6. Februar 2013

Auflösung der Kommission zur parlamentarischen Begleitung der Energiewende in Bayern

Ludwig Hartmann (GRÜNE):
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sie wissen alle, dass vor zwei Jahren, als es um die Einsetzung der Energiekommission ging, die GRÜNEN-Fraktion dieser bereits sehr kritisch gegenüberstand. Wir haben damals einen eigenen Energieausschuss in die Debatte eingebracht und konnten uns damit leider nicht durchsetzen. 16 Monate nach Einsetzung der Energiekommission haben sich unsere Befürchtungen bestätigt. Die Energiekommission ist ein Gremium, das weitgehend im Verborgenen tagt, keine Außenwirkung erzielt, eigentlich keine Beschlüsse fasst und damit die Debatte über die Energiewende in gar keiner Form begleiten kann.
Besonders die gestrige Pressemitteilung der Kollegen Reiß und Thalhammer war ziemlich erstaunlich. Darin wird behauptet, die Arbeit sei gut, obwohl in keinem einzigen Punkt dargelegt worden ist, was die Energiekommission gut gemacht hat. Sie haben sich auf dem durchaus bemerkenswerten Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern ausgeruht. Dass es diesen Ausbau gibt, ist zwar richtig, aber das haben wir den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land zu verdanken und nicht der Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN – Tobias Thalhammer (FDP): Auch nicht den GRÜNEN!)

