanlagen sind sie um 50 % gesunken − trotz technischer Optimierungen und gestiegener Stahlkosten. Außerdem sind die Rohstoffpreise gestiegen. Was haben Sie auf der anderen Seite? Da sind fossile Kraftwerke, deren Kosten seit dem Jahre 2000 um 70 % gestiegen sind. Dort müssten Sie die Schraube ansetzen. Die Kosten der erneuerbaren Energien bewegen sich nach unten. Dass sie nicht verschenkt werden, ist jedem klar. Die Kosten hat man jedoch reduziert. Sie haben recht, wir tragen einen Rucksack mit uns. Sie können sich sicherlich noch an die Debatte vor zweieinhalb Jahren erinnern. Wir als GRÜNE Fraktion haben einen Antrag eingebracht, mit dem gefordert worden ist, die EEG-Umlage zügiger und in kürzeren Abständen anzupassen, um die großen Stufen zu vermeiden. Eine rechtzeitige Anpassung hätte die EEG-Umlage erleichtert. Wir waren nicht diejenigen, die sich dem verweigert haben. Wir wollten eine verlässliche Anpassung. Wir wollten nicht ihre Hauruck-Methoden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vierte Vizepräsidentin Christine Stahl: Danke schön. − Es gibt eine weitere Zwischenbemerkung. Kollege Zellmeier, bitte.

Josef Zellmeier (CSU): Herr Kollege Hartmann, Sie haben den Bestandsschutz als überflüssig bezeichnet.

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Nein.

Josef Zellmeier (CSU): Dieser Passus ist jedoch ein ganz wichtiger Teil unseres Antrags. Die Ankündigung, auch die Förderung bestehender Anlagen werde verändert, hat in der Bevölkerung zu großer Unruhe geführt. Sie dürfen eines nicht vergessen: Gerade im ländlichen Raum haben Menschen in der Absicht, ihre Altersversorgung aufzubessern, PV-Anlagen installiert. Dort ist die Beunruhigung besonders groß. Deswegen ist der Bestandsschutz für Bayern sehr wichtig.

(Ludwig Wörner (SPD): Es war der FDPler, der das gesagt hat!)

Vierte Vizepräsidentin Christine Stahl: Bitte, Herr Kollege Hartmann.

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Herr Kollege, ich habe diesen Passus Ihres Antrags nur deshalb erwähnt, weil er so überflüssig ist. Dass Bestandsschutz gilt, ist doch eine Selbstverständlichkeit. Wenn man hier investiert, geschieht dies unter bestimmten politischen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen. Auf deren Fortgeltung muss sich der Investor verlassen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wenn Sie es allerdings nötig haben, diesen Grundsatz in Ihrem Antrag zu untermauern, muss man echt Angst haben. Wer weiß, was manche Ihrer Leute, insbesondere Ihr Koalitionspartner, mit dem EEG vorhatten.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

(…)

Meine Zwischenfrage zu den Ausführungen des Staatsministers Martin Zeil (FDP):

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Herr Minister Zeil, Sie haben gerade die Anträge der Opposition niedergebügelt und gesagt, sie seien alle inhaltsleer und enthielten keine Änderungen. Ich frage mich, ob Sie die Anträge gelesen haben. Diese enthalten nämlich deutliche Vorschläge. Der einzige Antrag, der keine konkreten Vorschläge enthält, ist der Antrag Ihrer Fraktion.
Sie haben gerade gesagt, Sie möchten im Bereich der erneuerbaren Energien mehr Markt und mehr Wettbewerb haben. Können Sie einmal definieren, was Sie darunter verstehen? Bedeutet das ein Quotenmodell wie in England? Bedeutet das für die Zukunft noch feste Vergütungssätze, die planbar sind?
Vorhin hat ein CSU-Kollege die Planbarkeit angesprochen und darauf hingewiesen, dass erneuerbare Energien auch eine Rentenanlage seien. Wollen Sie also die festen Vergütungssätze beibehalten? Wollen Sie den Einspeisevorrang aufgeben? Was heißt denn “mehr Markt” in diesem Bereich? – Sie nennen diesen Ausdruck und definieren ihn nicht, ebenso wenig in Ihrem Antrag. Auch in Ihrer Rede haben Sie zu keinem Punkt gesagt, was Sie eigentlich wollen.

Vierte Vizepräsidentin Christine Stahl: Herr Kollege, Sie wollten eine Frage stellen!

Ludwig Hartmann (GRÜNE): Ich warte auf die Antwort.

Staatsminister Martin Zeil (Wirtschaftsministerium): Wir erörtern diese Frage nicht zum ersten Mal. Selbstverständlich sind hierbei viele Schritte zu gehen. Der Einspeisevorrang ist ein Thema. Dabei wird man nur schrittweise vorwärtskommen können. Übrigens schreiben mir insbesondere auch von rot-grünen Stadtratmehrheiten getragene Gaskraftwerkbetreiber, dass in der jetzigen Regelung eine Ursache dafür liegt, dass ihre Gaskraftwerke nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Hier besteht also ganz offensichtlich Handlungsbedarf.
Des Weiteren brauchen wir schrittweise Maßnahmen zur Fortentwicklung bis hin zu einem in eine europäische Regelung eingebetteten Mengensteuerungssystem. Das wird nicht von heute auf morgen möglich sein, aber der Gedanke, der dahintersteckt und an dem auch gar nichts vorbeiführt, ist, dass wir die erneuerbaren Energien aus dem jetzigen System der staatlichen Preisfestsetzung herausholen und sie an den Markt heranführen müssen, damit sie sich dort bewähren.

(Beifall des Abgeordneten Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP))

Sie können doch heute niemandem mehr vermitteln, dass die Verbraucher im nächsten Jahr insgesamt 20 Milliarden Umlage bezahlen, damit andere eine Anlage mit hoher Rendite haben. Das ist in sich unschlüssig. Das ist aus dem Ruder gelaufen. Deswegen, Herr Kollege Hartmann, besteht hier Handlungs- bedarf. Ich nehme jeden ernst gemeinten Vorschlag gerne auf. Aber immer nur zu sagen, man dürfe nicht an das EEG herangehen und das EEG sei in seiner jetzigen Ausgestaltung das Beste und das Tollste, wird dem Ernst der Lage nicht gerecht.

(Beifall der Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) und Georg Schmid (CSU))