– Indirekt haben wir es Rot-Grün zu verdanken, weil von Rot-Grün das EEG auf den Weg gebracht worden ist. Dank der Planbarkeit und Verlässlichkeit des EEG ist der Ausbau erst möglich gewesen.
Ich möchte die Kommission aber nicht in Grund und Boden reden. Ich muss ganz offen zugeben: Wir hatten durchaus eine Reihe von sehr informativen Anhörungen und Fachgesprächen, die hochkarätig besetzt waren und bei denen das eine oder andere Richtungsweisende zur Energiepolitik zum Ausdruck gebracht worden ist. Leider − das ist das Traurige an der Energiekommission − war der Lerneffekt für manche Kommissionsmitglieder sehr gering. Es ist erstaunlich, dass die FDP trotz 16-monatiger Nachhilfestunde in der Energiekommission auf der letzten Fraktionsklausur in Benediktbeuern ein Papier mit dem Titel „10 Ziele für den Freistaat“ verfasste. Dazu muss man wissen, dass der FDP-Fraktion auch der zuständige Minister angehört. In diesem Papier wird bis heute nicht zwischen Strom und Energie unterschieden. Der Unterschied ist von den Verantwortlichen, die dieses Papier verfasst haben, bis heute nicht verstanden worden. Das kann es doch nicht sein.
Ebenso traurig ist, dass die Ergebnisse der Fachanhörungen massiv missachtet werden. Wir hatten eine Anhörung zum regulatorischen Rahmen der Energiewende, bei der sich alle geladenen Experten − diese Experten sind von allen Fraktionen benannt worden; das muss man sich bewusst machen, es waren also nicht Experten von GRÜNEN oder der CSU − einig waren, dass das EEG eindeutig ein erfolgreiches und effizientes Instrument zur Förderung der erneuerbaren Energien im Stromsektor ist. Das hindert die FDP nicht daran, weiterhin am EEG zu sägen und es zu schleifen. Sie ist nach wie vor für ein Quotenmodell, das nicht effizienter funktionieren würde, was Erfahrungen aus England oder Polen genau zeigen.
Die Nutzlosigkeit der Energiekommission sieht man auch an einem anderen Beispiel ganz deutlich: Sie wurde von der Staatsregierung, die heute schlecht vertreten ist − immerhin ist der zuständige Minister anwesend −, durchgehend ignoriert. Man muss sich vorstellen: Die zuständigen Minister haben die Energiekommission gerne als Plattform benutzt, um medienwirksam etwas zu verkünden. Der Informations- und Neuigkeitsgehalt lag bei den Anhörungen mit den Ministerien so gut wie bei null. Erstaunlich und traurig ist, dass ein umfangreicher Fragenkatalog zur Basis der Stromversorgung in Bayern nach zehn Monaten eher schlecht als gut beantwortet wurde. Man muss bedenken, dass jede Interpellation, die wir im Landtag gestellt hätten, wahrscheinlich in sechs Monaten beantwortet worden wäre.
Ähnliches gilt für sämtliche Überlegungen der Staatsregierung zur Energiewende sowie für die Ankündigungen und Umsetzungen in Bezug auf die Gebietskulisse Windkraft, Wasserkraft oder Bayernplan − alles haben die Mitglieder der Energiekommission aus den Medien erfahren. Ein wirklicher Tiefpunkt der Energiekommission − dabei waren sich alle Fraktionen einig; CSU, FDP, FREIE WÄHLER, SPD und die GRÜNEN – war die Behandlung der Frage des Beirats der Energieagentur. In der Energiekommission waren wir uns alle einig, dass im Beirat der Energieagentur neben den Firmen wie Eon und von Verbänden wie dem Bauernverband auch das Parlament vertreten sein muss. Das hätte bedeutet, dass die Energiekommission hätte vertreten sein müssen. Das wurde abgelehnt. Wir haben damals einen Antrag im Plenum gestellt, der niedergestimmt worden ist.
Die Missachtung der Energiekommission hat nach unserer Auffassung langsam System. Sie hat damit zu tun, dass die Staatsregierung, die vor zwei Jahren die Energiewende angekündigt hat, eigentlich nichts weiter als Ankündigungen geliefert hat. Die Staatsregierung ist meisterhaft im Ankündigen. Ich habe mir einmal vier Beispiele herausgesucht.
Das erste Beispiel betrifft den dreidimensionalen Windatlas. Über die Thematik ist vor zwei Jahren schon einmal diskutiert worden. Er sollte kommen und ist ausgeschrieben worden. Bis heute aber ist er nicht da. Die Fachleute haben erklärt, dass er in sechs bis acht Monaten zu erstellen sei. Wenn wir nach Baden-Württemberg blicken − ich blicke nicht nach Baden- Württemberg unter Grün-Rot, sondern nach Baden-Württemberg noch unter Schwarz-Gelb -, so sehen wir, dass Baden-Württemberg einen dreidimensionalen Windatlas hat. Er ist beauftragt worden, und nach sechs Monaten war er veröffentlicht und verfügbar. Was Baden-Württemberg unter Schwarz-Gelb konnte, wird Bayern wohl auch schaffen und kann dafür keine zwei Jahre brauchen.
Ein weiterer Punkt betrifft − er wurde angekündigt wie üblich − die Gebietskulisse Wasserkraft. Angekündigt war, dass diese Ende des letzten Jahres bekannt gegeben werden sollte. Bis heute ist sie nicht da. Nach einer Schriftlichen Anfrage sollte diese im Dezember 2012 veröffentlicht werden. Das ist nicht geschehen.
Der nächste Punkt betrifft das Kataster für Stromspeicher. Wir haben vor zwei Jahren schon über die Thematik diskutiert. Damals ist von einem Pumpspeicherkataster gesprochen worden. Der Antrag wurde wie üblich abgelehnt. Positiv ist aber, dass Sie die Notwendigkeit eines Katasters für Stromspeicher erkannt haben und die Forderung übernommen haben. Das Kataster wurde für Ende des letzten Jahres angekündigt und liegt bis heute nicht vor.
Der Ministerpräsident ist jemand, der schnell etwas ankündigt − da werden mir die Kollegen der CSU und der FDP sicher zustimmen. Er hat ganz groß den Bayernplan angekündigt. Dieser enthält durchaus einige gute Ideen, aber der Zeitpunkt der Umsetzung bleibt bis zum heutigen Tag absolut unklar und ungewiss.
Alle diese Beispiele zeigen uns: Die Energiekommission war und ist ein Placebo. Sie ist ein Aushängeschild für den Landtag ohne Wirkung und Einfluss. Deshalb wollen wir sie auflösen. Wir missbrauchen das Gremium nicht für Wahlkampfzwecke. Wir überlassen es Ihnen für Ihren Wahlkampf der Ankündigungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Anbei finden Sie einen Link zu Videomitschnitten meiner Rede. Über die dortige Playlist können Sie sich auch die gesamte Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt anschauen. In dieser pdf-Datei können Sie ferner den gesamten Diskussionsverlauf nachlesen.

Den Wortlaut unseres gemeinsamen Dringlichkeitsantrags finden Sie hier.

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